Terraristik: Winterruhe im Inkubator durchführen

2012-02-09_inkubatorWinterruhe im Inkubator? Ja, das klingt zunächst seltsam. Denn Winterruhe bedeutet, dass Tiere einige Monate bei geringen Temperaturen verbringen. Und ein Inkubator ist im Gegensatz dazu eine Vorrichtung, in der relativ hohe Temperaturen erzeugt werden, um darin Eier von Vögeln oder Reptilien auszubrüten. Aber es funktioniert trotzdem. Ich überwintere gegenwärtig zum ersten Mal einige Amphibien in einem Inkubator, den man auch auf geringe Temperaturen einstellen kann: Lucky Reptile Herp Nursery II.

[Aktualisierung 2017: Nach einigen Jahren Anwendung der hier vorgestellten Methode bin ich doch wieder auf einen normalen Kühlschrank umgestiegen. Bei Platzmangel ist die Inkubatormethode zwar machbar, aber ein Kühlschrank ist besser.]

Das ist eine Alternative zur Überwinterung im Kühlschrank*, wenn man keinen Platz für einen zweiten** Kühlschrank hat und wenn nur wenige*** Tiere kalt überwintert werden sollen. Der Herp Nursery II ist ziemlich einfach in der Bedienung. Man stellt über zwei Tasten („up“, „down“) nur die gewünschte Temperatur ein und fertig. Theoretisch zumindest. Denn diese Temperatur sollte man dringend auch kontrollieren! Die eingestellte und im Display angezeigte Temperatur sind schon einmal zwei verschiedene Sachen und völlig anders ist die Temperatur, die im Innenraum tatsächlich herrscht. Letztere sollte man unbedingt überprüfen. Darauf weist der Hersteller aber auch ausdrücklich hin, wie auch auf den Umstand, dass man das Gerät bereits einige Tage vor dem Einstellen der Tiere (oder Eier) im Probelauf betreiben sollte. Als ich beim ersten Versuch 5° einstellte, las ich aus einem Temperatur-Logger anschließend erstaunt aus, dass konstant nur 2° im Innenraum geherrscht hatten. Das wäre etwas kritisch geworden. Momentan ist das Gerät auf 9° eingestellt, angezeigt werden 9 – 11° und im Innenraum sind 6-7°, die ziemlich stabil gehalten werden:

2012-02-09_inkubator-temperaturlogger
(klick vergrößert)

Das Gerät hat zur Kühlung ein Peltier-Element, es kommt also ohne Kühlflüssigkeit aus. Im Standard-Betrieb wird der eingebaute Lüfter recht laut, was nicht sehr angenehm für die Tiere sein dürfte. Im „Silent“-Modus ist der Lüfter aber sehr leise, deshalb sollte man ihn auch so betreiben. Was möglicherweise auch störend für die Tiere sein könnte: Es wird permanent zwischen Standby (Lüfter aus) und Regelbetrieb (Lüfter an) umgeschaltet – pro Minute mindestens einmal. Das ist ein deutlicher Unterschied zum Kühlschrank, der viel längere Ruhezeiten hat. Im „Silent“-Modus verbraucht der Herp Nursery II etwa 66 Watt, wenn er aktiv ist (bei Standby etwa 2,5W).

Update Winter 2015/16

Man sollte darauf achten, gelegentlich den Kühlkörper auf Vereisung zu kontrollieren. Wie in jedem Kühlschrank setzt sich mit der Zeit Eis an diesem ab. Wird die Eisschicht zu dick, kann die Wärme nicht mehr gut aus dem Innenraum des Gerätes abtransportiert werden. Dadurch steigt nicht nur der Stromverbrauch – auch die Temperatur im Innenraum kann bis auf den Wert der Außentemperatur steigen. Es besteht insofern zwar nicht die Gefahr, dass bei einer Vereisung zu stark gekühlt wird und dass die Tiere dadurch sterben. Aber der Zustand der Winterruhe ist durch die zu hohen Temperaturen nicht mehr gewährleistet. Wie oft eine Enteisung notwendig ist, hängt von der Außentemperatur und der Außenluftfeuchtigkeit ab. In warmen regenreichen Wintern wie im aktuellen Fall 2015/16 war es schon nach dem ersten Monat notwendig, in früheren kälteren Wintern musste ich meist gar nicht enteisen. Dieser Vorgang ist übrigens mit einem Fön schnell erledigt (die Tiere müssen logischerweise in der Zeit entnommen werden).

Wichtig ist weiterhin, die Feuchtigkeit zu regulieren. Man muss Wasser entnehmen, aber auch zuführen. Einerseits wird der von außen eingesogenen Luft beim Kühlen Feuchtigkeit entzogen, was zur beschriebenen Vereisung führt. Es führt zusätzlich auch dazu, dass sich am Boden Wasser sammelt. Im Lucky Reptile Herp Nursery II ist dafür ein schmales Bodenfach vorhanden, welches man mit dem Wasser entnehmen kann. Wird das über längere Zeit (2 Monate und mehr) nicht getan, läuft es allerdings über. Andererseits muss man auch Wasser zuführen, denn den Boxen mit den Tieren wird durch Verdunstung auch Wasser entzogen. Man muss daher gelegentlich deren Feuchtigkeitsgehalt kontrollieren. Das passiert übrigens auch bei der Überwinterung im normalen Kühlschrank! Auch dort muss das kontrolliert werden, ansonsten trocknen die Tiere aus. Ich kontrolliere aller 14 Tage und besprühe dann jeweils das Moos in den Boxen nur an einigen Stellen.

