Was ist transfeindlich an zwei biologischen Geschlechtern?

Nun ist es passiert: Auch ich bin – wie gefühlte 90 % aller anderen Twitter-Nutzer von Sixtus blockiert. Kürzlich kommentierte ich erstmalig etwas von ihm. Logischerweise konnte er das nur in dieser Weise quittieren. Der Auslöser war das Thema, dass es nur zwei biologische Geschlechter gibt.

Geschlecht und Gender

Um Missverständnisse bei diesem Thema zu vermeiden, sollte man immer darauf achten, klar zwischen Geschlecht und Gender zu unterscheiden. So haben es selbst die Begründerinnen der Geschlechterforschung gehalten:

„Mit der Einführung der Kategorie Geschlecht in den wissenschaftlichen Diskurs wandelte sich die Frauenforschung zur Geschlechterforschung (…) Vorerst sollten die Unterschiede und Beziehungen von biologischem und soziokulturellem Geschlecht untersucht werden“.

In Deutschland wurde das Thema durch Judith Butlers Buch „Das Unbehagen der Geschlechter“ (1991) bekannt. Die Autorin widmete darin der Unterscheidung von „sex“ (biologisches Geschlecht) und „gender“ (soziales Geschlecht) ein ganzes Kapitel.

Geschlecht ist der Begriff aus der Biologie. Es gibt nur 2 Geschlechter. Zumindest bei Organismen auf dem Planeten Erde. Gender ist der Begriff aus der Geschlechterforschung und bezeichnet „soziale Geschlechter“. Davon kann man beliebig viele (er)finden. Meiner Meinung nach ist soziales „Geschlecht“ eine ungünstige Bezeichnung, da es dabei eher um Lebensweisen geht. In aktuellen Diskussionen wird beides jedenfalls zu oft durcheinandergeworfen. Um unsinnige Diskussionen zu vermeiden, ist es immer sinnvoll, zu fragen: Worüber reden wir gerade – Geschlecht oder Gender?

Was ist daran transfeindlich?

Bemerkenswert an der Thematik ist auch, dass die Aussage, es gäbe nur zwei Geschlechter, in letzter Zeit oft als Trans-feindlich verurteilt wurde. Das ist nicht besonders logisch. Denn es gilt allgemein als transphob, Transfrauen nicht als Frauen zu sehen. Folglich müssen Transfrauen normale Frauen sein und damit einem der zwei bisher bekannten Geschlechter entsprechen.

Andererseits gilt es nun auch als transphob, nur zwei Geschlechter zu sehen. Das bedeutet aber, dass Transfrauen doch etwas anderes als Frauen sein müssen. Transfrauen wären damit keine echten Frauen. Ja, was denn nun?

Eine Transperson wechselt in jedem Fall vom einen Geschlecht zum anderen, dem zweiten Geschlecht. Da entsteht nirgends etwas drittes.

Transfeindlichkeit könnte man umgekehrt eher in der Aussage sehen, Transpersonen hätten zusätzliche Geschlechter. Denn damit würde man aussagen, sie wären keine „richtigen“ Männer bzw. Frauen.

Veraltete biologistische Denkweisen?

Es ist wenig durchdacht, Anhängern biologischer Tatsachen eine veraltete oder gar „dumpfe Biologismus-Weltsicht“ zu unterstellen (wie es ein gewisser Twitternutzer tat). Die Wortendung -ismus bezeichnet üblicherweise Glaubenssysteme, Ideologien bzw. Weltanschauungen. Biologie ist aber keine Glaubensrichtung, sondern Wissenschaft. Wer anderen „biologistisches“ Denken vorwirft, hat grundlegende Dinge nicht verstanden.

Manche Leute erklären in Diskussionen, es gäbe bei der Chromosomenverteilung nicht nur XX- und XY-Kombinationen, sondern noch viele weitere. Ja, das stimmt. Beim Menschen gibt es mehrere Formen der Trisomie, deren bekannteste Form das Down-Syndrom ist. Aber damit entsteht kein zusätzliches Geschlecht. Menschen mit Downsyndrom sind auch immer Männer oder Frauen. Würde man behaupten, das wären zusätzliche Geschlechter, dann ergäbe das die Aussage, ein Mann mit Downsyndrom sei kein richtiger Mann, bzw. eine solche Frau keine richtige Frau. Ich bin kein Freund von Nazivergleichen, aber hier drängt sich der Gedanke regelrecht auf: Den Nationalsozialisten wären solche Begründungen bei ihrer Euthanasie nur recht gewesen.

In der Natur gibt es mehrere Fälle von Triploidie, aber nirgends entstehen dadurch weitere Geschlechter. Unsere einheimischen Teichfrösche sind ein bekanntes Beispiel. Deren Exemplare mit triploidem Chromosomensatz spielen zwar eine wichtige Rolle bei der erfolgreichen Verbreitung dieser Art, aber diese Individuen sind auch immer Männchen oder Weibchen.

Bei bestimmten Tierarten gibt es vier Chromosomensätze, bei einigen Pflanzen noch mehr. Bei all diesen Arten gibt es immer nur Samen- und Eizellen, also Zweigeschlechtlichkeit. Es sind männliche oder weibliche Keimzellen, die von den Lebewesen gebildet werden, nie etwas drittes.

Der letzte Versuch in solchen Diskussionen ist oft der Hinweis auf Pilze, die angeblich 720 oder mehr als 1000 Geschlechter haben. Doch selbst das ist falsch. Abgesehen vom Niveau der Argumentation, mehr als zwei menschliche Geschlechter mit der Existenz urzeitlicher Schleimpilze begründen zu wollen – auch diese Pilze haben nur zwei Geschlechter. Sie verfügen ebenfalls nur über Ei- und Samenzellen. Lediglich die Übertragung der Informationen von einer Spenderzelle auf eine Empfängerzelle kann auf mehr als 700 Arten passieren.

3 Comments

  1. Der letzte Versuch in solchen Diskussionen ist oft der Hinweis auf Pilze, die angeblich 720 oder mehr als 1000 Geschlechter haben

    Das Wesen mit den 720 Geschlechtern hat kein Gehirn.
    Ich wollts nur mal gesagt haben.

  2. Xy-frauen.de/Formen

    Das klingt nicht nach Trisomie. Den Unterschied sieht man sofort.
    Bei mehr als 2 Geschlechtern gehören trans Personen nicht per se zu einem anderen Geschlecht WTF.

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