| | |

Wanderwegmarkierungen für Nazis am Dresdner Elbhang

Ich habe schon oft gehört, dass es in Pappritz ziemlich viele Nazis gäbe. Ob dort wirklich mehr sind als in anderen Ortsteilen von Dresden, weiß ich nicht. Aber wenn man bei einer Wanderung am Elbhang da entlang kommt, könnte man schon stutzig werden:

„300.000 Tote Dresden ’45“ – das kann man dort schon lange lesen. Mindestens seit einem Jahr. Und es scheint keinen der Anwohner zu stören, denn sehr oft übermalt wurde diese Schrift anscheinend noch nicht, wenn man mal von der jüngsten, auch nicht viel intelligenteren „Korrektur“ absieht. Selbstverständlich gab es 1945 Tote in Dresden, deren Zahl man heute – je nach Interessenslage – schon einmal hoch oder herunter rechnet. Das 1945 Menschen in Dresden starben, ist bekannt. Genauso wie die Tatsache, dass ihr Sterben militärisch kaum noch Sinn ergab. Aber da waren ja vorher noch so ein paar Kleinigkeiten, die von deutscher Seite ausgingen und die man in dem Zusammenhang auch noch erwähnen sollte … Naja, möglicherweise wollte der unbekannte Sprayer die gesamte Geschichte des zweiten Weltkrieges noch mit dazu schreiben, stellte aber mitten in der Schreibarbeit fest, dass der Platz auf solchen Schaltkästen leider sehr begrenzt ist.

Ist diese Sache ein Einzelfall? Nein, denn nur wenige Straßenzüge weiter kann man weithin sichtbar lesen „Frei sozial national“. Stört das keinen der Anwohner? Oder haben sie Angst?

Im nächsten Ort gibt es übrigens den nächsten Markierungspunkt des deutschnationalen Wanderwegs. Wenn man in Rockau zum Aussichtspunkt “Sachsens Hiefel” geht und sich dann umdreht, sieht man links in einem Grundstück an einem Fahnenmast die Reichskriegsflagge wehen. Auch schon lange. Laut Rechtslage ist das angeblich nur verboten, wenn es die Variante mit enthaltenem Hakenkreuz ist. Das ist hier nicht der Fall und da kann man also nichts machen. Wer extra einen Fahnenmast in seinem Grundstück aufstellt und dann zufälligerweise ausgerechnet diese Reichskriegsflagge daran hochzieht … könnte man demjenigen eventuell doch ein klein wenig Rechtslastigkeit unterstellen, obwohl er nichts Verbotenes tut? Was dort entlang kommende Touristen anschließend über uns Dresdner denken, kann ich mir jedenfalls gut vorstellen.

8 Comments

  1. Ich wohne ja da oben, bin oft mit Besuchern in Rockau und habe mich schon oft gefragt, ob es eine Reichskriegsflagge ist. Sieht man ja auf die Entfernung nicht ganz eindeutig. Die Frage wäre dann jetzt ja geklärt.
    Das Grundstück ist ja ein eher villenartiges Anwesen, es wäre mal interessant, in Erfahrung zu bringen, wer dort wohnt.
    Im Übrigen glaube ich nicht, dass die Bewohner des Hochlands sonderlich braun angehaucht sind, zumindest geht das nicht aus den Wahlergebnissen hervor, die jeweils der CDU haushohe Mehrheiten beschert haben. Die Inschriften können damit zusammen hängen, dass die ehemalige Tennishalle in Pappritz mehrfach von der NPD als Austragungsort für ihr Sommerfest genutzt wurde (vermutlich als Provokation, da sich diese Halle in unmittelbarer Nachbarschaft zum Haus der Familie Milbradt befindet). Dass es in Pappritz besonders viele Nazis gäbe, stimmt allenfalls auf diese Events bezogen, deren Teilnehmer allerdings kaum Pappritzer gewesen sein dürften.
    Im Übrigen erfreut sich das Hochland eines -im Vergleich zu Dresden- sehr regen kirchlichen Gemeindelebens, sehr aktiver Vereinstrukturen und einer urbanen, gut gemischten Bevölkerung, da es als sehr ländlich geprägtes und zugleich stadtnahes Wohngebiet sehr gefragt ist. Die Erfahrung zeigt, dass derart sozialisierte Regionen recht immun gegen exremistsches Gedankengut sind. Die braunen Hochburgen (sofern man bei 2 gewählten Stadträten überhaupt davon sprechen kann) sind die gleichen wie die der Linkspartei, nämlich Gorbitz, Prohlis, Leuben und die Südvorstadt.
    Dies von einem begeisterten Neu-Highlander zur Ehrenrettung seiner Landsleute 😉

