|

AG Stadtdokumentation

Pünktlich zum bevorstehenden Jahresende überlegte ich auch diesmal wieder, ob ich mich nicht doch von bestimmten Sachen trennen sollte. In bestimmten Schubfächern finde ich immer Dinge, von denen ich vor Jahren meinte, sie wären zu schade zum Wegwerfen, obwohl ich damals schon ahnte: Eine SCSI-Karte für den PC werde ich definitiv nie wieder brauchen, genau wie auch die anderen PCI-Steckkarten. Oder meine Dias. Kann ich mir nicht mehr ansehen, mangels Technik. Lohnt sich die Digitalisierung? Eines Tages werde ich auch sie entsorgen. Ganz unten in diesem Schrank lagen seit Jahren drei Schachteln mit 18x24cm-Schwarzweißfotos. Mit alten Aufnahmen von Dresden, die kurz nach der „Wende“ entstanden. Von denen habe ich mich nun endlich einmal verabschiedet. Sie liegen jetzt unten im Restmüll.

Anfang der 90er hatte jemand die Idee, angesichts der sich anbahnenden Veränderungen noch so viel wie möglich vom aktuellen Zustand Dresdens fotografieren zu müssen. Er suchte Mitstreiter und fand im Fotostudio des Riesa efau Unterstützung. Andreas Seeliger leitete es damals. Ich fand die Idee ziemlich gut und kam mit dazu. Nachdem wir einige Wochen lang Treffen abhielten und manche sogar die ersten Fotos mitbrachten, über die wir lang und breit debattierten, bekam ich das Gefühl, so würden wir nie zum Ziel kommen. Ich zog also los und begann mit der Fotografiererei. Zunächst wollte ich meine damalige Heimat Striesen abarbeiten und durch eine Laune nahm ich mir auch die Grundstraße mit vor. Eigentlich wollte ich Haus für Haus vorgehen, aber vielleicht waren manche Häuser zu uninteressant, denn gerade bei der Grundstraße hatte ich deutliche Lücken. Jedenfalls kam ich zum nächsten Treff und präsentierte stolz meine 3 Schachteln mit selbst entwickelten Bildern. Die Begeisterung hielt sich erstaunlicherweise in Grenzen. Andreas meinte, da hätte ich aber durchaus noch etwas an den Kontrasten arbeiten können. Ich muss damals leicht perplex reagiert haben. Denn jeder, der schon einmal in einer Dunkelkammer gearbeitet hat weiß, dass man einen Film mit 36 Bildern nicht so an einem Abend durchreißt. Ich meinte damals, ich könne doch bei 6 Filmen nicht noch endlos Tonwertverteilungen optimieren und bei jedem Bild den Himmel abwedeln* – das würde ja ewig dauern. Ja, aber doch, schon, wurde mir gesagt. Daraufhin hielt sich meine Begeisterung in Grenzen. Das Ganze hatte mich wirklich viel Zeit gekoste, ich musste immerhin nebenbei noch arbeiten gehen und das Schlimmste war, dass ich wiederholt von Einheimischen als „Wessi“ beschimpft wurde, weil ich Immobilien fotografierte. Das war mein letzter Besuch bei der AG Stadtdokumentation Dresden. Leider waren es auch meine letzten Fotos. Ich hätte es vielleicht doch noch etwas weiter führen können.

(*lohnt sich nicht, hier Methoden der Dunkelkammerarbeit zu erklären. Braucht man heute nicht mehr. Existiert aber noch als Werkkzeug in Photoshop. )

Heute kann ich sagen: Ganz Unrecht hatte Andreas nicht. Richtig gute SW-Fotos sehen besser aus. Aber die Zeit hätte ich nicht gehabt. Damit man im Zeitalter der Digitaltechnik eine ungefähre Vorstellung bekommt: 6-8 halbwegs gut entwickelte SW-Fotos an einem Abend waren für einen Profi bereits die Grenze zur Schlamperei.

Wie gesagt: Die drei Schachteln lagen seitdem sinnlos herum. Weg damit!

Natürlich nicht, ohne sie vorher gescannt zu haben. Was mache ich nun damit? Ich kann sie ja hier gelegentlich veröffentlichen. Man könnte jedes Haus seinem heutigen Anblick gegenüberstellen, aber ich habe das Gefühl, dass da bereits wieder juristische Fallen lauern: „Bei uns ist eingebrochen worden. Das wurde erleichtert, weil so ein Trottel ein Bild unseres Hauses ins Netz gestellt hat!“ Vielleicht sollte ich nur die alten Ansichten zeigen? Ob da auch schon etwas passieren kann? Weiß das jemand?

Oder ich gebe sie der AG Stadtdokumentation, die heute immer noch existiert. Mal sehen.

Eine kleine Kostprobe von meinen Bildern? Naja, wenn’s sein muss … Immerhin kann man an den alten Bildern sehr schön sehen, wie sich auch hier in Dresden die blühenden Landschaften entwickelt haben. Vor allem, wenn man die alten Bilder mit den heutigen Ansichten vergleicht. Ein wahllos herausgegriffenes Beispiel:

Nach Jahrzehnten des Verfalls erstrahlt es heute in …

… naja. War wohl doch kein so gutes Beispiel.

