Wenn die Brücke bald wieder abgebaut wird, lag‘s an mir
Das Eröffnungsfest der Waldschlößchenbrücke hat mich überhaupt nicht interessiert. Erstens bin ich allgemein kein Freund von Eröffnungsveranstaltungen – egal ob es Bauwerke betrifft, Ausstellungen oder Theaterpremieren – denn ich kann mir die betreffende Sache auch später noch ohne das Gewühl der vielen Besucher ansehen. Andererseits, so überlegte ich gestern, wäre jetzt die letzte Gelegenheit, sich das rechtselbische Tunnelsystem einmal als Fußgänger von innen anzusehen. Aber wiederum andererseits, hielt ich mir vor, habe ich mich doch noch nie für die Innenarchitektur von Straßentunneln interessiert. Okay, aber noch „wiederumer“ andererseits …
… kurz gesagt, ich führte eine dieser nervigen Diskussionen mit mir selbst. Bis ein Teil meiner gespaltenen Persönlichkeit in die Diskussionsrunde einwarf: Du könntest bei der Gelegenheit auch einmal wieder die Mauereidechsen-Population besuchen – sie liegt ja am Weg! Na also, meinten alle anderen Teilnehmer erleichtert, das ist tatsächlich ein Grund zum Aufbruch! Hättest Du auch gleich sagen können.
Der Tunnel erwies sich für mich als eher uninteressant. Die rechte Auffahrt (Richtung Bühlau) war auch noch gesperrt. Ich hätte freilich ein paar atemberaubende Bilder von Hydranten, Fluchtwegen und Abgasventilatoren machen können. Aber das erledigten sicher viele andere der anwesenden Besucher, die dort alles knipsten – seit gestern sind wahrscheinlich ein paar weitere Gigabyte Foto- und Videomaterial im Netz gelandet.
Deshalb fuhr ich bald wieder zurück und besuchte die Eidechsen. Und damit – Achtung! – komme ich nun endlich zum in der Überschrift angedeuteten Thema. (Ging ja wieder mal schnell heute). Nur kurz noch zu den Tieren: Ich fand neben den Erwachsenen auch sehr viele Jungtiere – sehr gut! Aber was haben die Eidechsen nun mit der Brücke zu tun? Folgendes: Ich ärgerte mich in den letzten Jahren irgendwann über die Brückengegner, als sie im Rahmen ihrer Methode, ständig neue Anti-Gründe zu erfinden, eines Tages auch den Naturschutz entdeckten. Angeblich waren sehr viele Tierarten durch die Brücke bedroht. Allerdings stimmte praktisch nichts davon. Da der gemeine Durchschnittsbürger auch ohne intensivere Beschäftigung mit dem Thema registrierte, dass „die Grünen“ hier wieder mal „irgendwelches Viehzeug“ an den Haaren herbei zogen, um eine Baumaßnahme zu verhindern, schadete das dem Image von Naturschützern, die sich woanders um tatsächlich vorhandene Tiere kümmern wollten. Fledermausschützer spürten z.B. schnell diesen Effekt. Ich fand das total bescheuert und schädlich für echten Naturschutz.
Interessant ist bei der Geschichte, warum manche Tiere angeblich durch die Brücke bedroht waren. Ausführlicher habe ich das bereits einmal beschrieben, hier nur die Kurzversion: Bei der Planung der Brücke wurde auch der Naturschutz überprüft. Der Bau liegt in einem Gebiet mit bestimmten Naturschutzauflagen, einem sogenannten FFH-Gebiet. Zusätzlich grenzen noch weitere FFH-Gebiete an das erste. Für diese Gebiete existieren Listen von Tierarten, die hier besonders geschützt sind. Diese Listen wurden abgearbeitet, es wurde für jede Art verglichen, ob Funddaten von ihr aus diesem Gebiet vorliegen. Diese Funddaten wiederum entstehen u.a. auch durch Fundmeldungen ganz normaler Leute, die das in ihrer Freizeit tun. So rein aus Hobby eben. Ich selbst mache das auch gelegentlich, die Meldungen über Reptilien- und Amphibienfunde gehen an die AG Feldherpetologie und von da aus zum Umweltamt. Die Mauereidechsen am Elbufer wurden von mir selbst erstmalig gemeldet, nachdem ich durch einen Blogeintrag bei Stefanolix darauf aufmerksam wurde. Die Eidechsen kommen in Sachsen zwar theoretisch gar nicht vor, aber sie stehen auch mit auf der erwähnten Liste von Tieren, die laut FFH-Richtlinie besonderen Schutz genießen.
