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Bundespräsident Wulff erhält unerwartete Hilfe

Gestern Abend durften wir ein journalistisches Highlight erleben, als sich Christian Wulff den bohrenden Fragen von Ulrich Deppendorf und vor allem denen von Bettina Schausten stellen musste. (Ironie Ende)

Leider wird dieses Interview weder in die Annalen des kritischen Fernsehjournalismus eingehen, noch wird es Herrn Wulff in der Liste der „Bundespräsidenten mit Stil“ nach oben katapultieren. Doch dazu später mehr. Was in der Sendung ziemlich genial war: Bettina Schaustens versehentliche Unterstützung für Wulff. Das Thema waren seine kostenlosen Übernachtungen bei Freunden:

15:33 min, Wulff: „Wenn man als Ministerpräsident keine Freunde mehr haben darf und wenn alle Politikerinnen und Politiker in Deutschland ab sofort nicht mehr bei Freunden übernachten dürfen, sondern wenn sie bei den Freunden im Gästezimmer übernachten und nach einer Rechnung verlangen müssen, dann verändert sich die Republik zum Negativen, davon bin ich fest überzeugt und deswegen stehe ich zu diesen sechs Urlauben bei Freunden (…) mit den Freunden (…) da erhebe ich auch keine Rechnung, wenn mich die Freunde in Berlin besuchen.“

16:06 min, Schausten: „Aber da hätten sie natürlich auch sagen können, ich geb euch mal pro Nacht 150 Euro, was spricht dagegen?“

Wulff: „Machen Sie das bei Ihren Freunden?“

16:14 min, Schausten: „Ja!“

Wie bitte? Bettina Schausten gibt ihren persönlichen Freunden Geld (und dann auch noch so viel), wenn sie bei denen privat übernachtet? Beim ZDF scheint man ja in erstaunlichen finanziellen Sphären zu leben, wenn man so mit Geld um sich werfen kann. Und da konnte man Christian Wulff schon Recht geben, als er darauf antwortete: „Dann unterscheidet Sie das von mir in dem Umgang mit den Freunden.“

Das dürfte wohl ein wenig nach hinten losgegangen sein, Frau Schausten! Klarer Pluspunkt für Wulff (zumindest an dieser Stelle). Im Netz kursierten bald die ersten Schausten-Witze – z.B. ob sie da 19 oder 7% Mehrwertsteuer berechnet – bei Facebook und Twitter hat man ein neues Thema und vielleicht hat Wulff damit die Phase der über ihn gemachten Witze überstanden.

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Und noch etwas zu Wulff, der sich in dem Interview ansonsten nicht gerade mit Stil bekleckerte: Er hatte leider eine schwere Kindheit, zumindest deutete er etwas mit „schwierige Kindheit“ an (4:58 min), man muss (3.15 min) sein Verhalten mit den Telefonanrufen auch menschlich verstehen, denn er hatte so viel zu tun, er war gerade im Ausland … 4 Länder in 5 Tagen … immer 10 Termine am Tag, da wollte er sich in einer Schutzfunktion vor die Familie stellen (an wen erinnert uns das nur?), man fühlt sich da ja auch ganz hilflos, sein ganzes Dorf war aufgeschreckt …

Hinzu kommt noch, dass er ja regelrecht überfallen wurde mit diesem Amt des Bundespräsidenten und hier auch erst einen Lernprozess durchmachen musste (5:25 min): Er ist sehr schnell vom Ministerpräsidenten zum Bundespräsidenten gekommen – ohne Karenzzeit! – und ohne Vorbereitung, er zog sogar von Hannover nach Berlin …

Der arme Mann! Nach diesem Interview dürfte dem Letzten klar geworden sein: Mit Christian Wulff möchte man nur ungern tauschen und man kann sich kaum noch vorstellen, dass jemand freiwillig diesen Job des Bundespräsidenten machen möchte. Darauf wies Wulff dann auch noch hin: Man müsse ja regelrecht froh sein, wenn sich unter diesem Bedingungen überhaupt noch jemand dafür findet!

Eine weitere Analyse des Interviews erspare ich mir, denn das Internet wird heute voll damit sein. Hier noch ein interessantes Interview mit Friedrich Küppersbusch zu dem Themenkomplex „Christian Wulff, das Verhalten von BILD und sonstigen Journalisten“ und der Frage, ob man einen Bundespräsidenten überhaupt benötigt? Und ein ebenfalls zum Thema passendes Video:

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