|

Energiewende: Reicht die weltweite Jahresproduktion von Akkus für eine Woche Stromspeicherung in Deutschland?

In Diskussionen zum Thema Energiewende kommt man fast immer auch auf das Problem der Stromspeicherung und der dafür fehlenden Speichertechnologien. Anhänger der Energiewende bringen inzwischen immer öfter das Argument, man könne doch ganz normale Akkus einsetzen. Es sei längst kein Problem mehr, sich im Eigenheim einen solchen größeren Akku einbauen zu lassen, um Strom aus der eigenen Solaranlage auch nachts nutzen zu können. Stimmt – das funktioniert. Aber kann man das auch auf ein komplettes Land übertragen?

Wie viele Akkus würde man benötigen, um in Deutschland Stromausfälle zu überbrücken, die nach einer Umstellung auf 100% „Erneuerbare“ Energie entstehen würden? Wind und Sonne als wichtigste Quellen sind bekanntlich nicht ständig verfügbar. Allgemein geht man davon aus, dass man für Zeiten mit wenig Wind und Sonne sicherheitshalber wenigstens drei Wochen Speicherkapazität einplanen muss. Ich gehe hier einmal vereinfacht von nur einer Woche aus.

Wie viele Akkus würde man also benötigen, um eine Woche Strommangel in Deutschland zu überbrücken? Um ein Ergebnis anzugeben, unter dem man sich etwas vorstellen kann, soll hier ganz einfach nur untersucht werden: Reicht die aktuelle weltweite Jahresproduktion von Lithium-Ionen-Akkumulatoren dafür?

Meine Berechnung soll nur einen groben Überschlag zeigen. Hier wird z.B. nicht hinterfragt, ob die weltweiten Vorkommen und Fördermengen von Kobalt und Lithium überhaupt reichen und wie sich höherer Bedarf auf deren Preise auswirken würden. Für exakte Berechnungen müsste man auch Aspekte wie den Wirkungsgrad von Akkus sowie ihre Selbstentladung und Alterung berücksichtigen. Zu bedenken wären noch Hitzeprobleme und der Energiebedarf für die Kühlung der Gebäude mit den Akkus. Auch die Energie für Produktion und Entsorgung müsste mit betrachtet werden. All das soll hier unbeachtet bleiben, es würde das Ergebnis verschlechtern. Das folgende soll nur eine vereinfachte Überschlagsrechnung werden.

Welche Fakten brauchen wir dafür?

  1. Den durchschnittlichen Strombedarf Deutschlands für eine Woche. Da dieser Wert eine Strommenge in kWh ist, kann man ihn vereinfacht gleich als Wert für die benötigte Akku-Kapazität verwenden
  2. Die Jahresproduktion von Lithium-Ionen-Akkus. Dieser Akku-Typ ist der momentan leistungsfähigste, der auch in Massenproduktion herstellbar ist.

Wie hoch ist der Strombedarf Deutschlands für eine Woche? Der Nettostromverbrauch in Deutschland lag in den letzten Jahren immer ungefähr bei 520 Terawattstunden (520 TWh/a). Pro Woche ergibt das rund 10 TWh.

Eine Terawattstunde sind 1000 Gigawatt, wir benötigen also in Deutschland 10.000 GWh Elektroenergie für eine Woche, also auch genauso viel Akkukapazität. Wie schon erwähnt: Eigentlich benötigen wir mehr (Wirkungsgrad usw.), aber das soll hier unberücksichtigt bleiben.

Wie viel Akkukapazität wird weltweit produziert? Dafür gibt es ein anschauliches Beispiel. In den USA entsteht gegenwärtig die „Tesla Gigafactory“, welche künftig hauptsächlich für den Elektroautohersteller Tesla Motors Akkus produzieren soll. Über diese Produktionsstätte wird in Wikipedia ausgesagt, dass es ihr Ziel ist, jährlich Zellen mit 35 GWh Gesamtkapazität herstellen zu können. Die geplante Produktion von 35 GWh Zellen pro Jahr wäre damit größer als die gesamte weltweite Produktion im Jahr 2013.

