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Wie Dresden durch die Grünen vor einer nichtvorhandenen Gefahr gerettet wird

Kein Glyphosat auf Flächen der Landeshauptstadt Dresden“ fordert „Bündnis 90/Die Grünen im Dresdner Stadtrat“ in einem ihrer aktuell eingebrachten Anträge. Das ist ein wichtiger Schritt nach vorn, denn so werden wir Dresdner endlich vor einer schlimmen, allgegenwärtigen Bedrohung geschützt. Glyphosat wird auf den städtischen Grünflächen in unglaublichen Mengen versprüht! Das wissen die Dresdner Grünen durch eine Anfrage vom 20.08.2015. Darin fragten sie, „wie viele Herbizide mit dem Wirkstoff Glyphosat sowie weitere Pestizide“ auf kommunalen Flächen ausgebracht wurden. Die Antwort enthielt Angaben über erschreckend hohe Mengen: Etwa insgesamt 60 Liter solcher Stoffe werden jährlich in ganz Dresden verteilt! Darunter sind Fungizide (Pilzbekämpfungsmittel), Insektizide und auch Herbizide. Herbizide sind Unkrautvernichter, dazu gehört auch der Wirkstoff Glyphosat. Bei den in Dresden verwendeten Herbiziden finden sich die Wirkstoffe Triclopyr, Fluroxypyr und Flumioxazin. Und natürlich Glyphosat … nein, Moment … Fehlanzeige! Das wird hier gar nicht verwendet. Kein Glyphosat in Dresden.

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Quelle: Antwort auf Anfrage Nr.: AF0724/15 im Dresdner Stadtrat

Aber egal. Selbstverständlich kann es nicht schaden, trotz bereits praktizierter Nichtverwendung eines Mittels noch einmal ausdrücklich zu beschließen, es nicht zu verwenden. Der Stadtrat und die Stadtverwaltung wollen doch beschäftigt sein und dem Wähler muss vermittelt werden, dass man an den brisantesten Themen dran ist. LINKE und SPD werden diesem wichtigen Antrag sicher zustimmen und können so auch beim Wähler punkten. Außerdem können sie später von den Grünen bei passender Gelegenheit dezent fordern, nun auch einem ihrer Anträge zuzustimmen. So haben alle was davon, ohne dass sich irgendetwas ändern wird.


Update und Korrektur: In der erwähnten Antwort auf die Anfrage ist vor der obigen Tabelle eine Textpassage, die etwas missverständlich ist (siehe Kommentare). Da ich mir nach dem Veröffentlichen dieses Artikels nicht mehr sicher war, schrieb ich die Stadtverwaltung an und erhielt zur Antwort, dass doch Glyphosat bei uns zum Einsatz kommt. Allerdings nur in vergleichsweise geringen Mengen. Das komplette Antwortschreiben ist unten bei den Quellen angegeben. 


Aber mal angenommen, Glyphosat würde hier eingesetzt. Was würde ein Verbot dann eigentlich bringen? Wie sollen die städtischen Flächen künftig von Unkraut befreit werden, wenn das bisher verwendete Mittel verboten wird? Mit Jäten? Soll das ein großes Arbeitsplatzbeschaffungsprogramm werden? In der Realität wird man ganz einfach auf andere Herbizide umsteigen müssen. Mit der Methode entstehen keinerlei Nachteile für die „Chemie-Lobby“, über die Ulrike Hinz, Sprecherin für Gesundheit der Fraktion sagt:

„Wir wollen nicht länger warten, ob sich in dieser Frage die Chemie-Lobby gegen Belange von Umweltschutz und Gesundheitsvorsorge durchsetzt, wir wollen jetzt auf lokaler Ebene handeln.“

Wenn die „Chemie-Lobby“ statt Produkt A nur Produkt B verkaufen kann, ist das sicher ein Riesen-Erfolg. Irgendwie. Für wen auch immer. Welche Chemie-Lobby sollte sich hier eigentlich durchsetzen können? Monsanto? Die Lizenzen für Glyphosat sind längst abgelaufen, es kann von jedem hergestellt werden. Die Hauptmenge des weltweit hergestellten Glyphosats kommt aus China. Monsanto macht damit kaum noch Gewinn. Monsanto und andere Vertreter der „Chemie-Lobby“ wären der Hauptgewinner eines Glyphosatverbotes, denn dadurch könnten sie endlich teurere Nachfolgeprodukte verkaufen.

Es ist schon absurd, wie bei Glyphosat argumentiert wird. Bei Pharmaunternehmen beklagt man es oft, wenn sie die Lizenzen ihrer Medikamente nicht freigeben. Denn durch diese Lizenzfreigabe könnte die Produktion preiswerter Generika ermöglicht werden, was auch ärmeren Ländern die Herstellung und vor allem den Kauf ermöglicht. Glyphosat ist zwar kein Heilmittel, aber der Fall ist schon vergleichbar, da es für Nahrungsmittelproduktion weltweit verwendet wird. Wir haben hier also ein preiswert von jedem Land herstellbares Herbizid, fordern aber dessen Verbot. Was den Verkauf teurer, lizensierter Produkte ankurbeln würde. Was soll man dazu sagen?

Ulrike Hinz sagt auch noch andere schöne Sachen, zum Beispiel das hier:

Glyphosat ist nicht nur sehr wahrscheinlich für Menschen gefährlich, auch die biologische Vielfalt wird stark eingeschränkt.

Zwei Falschaussagen in einem Satz – nicht schlecht. Nein, dieses Mittel ist nicht sehr wahrscheinlich für Menschen gefährlich, sondern nur möglicherweise, was sogar von vielen Experten angezweifelt wird. Glyphosat ist sehr gut untersucht und wurde von internationalen Behörden immer wieder als ungefährlich eingestuft. Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung fand z.B. nach Auswertung von 1.050 Studien kein Indiz für eine Gesundheitsgefährdung. Im März 2015 wurden die bekannten Studien vom IARC aber neu ausgewertet. Darin fand man in 3 Studien

Hinweise auf einen möglichen, geringen Zusammenhang zwischen Glyphosataufnahme und dem Non-Hodgkin-Lymphom, einer insgesamt sehr seltenen Krebsart. Dabei ging es immer um Belastungen am Arbeitsplatz, nicht etwa um die Aufnahme verschwindend geringer Mengen durch die Nahrung. Solche Hinweise auf einen Zusammenhang mit irgendeiner Krebsart kann man für fast jede Substanz finden, mit der wir im Alltag zu tun haben.

Das IARC stufte Glyphosat in die Klassifizierung 2A – vermutlich krebserregend ein. Damit ist es so gefährlich wie Mate-Tee, Solariumbesuche oder die Arbeit in einem Baumarkt oder als Friseur. Unter Experten ist diese Neubewertung umstritten. Dazu kommt auch, dass das IARC ohnehin fast alles als krebserregend einstuft:

Von knapp tausend Substanzen, die die IARC bisher bewertet hat, wurde nur eine in die Gruppe 4 („wahrscheinlich nicht krebserzeugend beim Menschen“) eingestuft.

(Zitatquelle)

Die zweite Falschaussage von Frau Hinz: Glyphosat gefährdet auch nicht die biologische Vielfalt, ganz im Gegenteil. Glyphosat ist ungiftig für Tiere und im Boden biologisch abbaubar. Das ist gerade ein Vorteil von Glyphosat – es hat durch diese positiven Eigenschaften viele ältere und gefährlichere Herbizide überflüssig gemacht.

Die Grünen haben zeitgleich auch einen Antrag eingebracht, Dresden solle Fair-Trade-Stadt werden. Vielleicht könnte man insofern den Kompromiss finden, künftig fair gehandeltes Glyphosat in Dresden einzusetzen.


Fast hätte ich diese Meldung heute uninteressiert weiter geklickt. Glyphosat mal wieder! Lustig fand ich nur, dass eine der zum Text angegebenen Quellen ein Artikel der „Deutschen Wirtschaftsnachrichten“ war. Für mich gilt die Internetregel: Wer auf die DWN verlinkt, hat automatisch verloren. Aber na gut – es sind schon ganz andere in die Falle getappt, auf diese scheinbar so seriös betitelte Quelle hereinzufallen. „Wirtschaftsnachrichten“ klingt immerhin nicht nach maßloser Übertreibung und Panikmache, die man in den Artikeln dann meist findet. Zumindest war es zu Beginn so, als ich das aus Spaß noch gelegentlich freiwillig las. Vielleicht schreibt man bei den DWN inzwischen gelegentlich auch einmal halbwegs brauchbare Texte. Keine Ahnung, ich habe das nicht weiter verfolgt. Es gibt sinnvollere Sachen im Netz.

Jedenfalls kann man das den Dresdner Grünen insofern durchgehen lassen. Inzwischen haben die Autoren den Link auch entfernt. Vielleicht wird er durch einen Link zu Netzfrauen ersetzt …


Update, 21.08.2016: Nachdem die Stadtverwaltung Anfang August tatsächlich beschloss, kein Glyphosat mehr einzusetzen, wurde das auch am 18.08.2016 im Dresdner Stadtrat noch einmal beschlossen. Unsere Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen (Bündnis 90/Die Grünen)räumte dort ein, dass man Glyphosat eigentlich nur an einigen wenigen Punkten eingesetzt hätte (Video 17 min) und dass ein Verzicht darauf „das Kraut nicht fett“ macht. Vorher hatte sie noch angedeutet, es würde auf Spielplätzen eingesetzt, obwohl dort gar keine Herbizide eingesetzt werden dürfen.

„Gerade in Parkanlagen und auf Spielplätzen kommen insbesondere Kinder immer wieder mit dem Boden in Kontakt. Es ist daher richtig, dass wir unabhängig von der weiteren Zulassung von Glyphosat auf das Mittel verzichten“

Die Alternative werden möglicherweise Heißwasser Hochdruckgeräte sein, was nicht gerade zum Energiesparen beiträgt. Die CDU enthielt sich der Stimme, obwohl sie den Grünen Antrag unsinnig fand, was von ihr aber mit einem völlig unpassenden Bananen-Vergleich begründet wurde. Die einzige sinnvolle Wortmeldung dazu kam von der FDP. Und Jörg Urban von der AfD erklärte zunächst fachlich richtig, warum ein Glyphosat-Verzicht falsch sei, um anschließend zu sagen, die AfD sei aber trotzdem für ein Verbot, denn (kein Witz!) dann könnte man ja die vielen Asylbewerber zum Unkrautjäten einsetzen. Im Video bei 12:35 min.

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Update, 26.04.2017: Im Artikel der DNN vom 25.04.2017 „Unkraut weg per Heißdampf: Stadt zeigt neue Maschine“ wird berichtet, dass man nun heißen Wasserdampf statt Glyphosat einsetzt. Ich erinnere noch einmal: Lediglich 60 Liter Herbizide wurden pro Jahr in Dresden jährlich eingesetzt, unter denen sich auch etwas Glyphosat befunden haben kann. Laut Frau Jähnigen „wurde Glyphosat nur an einigen wenigen Punkten eingesetzt“.

Glyphosat und vergleichbare Mittel kosten etwa 10€/Liter. Um diese geringen Ausgaben zu ersetzen, hat man nun für 87.500 € ein speziell umgebautes Multicar angeschafft, welches jetzt mit hohem Energieverbrauch statt mit Herbiziden gegen Unkraut vorgeht. Mit mindestens drei bis vier Anwendungen im Jahr übrigens. Wie hoher Energie- und damit Treibstoffverbrauch zu Grüner Politik passt, ist Frau Jähnigens Geheimnis.

Wenn Gesundheitsgefährdungen durch Glyphosat nachweisbar wären, dann wäre dieser Schritt vernünftig. Aber das ist nun einmal nicht der Fall. Statt dessen hat man Herbizidanwendung laut DNN zunächst durch ein nachweislich gesundheitsschädliches Verfahren ersetzt: „Seit 2014 verzichte man auf chemische Bearbeitung, bis letztes Jahr hatte man als Übergangslösung ein Abflammgerät benutzt. „Durch das Propangas kam es jedoch hin und wieder zu gesundheitlichen Beschwerden bei den Mitarbeitern“.

Update, 16.01.2018: Die Stadt Limburg darf ab 1. Juli kein Glyphosat mehr einsetzen, obwohl sie es gern würde weil sie darin klare Vorteile sieht. Die Kosten mürden sich bei einem Verzicht mehr als versiebenfachen: „… koste eine jährliche Behandlung des Unkrauts „nach herkömmlicher Art“ bei sechs Anwendungen und einem Quadratmeter-Preis von rund zwei Euro insgesamt 114 000 Euro. Bei einer Behandlung mit Glyphosat entstünden (…) nur Kosten in Höhe von etwa 16 000 Euro. Der Differenzbetrag (…) entspreche einem zusätzlichen Personalbedarf von zwei Mitarbeitern“. In Limburg wurden bisher lediglich 23 l Glyphosat pro Jahr eingesetzt.


Quellen:

Bündnis 90/Die Grünen im Dresdner Stadtrat: GRÜNER Antrag: Kein Glyphosat auf Flächen der Landeshauptstadt Dresden

Anfrage Bündnis 90/Die Grünen: Verwendung von Herbiziden mit dem Wirkstoff Glyphosat sowie weiterer Pestizide, 20.08.2015

FAZ: Bund hält Glyphosat für unbedenklich

Mitteilung des BfR vom 23. März 2015: Löst Glyphosat Krebs aus?

TheEuropean: Trinken Sie noch Bier? (Quelle der letzten beiden Zitate im Artikel)

Video: Livestream der Stadtratssitzungen (da die Videos nach jeder neuen Sitzung nicht mehr sichtbar sind, vom Bildschirm abgefilmt)

Sebastian Schmidt, Sachgebietsleiter im Umweltamt Landeshauptstadt Dresden auf meine Anfrage: „Es ist mir bekannt, dass in Dresden Glyphosat zum Einsatz kommt, den genauen Umfang und die betroffenen Flächen kann ich nicht benennen, ich lese die von Ihnen zitierte Anfrage allerdings eindeutig so, dass sich die angegebenen 182 l auf glyphosathaltige Herbizide beziehen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass diese Menge unbedeutend ist im Vergleich zu der Menge Glyphosat, die im Rahmen der guten fachlichen Praxis einer natur- und landschaftsverträglichen Landwirtschaft jährlich auf Dresdner Feldern versprüht wird.“

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24 Comments

  1. Wenn ich mir die beiden Antworten anschaue, sehe ich einen Widerspruch. Die Menge aus der Antwort auf Frage 1 taucht in der Menge aus der Antwort auf Frage 2 gar nicht auf.

    Möglichkeit 1: Die beiden Antworten beziehen sich auf unterschiedliche Kategorien. Zuerst geht es nur um glyphosat-haltige Mittel und dann um die »sonstigen« Mittel.

    Möglichkeit 2: In der Antwort auf Frage 1 wurde die in Wasser gelöste Menge angegeben und Glyphosat war nur ein geringer Teil davon. In Frage 2 werden nur die Hauptwirkstoffe aufgezählt.

    In jedem Fall ist die Antwort der Stadtverwaltung nicht ganz klar und eindeutig. Die Frage 2 ist eine globale Frage. Wenn Glyphosat eingesetzt worden sein sollte, muss es als Teilmenge in Frage 2 vorkommen.

  2. Ich habe vor dem Veröffentlichen auch eine Weile nachgedacht, weil die Antwort auf Frage 1 nicht ganz eindeutig ist. Du hast das ja schon beschrieben: Frage 1 könnte man tatsächlich so verstehen, dass in der angegebenen Zeit 182 l Glyphosat angewendet wurden. Da Frage 2 aber (verkürzt) lautete „Welche Mengen an Pflanzenschutzmitteln wurden ausgebracht, aufschlüsselt nach Wirkstoffen?“ und darin kein Glyphosat erwähnt wird, habe ich Frage 1 so verstanden, dass sie sich allgemein auf die Summe aller ausgebrachten Pflanzenschutzmittel bezog. Ansonsten hätte Frage 2 ja lauten müssen: Welche weiteren Pflanzenschutzmitteln …“?

    Ich habe schon überlegt, ob ich morgen mal in der Stadtverwaltung deshalb anfrage. Auch, wenn die sicher etwas besseres zu tun haben 😉

  3. Die Frage 1 kann man m. E. nur so verstehen, dass anwendungsbereite Mischungen mit einem Anteil Glyphosat verwendet wurden (wörtlich steht dort ja: »glyphosathaltige Herbizide«). Wir kennen aber den Anteil des Wirkstoffs nicht und somit ist die Antwort schlichtweg nicht genügend. Richtig wäre: den Glyphosat-Anteil zu berechnen oder die Marken der Herbizide zu benennen.

    Wenn man die Zeit (zweieinhalb Jahre) und die sehr große Fläche Dresdens zugrundelegt, sind diese 182 Liter m. E. eine Marginalie. Vermutlich werden auf jedem größeren Acker mehr derartige Mittel eingesetzt.

  4. PS: Deutschlandweit geht es um 6.000 Tonnen Glyphosat, also mehr als 2,92 Millionen Liter (Glyphosat hat eine Dichte von 1,71 kg pro Kubikdezimeter). Dagegen sind unsere 182 Liter in Dresden wirklich ein Witz.

  5. Ich habe einen Fehler gemacht. Ich hatte erst die 5.000 Tonnen von 2010 herangezogen. Mit 6.000 Tonnen (geschätzt für die letzten Jahre) sind es natürlich 3,5 Millionen Liter.

  6. Vermutlich werden auf jedem größeren Acker mehr derartige Mittel eingesetzt.

    Mit Sicherheit. Ich frage mich auch, wo man in der Stadt Glyphosat überhaupt sinnvoll einsetzen könnte? Auf dem Acker hat es den Sinn, vor der Aussaat alle Unkräuter zu vernichten. Aber wo in der Stadt sollte man den kompletten Bewuchs auf einer Fläche vernichten wollen? Nach Glyphosateinsatz wäre jeder Grashalm weg. Dieses Mittel hätte nur Sinn bei einer kompletten Neubepflanzung einer Fläche. Und zum Entfernen von Bewuchs auf Gehwegen usw. darf man es nicht einsetzen, da Glyphosateinsatz auf befestigten Flächen verboten ist.

    Deutschlandweit geht es um 6.000 Tonnen Glyphosat … Dagegen sind unsere 182 Liter in Dresden wirklich ein Witz

    Aber um sich einzubilden, der Chemie-Lobby gehörig in die Suppe gespuckt zu haben, sind auch kleine Maßnahmen wichtig 😉

  7. Frank: Aber wo in der Stadt sollte man den kompletten Bewuchs auf einer Fläche vernichten wollen?

    Vielleicht auf separaten Straßenbahn-Trassen ?!

  8. Nebenbei gesagt: Das Abflammen des »Unkrauts« ist ja wohl ökologisch wesentlich bedenklicher. Man verbrennt einen wertvollen Energieträger (Gas), man produziert Feinstaub und man bläst CO2 in die Luft. Dann würde ich doch lieber die 180 Liter Herbizid verwenden.

  9. Okay, ich lag doch falsch. Ich habe heute aus dem Umweltamt folgende Antwort erhalten:

    „Es ist mir bekannt, dass in Dresden Glyphosat zum Einsatz kommt, den genauen Umfang und die betroffenen Flächen kann ich nicht benennen, ich lese die von Ihnen zitierte Anfrage allerdings eindeutig so, dass sich die angegebenen 182 l auf glyphosathaltige Herbizide beziehen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass diese Menge unbedeutend ist im Vergleich zu der Menge Glyphosat, die im Rahmen der guten fachlichen Praxis einer natur- und landschaftsverträglichen Landwirtschaft jährlich auf Dresdner Feldern versprüht wird.“

    Letztlich ändert das aber an meinem Artikel inhaltlich nicht viel.

  10. Wenn ich die Grünen schon sehe wird ich grün im Gesicht 🙂

    das ist doch mittlerweile eine Partei, die man nun wirklich nicht braucht, auch nicht in Dresden. Ich habe das Gefühl die Grünen machen alles um im Volk immer unbeliebter zu werden……………

    Claudia

  11. Nun wird es wohl doch umgesetzt: DNN, 2.8.16 Kein Glyphosat mehr in Dresden. Mal sehen, ob sich ermitteln lässt, wodurch es ersetzt werden soll.

    Frau Jähnigen erzählt in dem Artikel übrigens Blödsinn, denn auf Spielplätzen ist der Einsatz von Herbiziden sowieso schon verboten. Und warum man in einer Parkanlage Glyphosat einsetzen sollte, wird auch ihr Geheimnis bleiben, denn alle anderen Pflanzen auf der Flläche des Parks würden bei dem Einsatz mit eingehen.

    Interessant wäre auch, womit Frau Jähnigen belegen kann, dass Glyphosat angeblich die Artenvielfalt gefährdet.

  12. Update, 21.08.2016: Nachdem die Stadtverwaltung Anfang August tatsächlich beschloss, kein Glyphosat mehr einzusetzen, wurde das auch am 18.08.2016 im Dresdner Stadtrat noch einmal beschlossen. Unsere Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen (Bündnis 90/Die Grünen)räumte dort ein, dass man Glyphosat eigentlich nur an einigen wenigen Punkten eingesetzt hätte (Video 17 min) und dass ein Verzicht darauf „das Kraut nicht fett“ macht.

    Die Alternative werden möglicherweise Heißwasser Hochdruckgeräte sein, was nicht gerade zum Energiesparen beiträgt. Die CDU enthielt sich der Stimme, obwohl sie den Grünen Antrag unsinnig fand, was von ihr aber mit einem völlig unpassenden Bananen-Vergleich begründet wurde. Die einzige sinnvolle Wortmeldung dazu kam von der FDP. Und Jörg Urban von der AfD erklärte zunächst fachlich richtig, warum ein Glyphosat-Verzicht falsch sei, um anschließend zu sagen, die AfD sei aber trotzdem für ein Verbot, denn (kein Witz!) dann könnte man ja die vielen Asylbewerber zum Unkrautjäten einsetzen. Im Video bei 12:35 min.

    https://youtu.be/-90kijU59ZY

  13. Die Dosis macht das Gift und Fakten einen guten Journalismus

    Jürgen Kochinke, DNN vom 13.9.2016 : Laut einer Stichprobe im Auftrag der Grünen waren in 12 von insgesamt 17 untersuchten Teichen oder Flüssen Pestizide nachweisbar; in sechs Fällen lagen diese sogar über dem gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwert.“ Die Ergebnisse der Studie lassen darauf schließen, daß eine Vielzahl sächsischer Kleingewässer mit Glyphosat … belastet ist“, meinte der grüne Umweltpolitiker Wolfram Günther.

    Nun ist es eine Sache, eine Studie in Auftrag zu geben und die andere, die Ergebnisse der Studie richtig zu interpretieren. Der Sächsische Umwelt- und Landwirtschaftsminister kannte die Studie bereits, denn am 12.9.16 sagte er dazu u.a. im MDR-Sachsenspiegel: „Die Grenzwerte für Trinkwasser gelten für Trinkwasser … und für Oberflächengewässer gelten andere Qualitätsnormen. Trinkwasser ist unser best-überwachtes Lebensmittel und es ist einfach weltfremd anzunehmen, daß Oberflächengewässer Trinkwasser-Qualität haben müssen.
    Die Grünen reiten offensichtlich eine neue Attacke gegen Glyphosat und der Autor gibt die Polemik des Grünen Wolfram Günther kommentarlos weiter.

    DNN: …die Problemstoffe seien bereits im Urin sowie in der Muttermilch nachgewiesen worden – und auch im Bier.

    Das Institut für Produktsicherheit schrieb am 25.02.2016 damals dazu:

    Die gemessenen Werte (im Bier) lagen zwischen 0,46 µg/l und 29,74 µg/l. Zum Vergleich: Der Grenzwert für einzelne Pestizidwirkstoffe im Trinkwasser liegt bei 0,1 µg/l. Mehrfachrückstände dürfen in der Summe 0,5 µg/l nicht übersteigen.

    Die gemessenen Werte stammten vom
    Umweltinstitut München e.V.
    , welches sich damit im Lande des Bieres quasi als Nestbeschmutzer betätigte.

    In einer schnell veröffentlichten vorläufigen Stellungnahme hat das Bundesinstitut für Risikobewertung die gefundenen Gehalte anhand der geltenden ADI- bzw. ARfD-Werte dennoch als gesundheitlich unbedenklich eingeschätzt. Demnach müsse ein Erwachsener am Tag ca. 1000 Liter Bier trinken, um gesundheitlich bedenkliche Mengen von Glyphosat aufzunehmen.<<
    Anmerkung : Der europäische ADI-Wert für Glyphosat beträgt 0,3 mg/kg Körpergewicht und ist die zulässige Tagesdosis.
    „Die Dosis macht das Gift“ lautet die Überschrift des DNN-Artikels; und Fakten, hier Zahlen, machen einen guten Journalismus.