Fazit im vierten Jahr des Einsatzes: Bisher hat sich das Gerät als sehr brauchbare Möglichkeit zur Überwinterung kleinerer Tiermengen erwiesen. Ein richtiger Kühlschrank, der nur für die Tiere verwendet wird, dürfte aber trotzdem die bessere Alternative sein.

Inkubator Lucky Reptile Innenraum

Unten: im entnehmbaren (geriffelten) Bodenfach sammelt sich das Kondenswasser. Oben: Hinter der leicht abnehmbaren Plastabdeckung an der Rückseite befindet sich der Kühlkörper.


* Es klingt für Außenstehende immer etwas seltsam, wenn man sagt: Es ist Winter, meine Terrarientiere sind zur Zeit wieder im Kühlschrank. Aber das ist die beste Methode zum Durchführen der Winterruhe. Amphibien und Reptilien suchen in der Natur im Herbst Verstecke auf, die ausreichend tief im Boden liegen, um vor Frost geschützt zu sein. Dort herrschen dann Temperaturen über Null Grad. Tiere, die sich nicht tief genug vergraben, erfrieren und werden im nächsten Jahr nicht wieder gesehen. Wenn man seinen Pfleglingen einigermaßen natürliche (aber sichere) Lebensumstände anbieten möchte, ist das im Kühlschrank bei 3 – 7° am einfachsten umsetzbar.

** Man sollte sie nicht mit in dem Kühlschrank unterbringen, den man im Haushalt auch für die Lebensmittel verwendet. Erstens aus hygienischen Gründen, zweitens wegen der permanenten Störung beim Entnehmen von Lebensmitteln.

*** Im Herp Nursery II kann man je nach Größe der Behälter max. 4 Dosen mit Tieren stapeln. Bei der Größenauswahl muss man beachten, dass der Innenraum nach hinten etwas schmaler wird.

6 Comments

  1. Hallo,
    ich habe vor ein paar Tagen den Lucky Reptile Herp Nursery II aus zweiter Hand gebraucht gekauft. Nun habe ich ihn heute zum ersten mal so richtig angeschaltet (davor nur mal kurz) und die Temperatur auf 8°C eingestellt. Diese 8°C wurden für ein paar Sekunden angezeigt und danach ist das Display auf 23°C gesprungen. Im Laufe einer Stunde von 23 auf 19°C gegangen. Drücke ich erneut die Up oder Down Taste steht für einen Moment wieder 8°C dort, danach springt es wieder auf 19°C. Das ist jetzt seit ca. 3 Stunden. Es bleibt auf 19°C, während die beiden Thermo- und Hygrometer im Innenraum 20°C/50%Luftfeuchtigkeit anzeigen. Der Inkubator läuft im Silent Modus und steht in meinem Zimmer, in welchem ca. 21°C herrschen. Ist das alles so richtig?
    MfG

  2. Dass die im Display angezeigte Temperatur von der tatsächlich gemessenen abweicht, ist auch bei mir so. Der große Unterschied zwischen der (durch Up/Down-Drücken) gewünschten und dann angezeigten Temperatur wundert mich aber schon. Direkt nach dem Einschalten wäre das ja noch erklärbar, aber nach 3 h sollte die angezeigte Temperatur dann ja mal entsprechend gefallen sein. Kann es sein, dass vielleicht durch einen kleinen Defekt während des Einstellens nur die Zehnerstelle im Display nicht angezeigt wird? Dass also trotz Anzeige 8° und 9° eigentlich 18 und 19 gewählt werden?

  3. Ich habe gestern Abend auf 2°C gestellt und heute morgen war der Inkubator laut Display bei 16°C und im Innenraum bei 16 – 18°C. Sollte ich lieber noch abwarten? Ob der Inkubator einen technischen Defekt hat weiß ich nicht. Ich kann ganz normal die Temperatur einstellen, ob 2°C oder 20°C. Mich wundert es nur, dass der Inkubator so lange braucht…

  4. Achja, und sobald die Heizung an ist (wie jetzt) und im Raum wieder 21°C sind springt das Display auf 17°C. Geht also wieder hoch, was ja eigentlich widersprüchlich dazu ist, das der Inkubator perfekt für heiße Sommer ist, da er die Temperatur gut hält. :/

  5. Ja, bin ich. Die Lösung sieht bei mir so aus, dass ich inzwischen doch wieder einen normalen Kühlschrank benutze. Allerdings nicht den normalen Kühlschrank für den täglichen Lebensmittelgebrauch, sondern einen eigenen.

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