Das fand ich schon irgendwie paradox: Erst kritisiere ich Umweltverbände, dass sie nichtvorhandene, nur laut Liste existierende Tiere vorschieben und dann entdecke ausgerechnet ich selbst die einzige Tierart, die dort (sogar in hoher Zahl) doch vorkommt und die ihre momentane westliche Ausbreitungsgrenze sogar fast exakt an der Waldschlößchenbrücke hat. Ist das nicht inkonsequent von mir, nicht darauf hinzuweisen? Immerhin behauptete ich gelegentlich, wenn es dort tatsächlich bedrohte Tiere gäbe, wäre ich auch weiterhin gegen die Brücke gewesen. Das liegt daran, dass sie durch die Brücke kaum gefährdet werden. Mauereidechsen sind Kulturfolger, können sehr gut und flink klettern und werden mit der Brücke kaum Probleme haben. Diese Tiere kann man überall am Mittelmeer sehen, oft mitten in Städten. Die höchste Mauereidechsendichte in Städten habe ich auf Madeira erlebt. Selbstverständlich werden da auch Exemplare überfahren, aber insgesamt bedroht das die Vorkommen nicht. Wenn es ein Problem wäre, müsste man in Dresden die Grundstraße sperren (von dort aus haben sie sich ausgebreitet), die Schillerstraße und eigentlich auch den Elberadweg. Die Anwohner vom Körnerweg wären sicher dafür.
Zurück zum Thema: Es ist denkbar, dass die immer noch prozessführende Grüne Liga von meiner Fundmeldung erfährt. Und dann ist klar, dass ein Rückbau erfolgen wird. Das wäre dann meine Schuld. Tut mir leid liebe Dresdner, aber sowas passiert schon mal.
Und genau das ist das Problem!
Natürlich kann jeder seine Meinung (oder eben wie in diesem Fall Bilder von Echsen) haben und auch gern kund tun!
Aber nicht immer und überall!!!
Manchmal ist es eben, z.B. wie hier zum wohle der Allgemeinheit, besser wenn man eben mal die ………. hält. Ob nun Virtuell oder nicht!
Es sind schon genug Zeit, Nerven und Kohle wegen dieser Brücke verbrannt worden!
Da muss man den Affen nicht auch noch Zucker geben!
Denk mal darüber nach Weltverbesserer!
Okay … und worum ging es jetzt gerade?
Ich wundere mich über die Eidechsologen (oder wie die Fachleute sich auch nennen). In Dresden und Umgebung gab es schon immer Eidechsen. Auf den glatten Betonflächen nicht. Aber überall wo die Sonne scheint und alte rissige Mauern oder Trockenmauern sind, liegen sie zum Sonne tanken.
Den Hardcore-Eidechsenfans möchte ich Madaira empfehlen. Dort begegnet man diesen Tieren auf Schritt und Tritt. Die Art dort ist eine andere als unsere, aber aus Sicht des Laien (wie mich) sind nur die Hände ein wenig anders geformt. Und sie werden ein paar Zentimeter länger.
Ja, in Dresden und Umgebung gab es schon immer Eidechsen, aber nicht viele und nicht die hier beschriebenen Mauereidechsen. Und beim Thema „Madeira“ habe ich soeben festgestellt, dass mir ein unverzeihlicher Fehler 😉 im Artikel untergekommen ist, denn dort schrieb ich: „Die höchste Mauereidechsendichte in Städten habe ich auf Madeira erlebt“.
Das stimmt zwar von der dort beobachteten Tiermenge, aber wie mir jetzt erst auffiel, ist die Madeira-Mauereidechse tatsächlich eine ganz andere Art als die normale Mauereidechse. Sowas darf nicht passieren … 🙂
Madeira ist für Eidechsenfans durchaus eine schöne Gegend: