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Renaturierung in Zschieren

2013-04-06_plan“Wird denn da auch der Naturschutz beachtet?”, lautete sinngemäß eine Anfrage der Dresdner Grünen in der letzten Stadtratssitzung. “Ja”, antwortete Baubürgermeister Jörn Marx*, “da wird auch der Naturschutz beachtet”. Aha – na, dann ist es ja gut.

(* Ich bilde mir zumindest ein, dass er es war)

Es ging um die aktuell laufende teilweise Verfüllung der Zschierener Kiesseen. Wenn man sich die Situation vor Ort ansieht, könnte man gewisse Zweifel bekommen, was die Aussage von Marx betrifft. Man hat dort einen kompletten Weg asphaltiert, der von der Elbe mehrere hundert Meter bis zu den Kiesseen führt. Da fährt nun ständig ein LKW hin und her, um aus dem “Pferdeloch” ausgehobene Erde zu den Seen zu bringen.

Ausgleichsmaßnahme für die Waldschlösschenbrücke: “Renaturierung des Brüchigtgrabens und die Wiederherstellung der Elblache „Zschierener Pferdeloch“
Ausgleichsmaßnahme für die Waldschlösschenbrücke: “Renaturierung des Brüchigtgrabens und die Wiederherstellung der Elblache „Zschierener Pferdeloch“

Zwischen den Seen wurde ein langer Erdwall entfernt, der vorher u.a. von Zauneidechsen bewohnt war.

Hier war bis zum letzten Jahr noch ein langer Erdwall
Hier war bis zum letzten Jahr noch ein langer Erdwall

Ein anderer Wall wird momentan abgetragen, um ein paar Meter weiter wieder aufgeschüttet zu werden. Ich weiß nicht, wie viele Kröten und Echsen da mit verfrachtet werden, es erweckt jedenfalls nicht den Eindruck, als hätte das irgendeinen Sinn.

rechts wird abgebaggert, links wieder aufgeschüttet
rechts wird abgebaggert, links wieder aufgeschüttet

Aber ich will hier auf keinen Fall den Eindruck eines Bürgers erwecken, der alles besser weiß und kurz davor steht, einen empörten Leserbrief an die nächste Lokalzeitung zu schreiben.  Ich bin optimistisch und gehe davon aus, dass es im Hintergrund irgendwelche Leute gibt, die sich etwas dabei gedacht haben, wenn hier Erde von A nach B gebaggert wird. Zumindest hat es ja wieder einmal ein paar Arbeitsplätze geschaffen.

Nachtrag, 28.09.2013: Ein Antrag im Dresdner Stadtrat „Sofortiger Stopp der Verfüllung der Kiesseen Zschieren“ wurde abgelehnt – Begründung siehe hier.


Kleine Anekdote am Rande: Der Fahrer der abgebildeten Raupe fuhr plötzlich vor mir auf den Weg, bremste dort und hielt mir einen Vortrag über journalistische Grundlagen: “Wenn Du mich hier fotografierst, hast Du mich zu fragen, sonst gibt’s Backpfeifen! Damit das klar ist, ja? Backpfeifen!” Ich: “Das war eine Weitwinkelaufnahme – Sie sind da nur ganz klein im Hintergrund … so etwas darf ich durchaus fotografieren, ohne Sie zu fragen …”. “Ich hab gesagt, Du fotografierst mich nicht! Sonst gibt’s Backpfeifen”

Also das mittel-helle Pixel im Bild hinter der Scheibe ist der bewusste Fahrer. Ich fand es sympathisch, dass hier einmal jemand eine klassisch bewährte Methode von Drohungen verwendet – immer nur mit dem Anwalt drohen, halte ich für phantasielos. Gefällt mir!

Die Maßnahme soll Bibern nutzen, die es hier gibt
Die Maßnahme soll Bibern nutzen, die es hier gibt
Normaler Anblick: Meine Bekleidung nach solchen Aktionen.
Normaler Anblick: Meine Bekleidung nach solchen Aktionen.

 

13 Comments

  1. Die Überschrift ist noch verbesserungsfähig!

    „Renaturieren in Zschieren“…

    Hoffen wir das Beste für die Natur! Allzu viel Hoffnung habe ich aber mal wieder nicht. Die Zeiten, in denen ich auf Marx vertraue, sind vorbei. 🙂

  2. Danke für die Bilder. Liegt sehr abseitig von mir, so dass ich da noch nie war. So sieht also die Gegend aus, wohin die Natur aus der Stadt outgesourct wird. Das wirkt irgendwie sehr weiträumig und plan. Ob die Biber dann noch da sind, wenn der freundliche Herr dort fertig ist?

    Schade, dass der Grund hier zum Renaturieren (so es hoffentlich gelingt) nicht eigener Antrieb sondern das Denaturieren anderswo ist. Das kann man nur rein formalbürokratisch eine Ausgleichs- und Ersatzmaßnahme nennen. Das Kürzel EX1 dahinter trifft es eher.

  3. miese sache was da abläuft an der kiesgrube, war diese woche vor ort und von wegen Naturschutzgebiet!! Wie vereinbart sich dann die verkippung von Erdmassen die Eindeutig nicht von der Baustelle Waldschlößchenbrücke stammen und gleichzeitig die Einschränkung von Tier und Pflanzenwelt nach sich zieht ??

  4. Das ist jetzt aber auch kein brauchbares Gegen-Argument: Wäre es denn besser, wenn dort Erde verkippt würde, die von dem Baugelände der WSB stammt? Außerdem müssen Naturschutz-Ausgleichsmaßnahmen für ein Bauprojekt nicht unbedingt am Ort des Bauprojektes stattfinden.

  5. natürlich ist mir auch klar, war vielleicht bißchen unglücklich ausgedrückt aber mit dem Naturschutz vereinbart sich die ganze Sache dort trotzdem nicht. Manchmal kommen dort übelriechende Erdmassen an…….ob dort geprüft wird was verkippt wird ist fraglich und wird wohl fraglich bleiben………….

  6. Heute steht übrigens in der „Sächsischen Zeitung“: Mit Zschierener Erde werden jetzt Bauflächen neben der Waldschlößchenbrücke wieder verfüllt. 150 Kubikmeter aus dem Pferdeloch wurden mit 20 LKW-Fuhren zur Neustädter Brückenbaustelle gebracht (Artikel nur für Abonnenten bzw. gg. Gebühr online lesbar)

  7. Der Brüchigtgraben verlief früher durch das Pferdeloch und an der ehemaligen Fährstelle in die Elbe. Die jetzige Einmündung in die Elbe wurde erst in den ca. 1970er Jahren angelegt. Der Brüchigtgraben wurde vom Gaswerk Heidenau zur Beseitigung des Löschwassers vom Ofen (Steinkohlenkoks-Löschung) benutzt. Das Wasser war meiner Einschätzung nach mit Teer, Phenol u.a. Schadstoffen stark beaufschlagt. Das Pfrerdeloch diente unfreiwillig als Absetzbecken und war dadurch völlig mit Giftschlamm vollgelaufen. (Ist das den Umweltbehörden eigentlich bekannt?) Es wurde nach Fertistellung des neuen Brüchigtgrabenverlaufes zur Elbe , als Müllhalde unkontrolliert verfüllt.
    Nun erfahre ich durch obigen Artikel, daß diese Verfüllung im Zuge der Renaturierung in die Zschierener Kiesgruben gekippt wird !
    Das würde ja bedeuten, ein kleines Biotop wird mit hohen Kosten wiederhergestellt
    und ein viel größeres ,sich selbst gebildetes Biotop – die Kiesgruben- wird zerstört.
    Dort haben sich u.a. seltene Vögel, Bieber, Eidechsen, viele Fische, Krebse, verschiedene Frösche und Kröten angesiedelt. Soll das alles wieder zerstört werden?
    Dabei habe ich noch nicht erwähnt, daß dieses Kiesgrubengebiet ein beachtliches Überflutungs-Potential bietet. Es liegt flußaufwärts vor Dresden und speicherte beim 2002 er Elbhochwasser eine ganze Menge bevor es die Innenstadt erreichte.
    Sind wir hier in Schilda oder Dresden ?
    Mann´l

  8. Pferdeloch war Absetzbecken für Giftschlamm? Da frage ich mich gerade, was da mit den 20 LKW-Fuhren von Zschieren zur Waldschlößchenbrücke geschafft wird oder wurde … Irgendwie werde ich nicht so richtig schlau draus, was hier von A nach B geschaufelt wird.

  9. 59. Sitzung des Dresdner Stadtrats am 5. September 2013: TOP 11 „Sofortiger Stopp der Verfüllung der Kiesseen Zschieren“ A0738/13
    Auszug aus öffentlicher Niederschrift

    Frau Stadträtin Zimmermann gibt bekannt, dass sie die Messwerte und die Zustimmung des Sächsischen Oberbergamtes erhalten hätten. Punkt 1 werde wie folgt ersetzt: „Die Oberbürgermeisterin wird beauftragt, sowohl die Auswirkungen der Verfüllungen, Böschungssicherung auf geschützte Tier- und Pflanzenarten als auch die Schutzmaßnahmen für die geschützten Tier- und Pflanzenarten per Monitoring zu überwachen.“ Die Punkte 2 und 4 würden aufrechterhalten, aber Punkt 3 zurückgezogen, ansonsten unterstütze die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen den Ergänzungsantrag der Fraktion DIE LINKE.

    Herr Erster Bürgermeister Hilbert merkt an, dass das, was damals an Maßnahmen gelaufen sei, mit der Ausgleichsmaßnahme zur Waldschlößchenbrücke und dem Pferdeloch nichts zu tun habe. Die regelmäßige Probenentnahme sei abfallrechtlich vorgeschrieben und in der bergrechtlichen Zulassung für den Einzelfall präzisiert. Es würden auch Mischproben gebildet, analysiert und klassifiziert. Außerdem würde auch eine Eingangskontrolle durch den Bergbauunternehmer gebildet, sodass nur zugelassenes Material ins Grundwasser gelange.

    Herr Krien habe angefragt, wie es bei den Kiesseen nach dem Hochwasser aussehe. Dazu führt er aus, dass die Böschungen standhaft geblieben seien. Dennoch müsse die Böschungssicherung weitergehen. Nach dem Hochwasser sei der Biber nicht mehr dort.

    Frau Stadträtin Dr. Gaitzsch führt zum Änderungsantrag aus, dass der Stadtrat im Rahmen der Beschlusskontrolle dazu informiert werden könne.

    Herr Stadtrat Dr. Reuther meint, dass der Antrag hinfällig sei, da alles beantwortet worden sei. Dresden sei bei dem Verfahren nur beteiligt, aber nicht Herr des Verfahrens, da es das Bergrecht betreffe. Die Stadt habe ihre Interessen bereits deutlich gemacht, was aus der AF1270/11 von Frau Stadträtin Zimmermann ersichtlich sei. Es gebe einen großen Unterschied zwischen damals und heute. Der damalige Plan habe 50 Prozent zur Verfüllung vorgesehen, nicht 100 Prozent. Die Stadt habe deutlich gemacht, dass sie das nicht wünsche, weswegen der Ist-Stand bei 28 Prozent liege. Kiesseen würden mit Sedimenten aus der Erde verfüllt, welche z. B. Arsen aus dem Erzgebirge enthalten. Er beantragt die getrennte Abstimmung der Punkte 1 bis 3 und Punkt 4 der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt und Kommunalwirtschaft, da keine Notwendigkeit bestehe, den beiden Verbände die Mitverantwortung für einen Pflege- und Entwicklungsplan zu übertragen.

    Frau Stadträtin Dr. Gaitzsch erläutert, dass Dresden eine Verantwortung für die Erhaltung der Biodiversität habe, was immer weniger der Fall sei. Es gehe in Zschieren nicht nur um den Biber, sondern auch um Fische, Flora und Fauna, die erhalten werden müssten. Den Punkten 2 und 4 des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sollte zugestimmt werden. Es gebe vom Umweltamt, der Universität und vom Land Untersuchungen dazu. Am 3. September 2013 sei ein Bericht von einer Sondertagung der Umweltministerkonferenz veröffentlicht worden, welcher zunächst ausgewertet werden müsse,
    Frau Stadträtin Zimmermann führt zum Bescheid des Oberbergamts aus, dass das Wasser in den Kiesgruben sehr belastet sei. Sie beantragt punktweise Abstimmung.

    Abstimmung: Der Stadtrat lehnt den Ergänzungsantrag der Fraktion DIE LINKE. mit 27 Ja-Stimmen, 35 Nein-Stimmen und 0 Enthaltungen ab. Der Stadtrat lehnt den Punkt 1 der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt und Kommunalwirtschaft unter Einbeziehung des Ersetzungsantrags von Frau Stadträtin Zimmermann – „Die Oberbürgermeisterin wird beauftragt, sowohl die Auswirkungen der Verfüllungen, Böschungssicherung auf geschützte Tier- und Pflanzenarten als auch die Schutzmaßnahmen für die geschützten Tier- und Pflanzenarten per Monitoring zu überwachen.“ – mit 31 Ja-Stimmen, 33 Nein-Stimmen und 2 Enthaltungen ab.

    Der Stadtrat stimmt dem ablehnenden Votum des Ausschusses für Umwelt und Kommunalwirtschaft zum Punkt 2 mit 34 Ja-Stimmen, 21 Nein-Stimmen und 9 Enthaltungen zu.

    Punkt 3 wurde durch den Einreicher gestrichen.

    Der Stadtrat lehnt den Punkt 4 der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt und Kommunalwirtschaft mit 33 Ja-Stimmen, 33 Nein-Stimmen und 0 Enthaltungen ab.

    Beschluss: Der Antrag wird abgelehnt.

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