Fragen zum Schlichterspruch Heiner Geißlers

1. Ist ein Schlichterspruch wirklich bindend?

Nachdem gestern die S21-Gegner weitere Proteste ankündigten, erschienen bald Meinungen, dass die Gegner schon zur Kenntnis nehmen sollten: Wer sich auf ein Schlichtungsverfahren einlässt muss auch das Urteil akzeptieren. Andere Kommentatoren meinten, nein – so richtig bindend sei das gar nicht … Aber wenn nicht – warum hätte man es dann überhaupt durchführen sollen? Was stimmt nun?

2. Wenn Geißler nun Veränderungen am Projekt fordert – darf er das eigentlich? Darf ein Schlichter das eigentliche Streitobjekt verändern?

3. „Einen alten Baum verpflanzt man nicht“, war mein erster Gedanke, als ich seine Forderung las, „nur die Bäume, die in der nächsten Zeit ohnehin absterben würden, sollten gefällt werden dürfen. Alle anderen müssten umgepflanzt werden.“ (Zitat SZ, 30.11.) Soweit ich das von den Bildern her beurteilen kann (ich war noch nie in Stuttgart), handelt es sich um ziemlich große Bäume. Rein technisch wird man es sicher schaffen, auch solche Gewächse mit ihren riesigen Wurzelballen ausgraben und transportieren zu können, aber allgemein raten Botaniker doch davon ab, so etwas zu tun, weil die meisten Bäume es nicht überleben. Wie soll das also funktionieren, bzw. wie durchdacht ist eine solche Forderung?

Ich habe übrigens keine Pro/Kontra-Meinung zu S21. Es gibt mehrere (jeweils ernstzunehmende) Pro- und Kontra-Argumente. Ich war immer der Meinung, dass die Stuttgarter das selbst entscheiden sollen. Aber das waren die spontanen Fragen, die mir bei der gestrigen Nachricht sofort durch den Kopf schossen.

3 Comments

  1. So weit, ich das gelesen habe, ist der Schlichterspruch nicht bindend. Es ging ja eher ums Streitschlichten, als um etwas an den Entscheidungen zu verändern.

    Ich denke, die Idee dahinter war, die Krawalle bzw. die hochgekochte Stimmung etwas zu besänftigen.

    Das mit den Bäumen ist wahrscheinlich ungefähr so wie, wenn an der WS-Brücke ein Pfeiler verändert wird oder eine Wiese nicht berührt werden soll, weil … usw. usf.

    Ich denke, dass Ding war von Anfang an durch und wie das mit dem Bürgerentscheid lief bzw. ob’s den gab oder nicht oder hätte geben sollen, ist mir auch schon wieder entfallen. Spielte auch keine Rolle … die Regierung will (und kann) auch gar nicht vom Gesamtprojekt abrücken, mal abgesehen von evtl. finanziellen Schadenforderungen seitens der Bauunternehmer usw. usf.

    Jedenfalls denke ich, dass bei solchen Sachen allgemein nichts Neues rauskommt, außer, dass die Regierenden merken, dass sich eine Stimmung ergeben hat, die für die Zukunft zu beachten ist. Ob das nun zu mehr oder weniger Transparenz führen wird, bleibt abzuwarten.
    Parlamentarische Demokratie heißt ja nicht, dass der Bürger Sachentscheidungen fällen darf, sondern dass jene, die von der wählenden Mehrheit bestimmt worden, dies tun … von da an hat der Bürger auch im Grunde nichts mehr zu sagen. Das mag man nun gut oder schlecht finden, letztlich ist es wohl einfach so 😉

  2. Ich glaube nicht, dass eine Schlichtung nur „Streitschlichtung“ erzielen will. Diese Bezeichnungen sind schon einigermaßen rechststaatlich genormt und haben auch bestimmte klare Ziele und Auswirkungen. Aber wie gesagt: Ich habe da letztlich keine Kenntnisse.
    Dass die Stimmung besänftigt werden sollte, denke ich auch, aber H. Geißler ist ja eigentlich schon lange nicht mehr ganz CDU-kompatibel, insofern hatte ich schon das Gefühl, das seinerseits ein ehrliches Interesse an einer sinnvollen Lösung vorhanden war. Womit ich natürlich auch falsch liegen kann …

    Parlamentarische Demokratie heißt ja nicht, dass der Bürger Sachentscheidungen fällen darf, sondern dass jene, die von der wählenden Mehrheit bestimmt worden, dies tun … von da an hat der Bürger auch im Grunde nichts mehr zu sagen. Das mag man nun gut oder schlecht finden, letztlich ist es wohl einfach so

    Ich merke auch an mir, dass ich als Bürger solche Themen wie S21 oder auch nur die Sanierung beispielsweise der Schandauer Straße in Dresden unmöglich fachlich kompetent beurteilen könnte. Ein paar Sachen muss man wohl doch den Fachleuten überlassen, natürlich mit Kontrollmöglichkeiten durch Bürger und Gremien. Und solange uns keine bessere Lösung einfällt, werden wir wohl mit diesem Kompromiss zurecht kommen müssen.

  3. Hmmm, naja, … also selbst ich als WSB-Nichtbefürworter (nicht -Gegner :)), der eher einen Tunnel als sinnvoll angesehen hätte, hätte bei einer vergleichbaren Schlichtung nicht angenommen, dass sich hier etwas grundsätzlich ändern würde.
    Das war in Stutgart auch nie das Ziel, denke ich. Das wusste auch Heiner Geißler und zudem ist er zwar ein wohl eher untypischer CDU-ler, doch sich gegen die CDU stellen, mit samt der Bundesebene, braucht(e) man wohl nicht erwarten …
    Da wären Unparteiliche besser geeignet dafür … meinetwegen einen Komiker mit Moderatorqualitäten. Hape Kerkeling wegen mir 😉

    Fachliche Kompetenz ist auch relativ zu sehen, mitunter werden Bauprojekte auch durchgezogen, ohne dass alle Ämter zustimmen oder es gibt noch keine Entscheidung.
    Mal ganz nüchtern ausgedrückt, wo man vollendete Tatsachen schaffen kann, wird es gemacht. Das mag manchmal gut sein, manchmal weniger gut.

    Übrigens haben die Stadtratsmitglieder häufig nicht mehr oder weniger Kompetenz als du, zudem bei 50-70 TOPs … wie soll das einer verstehen können?

    Hinzukommt latenter Fraktionszwang (ja, offiziell mit Fraktionsdisziplin betitelt ;)) und gewisse Grundprämissen der einzelnen Parteien … ganz simpel „FDP … mehr Freiheit für Wirtschaft“, „B-Grüne … rettet jeden Baum“, „LINKE … sozial muss es sein“ und „CDU … die Wirtschaft muss profitieren und die Mehrheit muss es zumindest nicht nicht wollen“ 😉 … einzig die SPD schwankt immer mal zwischen allen, was ich sympathisch finde, ihr jedoch häufig als fehlendes Profil ausgelegt wird. Tja, so ist das eben in der Politik 😉

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