|

Was ist beim Kieswerk-Ausbau in Dresden Söbrigen konkret geplant?

Im Dresdner Südosten, bei Söbrigen und Birkwitz, soll der Kiesabbau erweitert werden. Bis zum 22. September kann man noch Widerspruch gegen die aktuelle Ergänzung zur Planpräzisierung bei dem Vorhaben „Kies Pirnaer Elbebogen“ einlegen. Dazu kann man sich auf der Seite der „Bürgerinitiative gegen das Kieswerk Söbrigen“ eine Mustereinwendung kopieren, ausfüllen und an die Verantwortlichen senden. Viel Zeit ist also nicht mehr.

Aber worum geht es dabei eigentlich? Ich war heute früh im Ortsamt, weil man dort noch die Planungsunterlagen einsehen kann und ich wissen wollte, was konkret geplant ist. Das zeigt diese Karte:

Abb. 1 Übersichtskarte (Klick vergrößert)

Die deutlichste Veränderung ist, dass direkt bei Söbrigen ein neuer Tagebau entstehen soll („5“ auf der Karte). Was mich daran ziemlich erschreckt hat, war die dicke Linie von da aus nach Süden: Direkt entlang neben dem Birkwitzer Graben! Dieser beginnt am Birkwitzer See und verläuft in Richtung des Hentzschelteiches. Sind die wahnsinnig?, dachte ich. Dort leben alle möglichen Tierarten – dort wollen die doch nicht etwa eine Straße entlang bauen? Aber immerhin zeigte ein zweiter Blick, dass neben dieser dicken Linie steht „Verzicht auf Bandanlage“:

Abb. 2, Nordbereich

Aha, immerhin. Es war gar keine Straße geplant, sondern nur ein Transportband. Allerdings wäre das dort entlang auch schlecht gewesen. In dem Gelände leben u.a. verschiedene Amphibienarten. In den Unterlagen steht zum Thema „Amphibienschutz“: „Die besonders konfliktbeladene Landbandtrasse zwischen dem Kieswerk Pratzschwitz und dem Tagebau Söbrigen entfällt vollständig. Damit kann ein breites Spektrum negativer Auswirkungen auf das zu querende FFH-Gebiet Nr. 162 (Wesenitz unterhalb Buschmühle / FND Hentzschelteich) sowie auf den benachbarten Wohnstandort des Neubaugebietes Birkwitz gänzlich vermieden werden.“

Dass diese Landbandtrasse entfällt, dürfte auch für alle anderen Tierarten in diesem FND gut sein. Schön wäre speziell für die Amphibien allerdings, wenn man sich bei dieser Straßenführung für Variante B entscheidet:

Abb. 3

Wahrscheinlich ist aber diese schräger über die Wiese verlaufende Straße wiederum schlechter für die Vögel, die man bisher dort beobachten konnte. Übrigens findet man da sogar Orchideen – ob der LKW-Verkehr negative Auswirkungen auf diese hat, kann ich nicht beurteilen. Bei der Amphibiengefährdung an der Graupaer Straße wäre andererseits noch zu bemerken, dass diese eher nachts aktiv sind. Ich weiß nicht, ob in diesem Tagebau Nachtschichten geplant sind. Der normale Autoverkehr könnte insofern die Hauptbedrohungsursache bleiben.

Nachtrag 21.9.: In der heutigen SZ gibt es einen Artikel dazu, worin tatsächlich von Tag- und Nachtbetrieb die Rede ist: „Nach den Plänen der Kieswerke Borsberg GmbH ist mit 200 Lkw-Fahrten pro Tag und Nacht zu rechnen“. 200 LKW-Fahrten am Tag entspräche einem LKW aller 7 Minuten!

Der Vollständigkeit halber hier auch noch ein Auszug aus den Unterlagen, die die Position der „Gegenseite“ darstellt:

Zielsetzung des Vorhabens „Kies Pirnaer Elbebogen“

Durch das Vorhaben „Kies Pirnaer Elbebogen“ sollen alle bergbaulichen Aktivitäten innerhalb des östlichen Elbtales zwischen Pirna und Pillnitz für die nächsten drei Jahrzehnte zusammengefasst und koordiniert werden. Gegenwärtig werden die bergbaulichen Eingriffe innerhalb des Elbebogens nordwestlich von Pirna an mehreren Standorten unabhängig voneinander realisiert bzw. geplant. Das betrifft sowohl Gewinnungsarbeiten für Kiessand in den Tagebauen Pratzschwitz-Copitz, Birkwitz- Pratzschwitz und Söbrigen als auch die Aufbereitung dieser Rohstoffe in zwei separaten Kieswerken (KW Borsberg und KW Pratzschwitz).