Als Quelle dafür findet man im Wikipedia-Artikel eine Präsentation von Tesla Motors:

Akkuproduktion weltweit
Quelle: Tesla Motors – https://goo.gl/fVSoCx

Die Produktion könnte seitdem noch etwas gestiegen sein (siehe Update im Anhang), aber das ist der aktuellste verfügbare Wert. Ob es nun 33 oder 34 GWh waren, ist aus der Grafik so exakt nicht ablesbar – rechnen wir hier mit 35 GWh.

Aber eigentlich braucht man an dieser Stelle gar nicht erst weiter zu rechnen: 35 GWh jährlich produzierter Akkukapazität kontra 10.000 GWh benötigter für nur eine Woche in nur einem Land – was daran nicht stimmt, sieht man sofort. Aber gut, rechnen wir zu Ende – deutscher Wochenbedarf durch globale Jahresproduktion. Das Ergebnis lautet 285. Das bedeutet:

Man würde fast 300 mal die weltweite Jahresproduktion von Lithium-Ionen-Akkumulatoren benötigen, um in Deutschland für nur eine Woche Strom speichern zu können.

Es ist überflüssig, hier abschätzen zu wollen, wie weit die aktuelle Jahresproduktion seitdem gestiegen ist. Man könnte auch optimistisch die Gigafactory schon als bald voll funktionsfähig mit einplanen. Vielleicht wurden seit 2013 auch bessere Technologien eingesetzt. Dann sind es vielleicht nur noch superoptimistische 100 Jahre, die der gesamte Planet auf sämtliche Akkus verzichten müsste, nur damit diese eigenartigen Deutschen mit ihrem Hobby „Energiewende“ eine Woche Windstille und wolkenbedeckten Himmel überstehen. Aber nur eine Woche ist ohnehin zu knapp angesetzt. Es kommt noch dazu, dass Akkus nur einige Jahre halten – wenn wir hier optimistisch 10 Jahre ansetzen und Alterungseffekte ignorieren, kommt die weltweite Produktion so oder so niemals hinterher. Und da reden wir noch gar nicht davon, dass eine Energiewende weltweit und nicht nur in dem relativ kleinen Deutschland stattfinden müsste.

Ja: Es wird an neuen und verbesserten Speichertechnologien geforscht. Vielleicht wird eines Tages jemand eine geniale Idee haben. Aber momentan absehbare Ergebnisse, die auch massentauglich sind, gibt es nicht. Akkus als Stromspeicher für die deutsche Energiewende einsetzen zu wollen, ist weltfremd. Und falls nun jemand das übliche Argument bringt, man könne diese Technologie doch mit anderen Speichertechnologien kombinieren: Nein, das funktioniert auch nicht. Denn bei der einzigen anderen verfügbaren Speichertechnologie „Pumpspeicherwerk“  sieht es ähnlich schlecht aus.


letztes Update, August 2022: Die zehn größten Hersteller von Li-Io-Akkus produzierten 2021 weltweit Akkus mit insgesamt 270,8 GWh Speicherkapazität. Damit brauchen wir nur noch 37 Jahresproduktionen. 

12 Comments

  1. Schwant Merkel etwas ?

    Es sei hier noch mal auf den Vortrag von Hans-Werner Sinn am 16.12.2013 hingewiesen:
    Energiewende ins Nichts.
    Seinen Ansichten über den anthropogenen Treibhauseffekt teile ich zwar nicht. Aber seine Ausführungen zur Problematik der Energiewende i.A. und zur Stromspeicherung i.B., welche ja bei dieser angestrebten und willkürlich bevorzugten Form der Energieerzeugung unabdingbar ist, sind heute noch gültig. Und ein technischer Quantensprung bei der Speicherung ist nicht in Sicht.
    Hier noch ein Hinweis auf einen Artikel auf Achgut, von einem der etwas vom Fach versteht. Abgesehen von der Polemik mit dem physikalischem Unsinn, Windrädchen auf dem Autodach, spricht er die Probleme und potentielle Gefahren, sprich Blackout, an :

    Haferburg : Vor 10 Jahren hatte Deutschland eine stabile Energieversorgung mit zuverlässigem Strom zu durchschnittlichen Preisen. Heute muss der Netzbetreiber mit tausenden von Eingriffen das Stromnetz stabil halten und die Preise haben sich verdoppelt, sie sind weltspitze. Die Gefahr eines Blackouts wächst mit jedem neuen Windrad.