  14. Es wird irgendwie ermüdend, diese ständigen Erfindungen gegen Glyphosat widerlegen zu müssen. Zu dieser aktuellen „Studie“ der Grünen schreibt der MDR:

    Aus dem Umweltministerium gab es harsche Kritik an der Studie. Pressesprecher Frank Meyer sagte MDR SACHSEN: „Die Grenzwerte gelten für Trinkwasser, für Oberflächengewässer gibt es andere Qualitätsnormen. Trinkwasser ist unser bestüberwachtes Lebensmittel. Es ist einfach weltfremd anzunehmen, dass Oberflächengewässer Trinkwasserqualität haben.“

    Anfang der 90er hätte ich noch jeder Behörde misstraut und den Grünen sofort Glauben geschenkt. Es ist längst umgekehrt. Das in dem Hintergrundpapier der Grünen erwähnte AMPA ist übrigens keineswegs nur ein Abbauprodukt von Glyphosat, sondern auch das Abbauprodukt von Phosphaten in Waschmitteln. Laut Bloggerin Susanne Günther ist der Eintrag in die Umwelt durch Pflanzenschutzbehandlung vernachlässigbar.

  15. Regulatorisch akzeptable Konzentrationen

    Die Grünen schreiben in ihrem Hintergrundpapier vom 12.9.2016:

    Mangels für Oberflächengewässer allgemein geltender Grenzwerte können als Maßstab zur Bewertung die EU-Qualitätsnormen für Grundwasser (umgesetzt durch die Grundwasserverordnung) herangezogen werden.

    Das Umweltbundesamt (UBA) schrieb am 05.02.2016 :

    Die Genehmigung des Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffes (PSM-Wirkstoffes) Glyphosat wird in der Europäischen Union überprüft.

    Was die Belastung von Oberflächengewässern und Grundwasser mit dem Wirkstoff Glyphosat und eines seiner Metaboliten (Abbauprodukt) AMPA betrifft, so stehen dem UBA einige europaweite Daten zum Monitoring für Oberflächenwasser zur Verfügung. Die höchsten gemessenen Konzentrationen in Oberflächengewässern lagen in Schweden bei 370 Mikrogramm pro Liter (µg/l) für den Wirkstoff und 49 µg/l für seinen Metaboliten (Horth, 2012). In Deutschland lagen die höchsten gemessenen Konzentrationen deutlich niedriger (4,7µg/l für den Wirkstoff und unter 4 µg/l für seinen Metaboliten). Beide Konzentrationen liegen damit unterhalb der in den Zulassungsverfahren ermittelten regulatorisch akzeptablen Konzentrationen von 100µg/l für Glyphosat und 1200 µg/l für den Metaboliten AMPA.

    Nun ist eine regulatorisch akzeptable Konzentration kein gesetzlicher Grenzwert, aber es ist auch klar daß man an Oberflächenwasser nicht die Maßstäbe für Grundwasser anlegen kann. Die Grundwasserordnung dient der Überwachung und Einstufung des Grundwassers für die weitere Nutzung.

  16. Badeempfehlung mit Vorbehalt

    Ich habe mir das Hintergrundpapier der Grünen noch einmal genauer angeschaut; also Vorgehensweise, angelegter Maßstab, Ergebnisse, speziell diese des Dippelsdorfer Teiches, und Bewertung der Ergebnisse.

    II. Vorgehensweise
    Es wurden 12 Gewässersysteme mit insgesamt 17 Einzelgewässern ausgewählt, die sich … über die gesamte Fläche des Freistaates Sachsen verteilt sind. Die Gewässer sind im Einzelfall entweder naturschutzfachlich besonders wertvoll oder dienen als offizielles Badegewässer der Nutzung durch den Menschen. Diese Gewässer wurden jeweils auf eine Liste von 12 in der konventionellen Landwirtschaft besonders häufig eingesetzte Pestizide bzw. deren Abbauprodukte geprüft: Glyphosat, AMPA, Terbuthylazin, Desetyhlterbutylazin, Metolachlor, Nicosulfuron, Prosulfuron, Tebuconazol, DEET (Diethyltoluamid), Terbutryn, Boscalid und Carbendazim.

    III. Ergebnisse der Proben
    Mangels für Oberflächengewässer allgemein geltender Grenzwerte können als Maßstab zur Bewertung die EU-Qualitätsnormen für Grundwasser (umgesetzt durch die Grundwasserverordnung) herangezogen werden. Danach gilt … für Wirkstoffe in sog. Pflanzenschutzmitteln(PSM) und Biozidprodukten einschließlich relevanter Stoffwechsel-, Abbau- und Reaktionsprodukte als Einzelwert ein Schwellenwert von 0,1 μg/l und insgesamt bzw. als Summenwert 0,5 μg/l (insgesamt bedeutet die Summe aller einzelnen, bei dem Überwachungsverfahren nachgewiesenen und mengenmäßig bestimmten Pflanzenschutzmittel und Biozide, einschließlich der relevanten Stoffwechsel-, Abbau- und Reaktionsprodukte). Genauso schreibt die Trinkwasserverordnung des Bundes für PSM einschließlich ihrer toxischen Hauptabbauprodukte einen Grenzwert von 0,1 µg/l für den einzelnen Wirkstoff bzw. 0,5 µg/l für die Summe aller Wirkstoffe vor. Diese Grenzwerte sind als reine Vorsorgewerte aufzufassen und nicht toxikologisch begründet.

    Für den Dippelsdorfer Teich werden folgende Analyse-Ergebnisse angegeben:
    Stoff Werte in µg/l
    AMPA 0,19
    Glyphosat 0,10
    TBA 0,04
    DEET 0,057
    Summe = 0,367

    Nun werden lt. Trinkwasserverordnung nach wesentlich mehr Schadstoffen gesucht. Aber da die Grünen nach „in der konventionellen Landwirtschaft besonders häufig eingesetzte Pestiziden“ suchen ließen, könnte man anhand der Ergebnisse dem Dippelsdorfer Teich, was die Pestizide betrifft, mit Vorbehalt Grundwasser-Qualität bescheinigen. Stattdessen liest man:

    Grüne : Mit sogar vier verschiedenen Substanzen in einem Gewässer fällt das Probeergebnis des gleichermaßen unter Naturschutz stehenden und offiziell als Badegewässer durch den Menschen genutzten Dippelsdorfer Teiches bei Moritzburg (Entnahmestelle 11) im Landkreis Meißen besonders negativ aus.

    Nun weiß man nach der Studie nicht wie hoch die Keimbelastung des Dippelsdorfer Teiches ist aber nur nach den obigen Werten könnte man deshalb durchaus eine Bade-Empfehlung mit Vorbehalt aussprechen.
    Und nimmt man die Summe der Pestizid-Belastung von 0,367µg/l des Teiches und mißt diese am ADI-Wert für Glyphosat von 0,3 mg/kg Körpergewicht, dann müßte ein 50kg-Schwimmer ca. 41.000Liter Teichwasser schlucken um die zulässige Tagesdosis zu erreichen.

  17. Danke für diese Untersuchung. Aber gerade bei großer Sommerhitze und dem dabei entstehenden Durst kann es es schon vorkommen, dass jemand so viel Teichwasser schluckt. Da kann man nicht frühzeitig genug davor warnen 😉

  18. Droht uns noch ´ne Wende?
    Dirk Maxeiner vermutet in der WELT vom 22.9.2016:

    … obwohl die Energiewende keineswegs verdaut ist, wird in Deutschland schon das nächste grüne Prestigeobjekt vorbereitet: Die Agrarwende. Die Stimmenthaltung der Bundesregierung bei der EU-Entscheidung zu Glyphosat ist dem Umstand geschuldet, daß sich die Bundeskanzlerin alle Koalitionsoptionen offenhalten will.
    In Sachen Energiewende geht bislang kein anderes Land den den deutschen Weg mit, ähnlich dürfte es sich bei der Agrarwende verhalten.

    Zutrauen würde ich der Merkel das – die Grünen wieder mal rechts zu überholen, nur um eines deren Themen zu besetzen, statt sich damit auseinander zu setzen. Die Art wie sie die „Energiewende“ weiterlaufen läßt spricht Bände.

  19. Die Stadt Limburg darf ab 1. Juli kein Glyphosat mehr einsetzen, obwohl sie es gern würde weil sie darin klare Vorteile sieht. Die Kosten mürden sich bei einem Verzicht mehr als versiebenfachen: „… koste eine jährliche Behandlung des Unkrauts „nach herkömmlicher Art“ bei sechs Anwendungen und einem Quadratmeter-Preis von rund zwei Euro insgesamt 114 000 Euro. Bei einer Behandlung mit Glyphosat entstünden (…) nur Kosten in Höhe von etwa 16 000 Euro. Der Differenzbetrag (…) entspreche einem zusätzlichen Personalbedarf von zwei Mitarbeitern“. In Limburg wurden bisher lediglich 23 l Glyphosat pro Jahr eingesetzt.

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