22 Comments

  1. Das tut mir fast jeden Morgen weh, wenn ich über das Blaue Wunder zum Bäcker am Körnerplatz fahre. Ich wollte schon mal ein Transparent aufhängen: »Eigentum verpflichtet!« …

  2. ich fände es sehr spannend hin und wieder bilder aus der zeit zu sehen, leider ist in der zeit so viel passiert, dass einem manche dinge einfach abhanden gekommen sind … so nebenbei verschwanden umliegende objekte, wurden abgerissen, saniert etc. und man selbst befand sich in er umstrukturierung und orientierung und bemerkte erst später was alles derweilen drumherum um einen passierte, unwiederbringliche kindheitserinnerungen verschwanden, man konnte sie nicht mehr im kopf abspeichern

  3. Idee: Jeden Tag ein (altes) Bild. Da freuen wir uns RSS-Abonennten.

    Wenn es krasse Verwandlungen (zum Schönen, oder zum Kommerziellen hin) hin gibt, kann man ja das heutige Pendant mit abbilden.

  4. kenn ich!
    kenn ich!

    hab ich schon viel Bier dort getrunken………

    aber wenn dann irgendwann mal fertig —> nüschd mehr mit Bier und Elbeguggen……………….

    grussi……….

  5. kenn ich!
    kenn ich!

    hab ich schon viel Bier dort getrunken………

    aber wenn dann irgendwann mal fertig —> nüschd mehr mit Bier und Elbeguggen……………….

    grussi……….

  6. Ich werde die Bilder in der nächsten Zeit erst einmal eindeutig zuordnen (teilw. fehlende Hausnummern). Vielleicht mache ich dann auch immer ein Vergleichsbild des aktuellen Zustandes. Das werde ich aber in einer Zeit erledigen, wenn kein Schnee liegt, damit es ein ähnlicher Eindruck wird.

  7. Ich werde die Bilder in der nächsten Zeit erst einmal eindeutig zuordnen (teilw. fehlende Hausnummern). Vielleicht mache ich dann auch immer ein Vergleichsbild des aktuellen Zustandes. Das werde ich aber in einer Zeit erledigen, wenn kein Schnee liegt, damit es ein ähnlicher Eindruck wird.

  8. Ja, das kenne ich von Berlin auch sehr gut, wahrscheinlich ist es hier sogar noch schlimmer mit den Veränderungen. Da kommt man nach Jahren an einen bekannten Platz mal wieder vorbei und glaubt kaum das man den schon kennt, denn vor Jahren sah der viel anders aus, und doch hat da ein hochbezahlter, berühmter Architekt ein Kleinod mit baumlosen Platz umsäumt von seelenlosen Glas-Stahl-Büro-Konstruktionen geschaffen, die auch noch leer stehen weil es in Berlin zu viele Büroräume gibt.

  9. Ja, das kenne ich von Berlin auch sehr gut, wahrscheinlich ist es hier sogar noch schlimmer mit den Veränderungen. Da kommt man nach Jahren an einen bekannten Platz mal wieder vorbei und glaubt kaum das man den schon kennt, denn vor Jahren sah der viel anders aus, und doch hat da ein hochbezahlter, berühmter Architekt ein Kleinod mit baumlosen Platz umsäumt von seelenlosen Glas-Stahl-Büro-Konstruktionen geschaffen, die auch noch leer stehen weil es in Berlin zu viele Büroräume gibt.

  10. Ach und das Fotografieren von gebäuden ist – glaube ich – so weit zulässig wenn du es von öffentlichen Plätzen aus machst, also von der Straße. Nicht gestattet sind – so weit ich weiß – Leiter an Zaun/Mauer stellen um in das Grundstück hinein zu fotografieren und natürlich sich auf das Grundstück begeben um dort zu fotografieren. Das wäre dann Hausfriedensbruch. Wenns nicht anders geht kann man ja auch mal den Besitzer fragen und ihn eine schöne Kopie des Hauses anbieten.

  11. Ach und das Fotografieren von gebäuden ist – glaube ich – so weit zulässig wenn du es von öffentlichen Plätzen aus machst, also von der Straße. Nicht gestattet sind – so weit ich weiß – Leiter an Zaun/Mauer stellen um in das Grundstück hinein zu fotografieren und natürlich sich auf das Grundstück begeben um dort zu fotografieren. Das wäre dann Hausfriedensbruch. Wenns nicht anders geht kann man ja auch mal den Besitzer fragen und ihn eine schöne Kopie des Hauses anbieten.

  12. Danke für den Hinweis! Mir hat das inzwischen jemand so ähnlich erklärt, da er das Problem von Google Street View kannte: Die dürfen keine Fotos machen, wenn die Kameras auf diesen Fahrzeug-Dachaufbauten befestigt sind, weil das genau den von Dir beschriebenen Effekt hätte „Leiter an Zaun/Mauer stellen um in das Grundstück hinein zu fotografieren“.

  13. Danke für den Hinweis! Mir hat das inzwischen jemand so ähnlich erklärt, da er das Problem von Google Street View kannte: Die dürfen keine Fotos machen, wenn die Kameras auf diesen Fahrzeug-Dachaufbauten befestigt sind, weil das genau den von Dir beschriebenen Effekt hätte „Leiter an Zaun/Mauer stellen um in das Grundstück hinein zu fotografieren“.

  14. In dem Zusammenhang fällt mir noch eine andere Problematik ein, die verstärkt nach der Wende auftrat: nämlich die Luftfotografien von Gebäuden. Da sind doch ständig Leute vorbei gekommen die Fotos mit deinem Gebäude mit Hubschrauber oder Flugzeug fotografiert verkaufen wollten. Das war/ist doch nicht legal, oder? Weißt du da Näheres?

  15. In dem Zusammenhang fällt mir noch eine andere Problematik ein, die verstärkt nach der Wende auftrat: nämlich die Luftfotografien von Gebäuden. Da sind doch ständig Leute vorbei gekommen die Fotos mit deinem Gebäude mit Hubschrauber oder Flugzeug fotografiert verkaufen wollten. Das war/ist doch nicht legal, oder? Weißt du da Näheres?

Comments are closed.