Durch das Koordinieren dieser Aktivitäten und durch ihre Konzentration auf nur noch einen einzigen Standort für die Gewinnung und Aufbereitung des Kiessandes können sowohl die aktiven Eingriffsflächen als auch die Auswirkungen auf Natur und Landschaft reduziert werden. (…)

Sind die Bedenken der Bürgerinitiative gegenüber diesem Vorhaben gerechtfertigt oder etwas übertrieben? Werden „Lärm- und Staubbelästigung an der Tagesordnung“ sein? Die Wohngebiete werden von den Transporten gar nicht tangiert. Die in unmittelbarer Nähe zur Betriebsstraße zwischen Kieswerk und Graupaer Straße dürfte es allerdings schon betreffen. In der Ergänzung zur Planpräzisierung steht dazu:

„Besonders betroffen durch den Verkehr auf dieser Betriebsstraße sind die nächstgelegenen Wohnhäuser in Birkwitz sowie die Nutzer der Bungalowsiedlung am Schmiedeweg. Durch Gehölzstreifen beiderseits dieser Betriebsstraße können die Auswirkungen durch den Fahrverkehr (Sichtbeziehung, Staubimmissionen) merklich reduziert werden. Die verbleibenden Konflikte können nur durch den gleichzeitigen Wegfall der Verkehrsbelastungen entlang des Neubaugebietes Pirna-Copitz kompensiert werden. Mit Inbetriebnahme des neuen Kieswerkes Söbrigen stellt die Aufbereitung im Kieswerk Borsberg ihre Produktion ein. Damit entfällt auch die notwendige Abfrachtung vom Kieswerk Borsberg bis zur Auffahrt an die S 177 östlich des Neubaugebietes Pirna-Copitz mit allen damit verbundenen negativen Auswirkungen.“

Abbildung 3 „zeigt zwei Alternativen für den Verlauf dieser Betriebsstraße zwischen dem neuen Kieswerk und der Graupaer Straße. Die erste Variante (A) folgt dem Korridor für die ursprünglich geplante Landbandtrasse. Die zweite Variante (B) wird vor allem durch die benachbarten Anwohner der Ortslage Birkwitz favorisiert, wie eine Diskussion mit betroffenen Bürgern am 20.04.2011 vor Ort ergab. Diese zweite Variante erscheint optimaler, weil

  • sich die Entfernung zu den nächstgelegenen Wohnhäusern von Birkwitz von 200 auf 400 m vergrößert. Dadurch können die Auswirkungen durch den Abtransport der Kieswerk-Produkte auf diesen kritischen Immissionsort merklich reduziert werden.
  • das sich bis zum Birkwitzer See erstreckende FFH-Gebiet „Wesenitz unterhalb Buschmühle“ nicht tangiert wird. Durch den Abstand von ca. 200 m zu diesem ökologisch bedeutsamen Feuchtgebiet können negative Auswirkungen deutlich minimiert werden.“

Was ich mangels Fachwissen absolut nicht beurteilen kann, ist die Frage, ob die geplanten Arbeiten Einfluss auf den Wasserstand der Teiche im FND haben können. In den Unterlagen der Kieswerke Borsberg GmbH & Co. KG klingt das logischerweise sehr optimistisch:

„Als neue Komponente in der aktualisierten Vorhabenskonzeption muss die Auswirkung der geplanten Restauskiesung im Tagebau Pratzschwitz zusätzlich bewertet werden. Hier ist vor allem die Nähe des FND Hentzschelteich zu berücksichtigen.

„Die nächstgelegene Böschungsoberkante des Baggersees Pratzschwitz weist eine Entfernung zum Hentzschelteich von 110 m auf. Durch die Restauskiesung an der NO-Ecke des Baggersees soll sich die neue Tagebaugrenze hier maximal bis auf 140 m dem FND nähern. Diese Annäherung wird in einigen Stellungnahmen als problematisch dargestellt, weil hierdurch der Wasserhaushalt in diesem Feuchtgebiet negativ beeinflusst werden könnte.

Wesentlich für die Unbedenklichkeit der Restauskiesung ist jedoch die in mehreren Gutachten dargelegte geologische Situation im Untergrund des geschützten Feuchtbiotops. Das Gutachten des STUFA Radebeul (WILKE, 1992) über die Möglichkeit der Beeinflussung des FND Hentzschelteich durch den Kiesabbau Pratzschwitz kommt zu dem Ergebnis, dass die torfähnlichen Bildungen des Hentzschelteiches vom Vorhandensein eines zweiten „schwebenden“ lokalen Grundwasserleiters abhängig sind. Es wird nachgewiesen, dass die periodisch auftretenden Wasserspiegelrückgänge eindeutig infolge von Trockenwetterlagen auftraten. Als wichtigste Schlussfolgerung wird festgestellt, dass der Kiessandabbau im Tagebau Pratzschwitz auf keinen Fall den Grundwasserstauer im Liegenden des lokalen oberen Grundwasserleiters anschneiden darf. Aus dieser Forderung wurde die Breite des verbleibenden Sicherheitsabstandes von mindestens 110 m abgeleitet. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass es bis heute durch den Kiesabbau im Tagebau Pratzschwitz keine Beeinflussungen des FND gegeben hat.“