  2. Naja, geklärt ist die Sache mit der Reichskriegsflagge nicht. Ich habe ja kein Foto gemacht (bin gestern nicht dort lang gekommen) und beim letzten Mal vor ein, zwei Wochen hatte ich keinen Fotoapparat mit. Aus der Entfernung sieht es einfach nur sehr danach aus. Und was sollte jemanden dazu bewegen, einen Fahnenmast zu montieren (das verursacht ja Arbeit und Kosten) und dann etwas aufzuhängen, was nur so ähnlich aussieht? Vielleicht komme ich nochmal dort entlang und packe das Teleobjektiv ein …

    Nicht dass das falsch verstanden wird: Ich behaupte nicht, dass alle Pappritzer rechts sind. Das wäre Unfug. Ich kenne selbst mehrere Leute dort und die haben alle was gegen Nazis. Ich kenne auch J. Kaboth, der sich ja gegen die Nazis in Pappritz engagiert hat. Anscheinend ist „Pappritz ist bunt“ aber doch etwas eingeschlafen.

    Es vermittelt einfach nur kein positives Bild, wenn man da entlang kommt. Okay … natürlich kann ich mich da auch selbst kritisieren: Ich habe ja bei der Stadt (Ordnungsamt? Polizei?) auch nichts dagegen veranlasst. Wer übrigens in Rockau in „An der Kucksche 2“ wohnt, war über das Internet nicht ersichtlich.

  3. Womit auch geklärt wäre, das es sich nicht um eine Reichskriegsflagge handelt- es ist die Flagge des Kolonialamtes des Deutschen Reiches bis 1918. Mit Rechtsradikalismus sollte das eigentlich nichts zu tun haben, nur manche ganz doofe wollen damit an die vergangene Größe des deutschen Reiches, eben besonders als Kolonialmacht, hinweisen. Ich bezweifle jetzt mal, das der betreffende Fahnenbesitzer ein beinharter Monarchist ist. Trotzdem finde ich es etwas befremdlich, dass auch hier jetzt in das übliche Nazi- Bashing eingestimmt wird. Das ändert nichts an den Ursachen (oder hat mal irgendwer einen angehenden Nazi davor geschützt, ein richtiger Nazi zu werden? Die Dresdner Theater verbreiten ja aktuell dieses Zitat: „An allem Unfug, der passiert, sind nicht etwa nur die Schuld, die ihn tun, sondern auch die, die ihn nicht verhindern. – Erich Kästner“ – das schlösse auch so etwas ein). Und: sollte eine starke Demokratie nicht auch diese Dummbatze aushalten? Warum nicht mal so: „Ich verachte Ihre Meinung, aber ich gäbe mein Leben dafür, dass Sie sie sagen dürfen.“ – Evelyn Beatrice Hall. So stelle ich mir Demokratie vor!

  4. Mit der aktuellen Situation in Dresden (13. Februar und so) hat das eigentlich gar nichts zu tun. Was würde sich ändern, wenn ich denselben Artikel einige Monate später gebracht hätte? Es ist reiner Zufall, das ich gestern einmal wieder dort entlang kam. Und „Nazi-Bashing“ – na das geht freilich gar nicht! Einfach nur aus einer Modeerscheinung heraus diese eigentlich doch recht sympathischen Leute kritisieren zu wollen … wird meinerseits nicht wieder vorkommen. Zumindest nicht, bis ich nachgewiesenermaßen den ersten Menschen vor dem Abgleiten nach Rechts bewahrt habe.

  5. Als ich den Kasten sah, mit der Aufschrift musste ich an einen Kasten denken der auf der Lommatzscher Straße steht. Gleiche Aufschrift, gleiche Variation, gleiche Handschrift. Dummheit ist leider nicht lokal begrenzbar.

Comments are closed.