    Das unsichtbare Szenario der Energiewende, das wirtschaftlich verheerende, ist längst eingetreten, nämlich die umweltschädliche Geldvernichtung. Die Stromkunden schultern Milliarden ohne Nutzen für die Umwelt. Geld, das woanders bitter fehlt. Das Geld der Steuerzahler wird von unten nach oben umverteilt. Der Industriestandort schwächelt, die Industrie verabschiedet sich leise und langsam aus Deutschland. …

    Die Energiewende wird angetrieben von Umverteilung gewaltiger Geldmengen und von ideologischem Wunschdenken von spinnerten Eliten. Die Scharlatane verstehen noch nicht einmal, wie das System funktioniert, drehen aber wie wild am Steuerrad. Ihre Unterstützer, die linken Journalisten verstehen die Physik auch nicht, sind aber ebenfalls getrieben von Illusionen über die Machbarkeit ihrer Ideologie. Es regiert das Prinzip Hoffnung.

    Interessant wäre mal ein wissenschaftlich untermauerter und verständliche Artikel über die Entwicklung der Netzstabilität seit den Jahren des Wirkens des EEG.
    Ob die kürzlich ergangene Aufforderung an die Bevölkerung zur Bevorratung darauf zurückzuführen ist daß den Regierenden etwas schwant!?

  2. Ja so ein wissenschaftlich untermauerter und verständlicher Artikel über die Entwicklung der Netzstabilität in den letzten Jahren wäre schon einmal interessant. Ich staune ohnehin, dass trotz dieser pausenlosen notwendigen Regulierungen im Stromnetz überhaupt noch alles ohne Ausfälle funktioniert.

    Einen Zusammenhang zwischen EEG und der aktuellen (eigentlich erst morgen verkündeten) „Aufforderung an die Bevölkerung zur Bevorratung“ halte ich aber in dem Zusammenhang doch für etwas übertrieben. So wie ich das verstanden habe, wurde das „Konzeption zivile Verteidigung“ 2012 in Auftrag gegeben, weil man ganz allgemein schon länger bemerkt hatte, dass die alten Konzepte lange nicht mehr aktualisiert wurden.

  3. Das ist richtig. Meine Überlegung war im Zusammenhang mit dem Thema polemisch überhöht. Einen monokausalen Zusammenhang „Drohender Blackout >> Aufruf zur Bevorratung“ gibt es sicher nicht. Aber zu den möglichen Bedrohungen, welche dann Zivilschutz-Maßnahmen auslösen, gehört ein Blackout zweifellos. Höre gerade im TV, daß um Advent 2005 im Westmünsterland der Strom mal 4 Tage lang weg war.
    Auch hat sich das Bedrohungsszenarien für die Bevölkerung seit 9/11 deutlich geändert und eine Überarbeitung des Zivilschutzgesetzes ist zweifellos nötig. Und wird ja auch in den Medien entsprechend kontrovers diskutiert.

  4. Eine Quelle für die Entwicklung der Netzstabilität und die Häufigkeit von „Redispatchmaßnahmen“ habe ich hier in einer Beschreibung von TenneT (Seite 7/8) gefunden:

    Vor allem die bereits bestehende 380-kV-Leitung zwischen Thüringen und Bayern (von Remptendorf nach Redwitz) ist aufgrund ihrer zentralen Bedeutung für den Stromtransport von Nord nach Süd an ihren Kapazitätsgrenzen angekommen und somit chronisch überlastet. An diesem Nadelöhr kommt es immer häufiger zu Ereignissen, die regulierende Eingriffe in das Netz nötig machen, um die Systemstabilität und damit die Versorgungssicherheit aufrecht zu erhalten. Im eigentlichen Sinn sind diese Eingriffe Ausnahmezustände und traten bis vor zehn Jahren nur sehr selten auf. Aufgrund des fundamentalen Wandels der Stromproduktion sind diese Eingriffe mittlerweile jedoch alltäglich geworden.

