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Herpetologischer Jahresrückblick 1, Tiererfassung

Da kann ich leider gleich vorweg nehmen: Ein ganz schlechtes Ergebnis. Ich habe nichts beigesteuert. Allerdings lag es auch daran,  dass meine Motivation gleich zum Jahresbeginn sehr gedämpft wurde.

Es gab seit Jahren in Dresden die Fachgruppe Feldherpetologie, deren Mitglieder sich um die Erfassung von Amphibien- und Reptilienbeständen kümmerten. „Mitglieder“ zu sagen, ist eigentlich falsch, denn man trat da nicht ein und war offizielles Mitglied mit Ausweis und Vereinsbeitrag und ähnlichem, sondern das war immer ein loser Haufen von Gleichgesinnten, die sich auch gar nicht alle kannten. Aber gerade das hatte mir immer gefallen. Ich war noch nie ein Freund von Vereinsmeierei. Die Arbeit bei den Feldherpetologen funktionierte so: Man traf sich bestenfalls ein Mal im Jahr und gab ansonsten einfach nur Funddaten von Tieren weiter, die man zufällig entdeckt oder zielgerichtet gesucht hatte. Der Sinn der Sache war, zu erfahren, wo welche Arten überhaupt vorkommen und wie gesichert diese Populationen jeweils sind. Daraus entstehen übrigens genau die Daten, mit denen man später je nach Veranlagung kommunale Projekte verhindern oder gerade auch befürworten kann. Ich will hier nicht schon wieder mit einem berühmten Dresdner Bauwerk kommen, aber nur mal so als Beispiel: Vor einigen Jahren kam im Fernsehen ein Beitrag, in dem gezeigt wurde, wie Naturschützer in Hessen den Bau einer Autobahnbrücke über ein Tal verhindern wollten, weil darunter ein Teich lag, in dem Kammmolche lebten. Die Begründung der Naturschützer war übrigens reichlich idiotisch: Der Teich dürfe nicht weggebaggert werden, weil man zur Zeit noch ein Projekt laufen habe, in welchem man die Tiere immer fangen und für Wiedererkennungszwecke fotografieren würde, da hingen also auch Arbeitsplätze dran … So soll er sein, der Naturschutz! Uneigennützig eben. Jedenfalls wurde die Gegenseite von niemand geringerem als Roland Koch persönlich vertreten. Er wedelte mit einem A4-Blatt vor den Kameras herum. Eine Deutschlandkarte, grob in 50x50km große Quadrate gerastert. Viele dieser Quadrate enthielten schwarze Punkte. Kam mir sehr bekannt vor: Eine Tier-Kartierung. Und richtig – Herr Koch erklärte, diese schwarzen Punkte zeigten, wo es in Deutschland überall Kammmolche gäbe. Laut schwarzer Punkte eigentlich überall. Man stolpert praktisch ständig über diese Tiere. Da käme es doch auf diesen einen Teich nicht so an – so Herr Koch. Klang überzeugend. Begeistert war ich von den Herren und Damen Naturschützern, die darauf nichts zu entgegnen wussten. Denn ich wusste, dass so ein schwarzer Punkt auch verzeichnet wird, wenn man in dem betreffenden Gebiet in den letzten 50 Jahren auch nur einen einzigen Fund der Art hatte, und dazu reicht bereits ein Totfund. Wo kein Punkt ist, kann umgekehrt auch nur noch niemand gesucht haben. Letztlich sagt eine solche Karte also nicht allzu viel aus. Aber man sieht an diesem Beispiel, dass man sie prima für dies und das ausnutzen kann.

Dass wir solche Dinge mit unseren Erfassungen unterstützten, war mir immer klar. Aber deshalb keine Erfassungen vorzunehmen, wäre auch falsch. Ich finde es schon wichtig, dass man wissen sollte, was um einen herum alles lebt.

Jedenfalls wollte ich dieses Jahr etwas systematischer vorgehen. 2 Dinge wollte ich verbessern: 1. vermeiden, dass ich nur Biotope besuche, die schon von anderen mit erfasst werden und 2. solche mit besuchen, die in meinem Einzugsbereich liegen, aber von niemandem besucht werden. Da das immer über das Jugendökohaus lief, fragte ich dort an und erfuhr: „Die Feldherpetologie? Ach – die gibt’s doch gar nicht mehr. Macht doch niemand mehr mit …“ Es wäre nur noch eine Frau dabei, die gerade irgendwo eine passende Stelle und damit die nötige Zeit hätte, aber ansonsten … Ich könne aber gern wie üblich Funde melden.

Einer der Gründe für das Verschwinden von Mitgliedern war paradoxerweise ein zu aktives Mitglied. Es war mir selbst mehrfach passiert, dass ich früher etwas meldete oder fragte, ob ich mal folgenden Ort besuchen solle und dass ich dann hörte: „Ach, der Tümpel … ja, den hat der J. auch bereits mehrfach besucht. Und, nein, zu dem Gebiet brauchst Du nicht zu fahren, J. ist da schon gewesen.“ Das motivierte natürlich nicht gerade, noch einmal irgendwohin zu fahren, wenn ein Anderer sowieso immer schon eher da war. Zumal ich das alles früh vor der Arbeit erledigen musste, während J. in einem selbstgegründeten 1-Mann-Institut arbeitete und den ganzen Tag für solche Dinge Zeit hatte. Anscheinend ging es noch anderen so. Und blöd war, dass sich eines Tages, als J. das nicht mehr machen konnte herausstellte: Er hatte alle seine Daten nie in eine auswertbare Datenbank eingefügt, sondern es lag alles nur auf Zetteln vor. Und es gab niemanden, der die Zeit hatte, das alles auszuwerten.

Nun ja. Irgendwie müsste man sich für das nächste Jahr vornehmen, die Sache noch einmal neu anzuschieben und öffentlich bekannt zu machen. Wobei „müsste“ und „man“ natürlich bereits die falschen Ansätze sind.

2009-11-15_grasfrosch
Grasfrosch, rufendes Männches im Frühjahr