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Wie funktioniert eigentlich … die Stadtratswahl in Dresden?

2013-08-19_wahlkreuzAm 25. Mai 2014, also bereits in zwei Wochen ist es soweit: Kommunalwahl auch bei uns in Dresden. Möglicherweise werden dann wieder einige Wähler erst in der Wahlkabine feststellen, dass auf dem Wahlschein noch ganz andere Namen stehen als die wenigen Kandidaten, die uns in den letzten Wochen von ihren Plakaten aus anlächelten. Woher hätte man aber wissen können, wer da noch alles mit antritt? Und lohnt sich dieses Wissen überhaupt?

Ich halte es durchaus für entscheidend, welche konkreten Personen in den Stadtrat kommen. Ehe ich hier aber ausführlich begründe, warum ich das so sehe, komme ich lieber zu den Fakten des Wahlablaufs. Das Folgende dürfte ohnehin nur für Leute interessant sein, die das Thema der Kandidatenauswahl genau wie ich sehen, also muss ich denen meine Gründe eigentlich nicht erst erklären.

Wer tritt in Dresden alles an? Man muss sich die Namen der Bewerber nicht umständlich auf den Seiten der Parteien zusammensuchen. Viel einfacher sind sie für jeden der 12 Dresdner Wahlkreise auf den bereits einsehbaren Wahlscheinen zu finden, hier z.B. für den Wahlkreis 1:

Stimmzettel Wahlkreis 1 Dresden 2014 (Ausschnitt)
Quelle: www.dresden.de, Anklicken für komplette Darstellung
Wahlkreise Dresden
Wahlkreise Dresden, Quelle: www.dresden.de, Anklicken für Komplettdarstellung

Ist es aber möglicherweise kontraproduktiv, nicht den Spitzenkandidaten, sondern einen weiter unten in der Liste stehenden zu wählenden? Was geschieht, wenn derjenige zu wenige Stimmen für einen Sitz in den Stadtrat erhält? Fehlt die ihm vergebene Stimme dann möglicherweise dem Spitzenkandidaten?  Oder kann das der Grund sein, dass die ganze Fraktion dadurch an der 5%-Hürde scheitert?

Das kann man alles verneinen. Zunächst einmal gibt es bei der Kommunalwahl in Dresden keine Prozenthürden. Auch Spitzenkandidaten gibt es nicht, denn der Listenplatz hat hier keine Wertung. Jeder Kandidat einer Partei ist wahltechnisch gegenüber seinen Mitbewerbern gleichberechtigt. Erhält beispielsweise der dritte Kandidat einer Partei in seinem Wahlkreis mehr Stimmen als der erste in der Liste, dann behält Nr. 3 diese Stimmen auch und zieht sozusagen an Nr.1 vorbei.

Kurz eine Begriffsklärung: „Wahlvorschlag“. Ein Wahlvorschlag ist nicht der einzelne Bewerber, sondern die Bewerberliste einer Partei (bzw. Wählervereinigung) in einem Wahlkreis. Beispielsweise hat das „Bündnis Freie Bürger“ im Wahlkreis 1 den Wahlvorschlag „vier Personen, bestehend aus den Herren Evens, Rost, Borisch und Dr. Mehlhorn“.

Bei der Auszählung werden zunächst alle Wahlvorschläge im gesamten Wahlgebiet ausgewertet. Es wird das Gesamtstimmenergebnis jeder Partei und jeder Wählervereinigung ermittelt, indem die für die Bewerber in allen Wahlkreisen insgesamt abgegebenen Stimmen zusammengezählt werden. Das bedeutet, dass Bewerber mit nur wenigen erhaltenen Stimmen keinen Schaden für ihre Fraktion darstellen. Auch wenn ein Bewerber zu wenige Stimmen für einen Sitz im Stadtrat erhielt, gehen diese Stimmen nicht verloren, sondern nutzen seinen Fraktionsmitgliedern.

Anschließend wird die Sitzverteilung bzw. –anzahl für das gesamte Wahlgebiet ermittelt. Dazu verwendet man das d´Hondtsche Höchstzahlverfahren. Da dieses im entsprechenden Wikipedia-Artikel ausreichend gut erklärt wird, verzichte ich hier auf eine Berechnungserklärung. Mich nicht auf dieses mathematische Glatteis zu begeben, erscheint mir auch ratsam angesichts der Tatsache, dass auf der Diskussionsseite zu dem Artikel jemand schrieb „Falls es jemanden gibt, der das Zuteilungsverfahren verstanden hat, bitte melden!“ worauf keine Antwort einging. Übrigens erfährt man im Artikel auch, dass sich dieses Verfahren nachteilig für kleine Fraktionen auswirken kann, weshalb es bundesweit immer seltener angewendet wird.

Danach erfolgt die Ermittlung der jeweilig zustehenden Sitze jedes Wahlvorschlages auf die einzelnen Wahlkreise (wofür wieder das d´Hondtsche Höchstzahlverfahren angewendet wird). Die auf die einzelnen Wahlvorschläge entfallenen Sitze werden den darin aufgeführten Bewerbern in der Reihenfolge der von ihnen erreichten Stimmenzahlen zugeteilt. Erhält eine Partei in einem Wahlkreis mehr Sitze, als Bewerber vorhanden sind, so werden die überschüssigen Sitze Bewerbern derselben Partei zugeteilt, denen in den anderen Wahlkreisen kein Sitz zugeteilt wird. Diese Sitze werden den anderen Bewerbern in der Reihenfolge der von ihnen erreichten Stimmenzahlen zugeteilt. Falls zwei solcher Bewerber dieselbe Stimmenanzahl hatten, wird hier erstmalig die Nummer ihrer Nennung im Wahlvorschlag relevant, bei gleicher Nummer entscheidet das Los.

Abschließend erfolgt die Zuordnung der einzelnen Sitze auf die jeweiligen Bewerber.

Mehr als die vorgesehenen 70 Sitze wird es im Dresdner Stadtrat nicht geben. Im Unterschied zum Bundestag, wo durch die Überhangmandate mehr Sitze als eigentlich vorgesehen existieren, ist im Stadtrat nur die umgekehrte Variante möglich, dass Sitze unbesetzt bleiben. Zumindest theoretisch kann das eintreten wenn auf eine Partei bzw. Wählervereinigung im Wahlgebiet mehr Sitze entfallen, als Bewerber in allen Wahlvorschlägen vorhanden sind.


Quellen

Gesetz über die Kommunalwahlen im Freistaat Sachsen (Kommunalwahlgesetz – KomWG)

Auskunft der Landeshauptstadt Dresden, Abt. Grundsatz, Statistik und Wahlen

Stadtwiki Dresden „Kommunalwahl 2014“

Wahlbewerber und Musterstimmzettel


Abschließend noch eine Übersicht der Wahlprogramme aller aktuell antretenden Parteien und Wählervereinigungen in alphabetischer Reihenfolge. Nach längerer interner Diskussion mit mir selbst habe ich auch auf das Wahlprogramm der NPD mit verlinkt. Ich halte im Umgang mit dieser Partei nichts von der Methode „der dessen Name nicht genannt sein darf“ – wenn schon, dann soll die Liste wenigstens komplett sein. Kurze Zusammenfassung des Inhaltes: Die NPD will die vielen Dönerbuden und Asia-Imbisse abschaffen. Warum ausgerechnet eine deutschtümelnde Partei dadurch alle Deutschen mittels Hungertod ausrotten will, erschließt sich nicht ganz. Genauso wenig erschließt sich mir übrigens, warum man eine Euro-kritische Partei wie die AfD in einen Stadt-Rat wählen sollte. Und im Wahlkreis 3 könnte es für Verwirrung sorgen, warum neben „Freie Bürger“ auch „Freie Wähler“ wählbar sind.

AfD

Bündnis 90 / Grüne

Bündnis Freie Bürger

CDU Dresden gesamt (Jan. 2016: nicht mehr online) einzelne Stadtteile

DIE LINKE

Die PARTEI

FDP kurz komplett

FREIE WÄHLER/Junge FREIE WÄHLER (nur 1 Kandidat) (Nachtrag Jan, 2015: Wahlprogramm nicht mehr online)

NPD

Piratenpartei

SPD kurz komplett

3 Comments

  1. Danke für diese verständliche Erklärung. Auch ich habe mich bereits mit der Frage beschäftigt, was für einen Sinn es macht z.b. dem 3. Kanidaten seine Stimme zu geben, wenn er doch dann durch Kanidaten 1 übertroffen wird.
    Aber jetzt ist mir das alles viel vertändlicher.

    Danke!

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