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Ein absehbar abgelehntes Bürgerbegehren

Momentan läuft eine Stadtrat-Sondersitzung, bei der darüber beraten wird, ob das Bürgerbegehren zur Frage „Tunnel am Waldschlösschen statt Brücke?“ zulässig ist. Meiner Meinung nach ist es absehbar, dass es abgelehnt werden wird. Einen Bürgerentscheid darüber, ob wir in Dresden lieber einen Tunnel unter der Elbe statt der Waldschlösschenbrücke haben möchten, wird es also wahrscheinlich nicht geben. Nachher werden sich Brückengegner sicher große Verschwörungen seitens CDU und FDP da hinein deuten, aber es ist selbst verschuldet. Man sollte vorher einfach genau überlegen, was man in die Texte hineinschreibt, auf deren Basis anschließend Unterschriften gegeben werden. Wenn ein solcher Text zu auslegbar oder gar widersprüchlich ist, kann man ein damit verlangtes Bürgerbegehren nicht genehmigen.

Wenn man sich den Text durchliest, fallen mehrere kritikwürdige Aussagen auf:

Renommierte Tunnelplaner belegen, dass eine durchgängige Tunnellösung nicht teurer sein muss
Das ist keine Falsch-, sondern einfach eine Nullaussage. „Nicht teurer sein muss“ bedeutet noch lange nicht „wird definitiv nicht teurer. Doch hiermit wird dem Unterschreibenden suggeriert, dass die Kosten nicht höher liegen werden. Später im Text werden zusätzliche ca. 2 bis ca. 29 Mio. € erwähnt. Na was nun? Wird es doch teurer? Wenn man lediglich bedenkt, dass der momentan als Tunnel geplante Teilabschnitt bereits den höchsten Anteil der Baukosten ausmacht, sollte man schon davon ausgehen.

und sogar geringere Betriebs- und Wartungskosten entstehen.
Das ist eine klare Falschaussage. Die geplanten jährlichen Wartungskosten für die aktuell geplante Brücke/Tunnel-Kombination belaufen sich auf ca. 370.000 € im Jahr. Der Wert ist nicht exakt, das ist jetzt nur so aus dem Gedächtnis. Aber so in der Größenordnung war’s. Jedenfalls fallen dabei wieder ca. 300.000 nur für den Tunnelabschnitt an. Wie soll ein Volltunnel da billiger werden?

Entsprechend der Zusage des Freistaats Sachsen werden durch diesen 90 % der förderfähigen Kosten des Verkehrszugs (etwa 96 Mio. Euro) gefördert.
Das ist insofern falsch, weil es diese Fördermittel nicht für den Verkehrszug (egal, in welcher Ausführung) gibt, sondern nur für seine konkret geplante Ausführung als Brücke.

Bereits erbrachte Bauleistungen, soweit sie nicht das Brückenbauwerk betreffen, bleiben grundsätzlich weiter nutzbar.
Das ist auch falsch. Es geht konkret um die für die Brücke notwendigen Tunnelzuführungen, die man laut Tunnelbefürwortern ohne große Veränderungen gleich mit nutzen könnte. Und das dürfte so nicht funktionieren. Der Tunnel unter der Elbe läge einfach zu tief, so dass die Tunnelzuführungen weiter hinab müssten und auch die Ausfahrten verlegt werden müssten. Man kann sich noch mit weiteren Details befassen, z.B. dass Minister Tiefensee in Aussicht gestellt hätte, Mehrkosten des Tunnelbaus zu übernehmen (Tiefensee stellte zwar damals etwas in Aussicht, allerdings standen im Text an den entscheidenden Passagen immer nur Wörter wie „hätte, könnte“ statt „ist, wird“. Seine Sprecherin dementierte daraufhin, dass es solche Fördermittel gäbe).

Inzwischen haben die Tunnelfreunde sich von einer Anwaltskanzlei bestätigen lassen, dass ihr Bürgerbegehren doch rechtlich zulässig sei. Nun ja, was sollten die Anwälte auch anderes auf die 84 Seiten schreiben? Ich habe noch nie von einem Anwalt gehört, der behauptete, „mein Mandant ist im Unrecht“. Dieses Schreiben sagt insofern zunächst gar nichts aus. Und seit wann entscheiden Anwaltskanzleien über Bürgerbegehren? Aber verbieten kann man das andererseits auch niemandem. Die Gegenseite hätte sich nicht anders verhalten.

Na, mal sehen, was der Stadtrat verkündet.