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5 Jahre Google+

So lange bin ich nun schon bei diesem sozialen Netzwerk. Allerdings fiel mir das nur auf, weil der Deutschlandfunk gestern dort verkündete, es nicht mehr nutzen zu wollen und ich dazu in einem Kommentar erwähnten wollte, ich sei „Google+-Nutzer der ersten Stunde“. Während ich das schrieb, sah ich bei mir im Blog nach, wann ich eigentlich dort einstieg. Gut, wenn man sich immer alles aufschreibt 🙂 . Fünf Jahre sind das nun schon … mein Fazit ist nach anfänglicher Begeisterung leider sehr zwiespältig. Ich überlegte in den letzten Monaten oft, mich selbst auch von Google+ zu verabschieden. Bei Diaspora bin ich schon lange wieder raus und bei Ello ebenfalls. Für Blogger ist es zwar angebracht, soziale Netzwerke zu nutzen, aber wenn die Resonanz zu gering ist, hat es wenig Sinn. In Google Analytics sehe ich bei mir im zweiten Halbjahr für Zugriffe aus sozialen Netzwerken, dass von Facebook 85,86 % der Besucher kamen, von Google+ lediglich 3,52 %. Viele andere Blogger haben ihre Aktivität wegen ähnlicher Erfahrungen ganz eingestellt oder auf automatisierte Postings umgestellt. Von Dresdner Blogs habe ich zuletzt nur noch Flurfunk, Oiger und Neustadt-Geflüster auf Google+ bemerkt. Flurfunk ist inzwischen auch weg, vom Oiger kam das letzte Posting vor 33 Wochen. In meinem ehemals gut gefüllten Kreis „Blogger aus Dresden“ ist nur noch das „Neustadt-Geflüster“ übrig geblieben, von dem aber nur noch automatisch eingestellte Posts kommen. Reaktionen von Lesern in Form von Kommentaren oder „+1“-Bewertungen in den letzten Wochen: praktisch keine.

Auch viele Medien haben sich in den letzten Jahren von Google+ wieder verabschiedet. Beim Deutschlandfunk war die Reaktion der Nutzer gestern dieselbe wie immer in solchen Fällen: Große Empörung in vielen Kommentaren, nachdem aber von denselben Nutzern die meisten Beiträge des Senders in den vergangenen Monaten nur wenig kommentiert oder „geplusst“ wurden. Freilich: Man muss nicht immer alles kommentieren. Wenn ein Beitrag gut ist, wenn alles wichtige darin gut erklärt wird und er keinen Anlass für Kritik gibt, dann muss man dazu nichts kommentieren. Ein guter Artikel gibt wenig Anlass für Kommentare. Ich klicke bei gelesenen und für interessant befundenen Artikeln aber wenigstens immer „+1“, um eine Reaktion zu zeigen.

Der Deutschlandfunk hatte zuletzt 6.670 Follower auf Google+ (bei Twitter aktuell 151.000, auf Facebook 143.644). Von diesen mehreren Tausend Menschen auf Google+ interessierte es aber bisher nur weniger als 140, dass hier nichts mehr passieren soll. Denn bisher sind nur 140 Kommentare zu dieser Meldung eingegangen und darunter stammen von einigen Personen mehrere Kommentare. Das sagt deutlich aus, dass zwar relativ viele Leute irgendwann einmal Deutschlandfunk auf Google+ gut fanden – es sagt aber auch aus, dass nur weniger als 2% der ehemaligen Interessenten auch verfolgen, was bei Google+ passiert.

Ist Google+ tot?

Angesichts der wenigen aktiven Nutzer könnte man das sagen. Was bei Facebook unvorstellbar wäre, ist bei Google+ normal: Unter den deutschlandweit Aktiven kennt man, von gelegentlichen Neuzugängen abgesehen, fast jeden. Zumindest hat man fast jeden Namen schon mal irgendwo gelesen und man weiß, wer zu welchen  Themen welche Meinung vertritt. Man weiß, mit wem man einer Meinung sein wird und mit wem Diskussionen keinen Sinn haben. Der anfängliche Vorteil, dass Diskussionen gegenüber solchen auf Facebook niveauvoller waren und weniger Pöbelei herrschte, ist übrigens längst dahin.

Ich finde Google+ trotzdem immer noch interessant. Technisch ist es definitiv viel besser als Facebook. Man kann viel besser kontrollieren, mit wem man etwas teilt und was andere von einem sehen. Man sieht alles von den Personen oder Seiten, denen man folgt. Bei Facebook dagegen gibt es die Unverschämtheit (anders kann man das wirklich nicht bezeichnen), dass ein Algorithmus berechnet, was mich angeblich zu interessieren hat. Die Folge ist unter anderem, dass man nur einen Bruchteil der Postings befreundeter oder abonnierter anderer Nutzer sieht. Ein großer Vorteil bei Google+ ist auch, dass man immer alles wiederfindet. Wenn man irgendwann zum Beispiel mit Max Müller über Hustensaft diskutiert hat und das nach Jahren wiederfinden will, gibt man „Max Müller Hustensaft“ im Suchfeld ein und findet die Kommentare sofort wieder. Bei Facebook undenkbar – da wäre manuelles Suchen angesagt.

Man könnte sagen, es sei doch gut, dass die Firma Google (ja, schon klar: Alphabet Inc.), die ja bereits Marktführer ist bei Suchmaschinen und bei Betriebssystemen auf Mobilgeräten, nicht auch noch Marktführer bei sozialen Netzwerken wird. Andererseits ist es aber doch beeindruckend, dass eine bedeutende Firma wie Google absolut keinen Fuß in diesen Bereich bekommt, während ein technisch und datenschutzmäßig schlechteres System wie Facebook den Großteil der Nutzer behält.

Mal sehen, was noch daraus wird. Aus einer Art Nostalgie-Gefühl bin ich immer noch Nutzer bei Google+, auch wenn es sich inzwischen mehr auf Mitlesen beschränkt. Im GoogleWatchBlog lese ich immer einmal wieder Nachrichten, dass ein bestimmtes Google-Produkt eingestellt wird. Meist ist das dann eine Software, von der ich bis dahin noch nie etwas gehört hatte. Falls eines Tages auch so etwas über Google+ verkündet wird, hätte ich wenigstens schon einmal etwas davon gehört.


Auch andere machen sich Gedanken zu diesem Thema: Text & Kommunikation – „Google+ kurz vor dem Aus?“

2 Comments

  1. Es tut mir leid. Ich hatte über die Jahre hinweg immer wieder einen Leser, der mich mit Kommentaren und zahlreichen Plussen aufmuntern wollte, meine Aktivitäten auf G+ zu steigern, aber über den Automatismus bin ich nie hinausgekommen.

    Wenn die Plattform nicht eine gewisse Relevanz für die Google-Suche hätte, würde ich auch das automatische Posten einstellen.

  2. Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich eine Relevanz für die Google-Suche hat. Gelesen hatte ich so etwas zu Beginn von Google+ auch, aber ob das immer noch so ist … keine Ahnung.

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