Die Bürgerinitiative erklärt aber: „Bereits beim Vorrücken Kiessandtagebaus Pratschwitz war es zum Anschneiden wasserführender Schichte gekommen.“ 

Ein aus meiner Sicht etwas unlogischer Kritikpunkt der Bürgerinitiative findet sich unter Punkt 3 in ihrem Widerspruchsentwurf: „Ein Bedarfsnachweis für Rohstoffnachfrage ist im Genehmigungsverfahren nicht enthalten“. Mit anderen Worten: Die Kieswerkbetreiber sollen doch erst einmal nachweisen, dass ihr Kies überhaupt am Markt gebraucht wird. Ist es denkbar, dass die Firma durchaus einen Absatzmarkt sieht, wenn sie Kies fördern und dafür sogar Investitionen tätigen will? Man liest weiter unter Punkt 3: „Es gibt nicht nur hohe Kapazitäten beim Abbau von Kiesen und Sanden aus Sachsen, sondern es werden auch Kiese und Sande preiswerter aus Tschechien und Polen importiert.“ Und das ist es, was ich unlogisch finde: Sonst klagen wir immer, dass alles nur noch aus Billigländern importiert wird, wobei unsinnig viel Treibstoff verbraucht wird und wir fragen dann meist, warum man das nicht auch bei uns produzieren kann … und nun produziert tatsächlich einmal jemand etwas hier vor Ort, und dann ist das auch wieder falsch!

Es gibt einige Argumente, die ich nachvollziehen kann (Gefährdung von Kindern, die die Graupaer Str. als Schulweg benutzen), aber wenn ich an anderen Stellen schon wieder etwas über angeblich gefährdete Blickbeziehungen lese … wo hatten wir das zuletzt? Vielleicht wäre es in dem Zusammenhang von der Bürgerinitiative auch pfiffig gewesen, die Kleine Hufeisennas* ausnahmsweise einmal nicht mit in den Text einzubauen. So könnte die mögliche Gefährdung der restlichen Tierarten immerhin etwas glaubhafter wirken.

3 Comments

  1. Nachtrag: In der heutigen SZ gibt es einen Artikel dazu, worin tatsächlich von Tag- und Nachtbetrieb die Rede ist: „Nach den Plänen der Kieswerke Borsberg GmbH ist mit 200 Lkw-Fahrten pro Tag und Nacht zu rechnen“. 200 LKW-Fahrten am Tag entspräche einem LKW aller 7 Minuten!

  2. Ich hoffe, man findet auch Kies unterm Zwinger…

    Aus meiner Sicht ist das Ganze eine Katastrophe. Da wird – ohne Sinn und Versand – ein Stück einigermaßen intakte Landschaft weggebaggert.

  3. Ich bin da geteilter Meinung: Dort liegt nun mal viel Kies und mir ist es lieber, man vermeidet lange Transportwege. So sehen wir immerhin, was bei Kiesförderung mit der Landschaft entsteht. Wenn wir dasselbe Zeug aus Tschechien oder Polen bekommen, halten wir es für normal und sehen nicht, was dort mit der Landschaft passiert.

    Ob der Bedarf vorhanden ist, kann ich nicht beurteilen. Allgemein nervt mich dieser Bauwahn, überall etwas hin pflastern zu müssen. Vielleicht könnte man auch mal etwas weniger bauen? Aber andererseits geht es auch nicht ganz ohne Bauwesen. Und Kies ist dabei ein wichtiger Grundlagen-Stoff.

    Ist es eine Katastrophe? Soweit ich weiß, wird die Fläche bisher irgendwie landwirtschaftlich genutzt (bin ich mir jetzt aber nicht sicher). Ich will damit sagen, dass es schon jetzt keine unberührte Natur mehr ist. Der danebenliegende See in Birkwitz, der ein beliebter Bade- und Angelsee ist, entstand ebenfalls durch Kiesförderung (und wird heute als etwas Positives betrachtet). Das muss man ja auch mal sehen. Insofern könnte ich damit leben, wenn die Produktion halbwegs dezent abläuft. Nachtfahrten fände ich grundsätzlich falsch. Weniger wegen der Bewohner (das wäre ein typisch menschlich-egoistischer Grund*), sondern mehr, damit die anderen Lebewesen dort noch Ruhephasen behalten.

    (* Schön ist es für die Bewohner natürlich trotzdem nicht – ich kann die schon verstehen)

Comments are closed.