    Man liest auf S. 7, dass die Anzahl dieser Eingriffe im Jahr 2011 auf 1024, also fast 3 am Tag gestiegen war. Wie erwähnt: Das war 2011! Und nur in einem Teilabschnitt des deutschen Stromnetzes. Da möchte man besser nicht wissen, wie viele es heute sind.

    Entwicklung der Netzstabilität

    Gefunden über einen Artikel auf Tichys Einblick. Die Quelle musste ich mir leider selbst suchen, aber so bleibt man in Übung 🙂

  5. Eine Übersicht über die vorhin erwähnten Redispatchmaßnahmen findet man hier: http://www.netztransparenz.de/de/Redispatch.htm
    Die Bundeshetzagentur gibt seit kurzem auch Berichte zu Netz- und Systemsicherheitsmaßnahmen heraus. In der letzten Ausgabe finden sich gleich zu Beginn Sätze, die alles andere als beruhigend sind:

    Der notwendige Netzausbau (…) kann mit dem Wandel der Erzeugungslandschaft noch nicht Schritt halten. Darüber hinaus stellt der Ausbau von Wind an Land oberhalb des gesetzlich vorgesehenen Ausbaupfades mit circa einem Gigawatt im Gesamtjahr 2015 erhöhte Anforderungen an die Netzbetreiber. Zusätzlich führen aufgrund der inzwischen großen Anzahl Erneuerbarer-Energien- Anlagen Wettereffekte wie Sturmtiefs oder langanhaltende Sonneneinstrahlung zu hohen Einspeisespitzen aus Windenergie- und Photovoltaikanlagen. (…)Die bisherige jährliche Erfassung war angesichts der drastischen Zunahme von Netz- und Sicherheitseingriffen nicht mehr ausreichend. (…)

    In der Gesamtjahresbetrachtung für 2015 hat sich die Gesamtmenge der Redispatcheinsätze im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdreifacht. 2014 betrug die Gesamtmenge 5.197 GWh und ist im Jahr 2015 auf 16.000 GWh stark gestiegen. Die dafür angefallenen Kosten liegen nach einer ersten Schätzung der ÜNB bei etwa 402,5 Mio. Euro. Im Vorjahr betrugen die Kosten für Redispatch (ohne Countertrading) 185,4 Mio. Euro.1

  6. Man muss sich einmal von der Vorstellung lösen, dass Speicher „Strom produzieren“ – es sind richtigerweise Maschinen, die eine Energieform in eine andere Umwandeln und für diesen Umwandlungsprozess eben selbst auch Energie benötigen.

  7. „Man muss sich einmal von der Vorstellung lösen, dass Speicher „Strom produzieren“

    Das ist richtig. Nur hat das hier keiner behauptet.

  8. Neues von der Energiewende : Verkugelung des Seegrundes
    Die neueste Idee zum Speichern von Energie aus Windenergie-Anlagen : Hohle Betonkugeln auf dem Meeresgrund. Das Prinzip : Die Kugel ist mit einer Pumpe bestückt, welche auch als Turbine funktioniert, die wassergefüllte Kugel wird leer gepumpt mit Überfluß-Strom und im Bedarfsfall zur Stromgewinnung befüllt.
    Daß die Effizienz dieser Art der Stromgewinnung mit der Fallhöhe, hier Wassertiefe, steigt, ergibt sich aus der Physik und wird anschaulich bei Pumpspeicherwerken. Ob 600m nötig sind kann ich auf die Schnelle nicht beurteilen, die haben wir aber weder in der Ostsee oder in der Deutschen Bucht. Ich möchte noch zu bedenken geben, daß bewegte Teile dem Verschleiß unterliegen und der Wartung bedürfen.
    Einen Vorteil hat das Ganze : Eine Verkugelung des Seegrundes sieht man nicht.

  9. Das mit den Betonkugeln klingt eigentlich ganz interessant. Aber die Überschlagsrechnung am Artikelende sagt schon wieder viel:

    für 24 h Speicherung: 4260 St (42.624.000 t Beton)
    für 2 Wochen Speicherung: 60.000 St (600.000.000 t Beton)

    2015 wurden in Deutschland 47,2 Millionen Kubikmeter Transportbeton hergestellt. 1 Kubikmeter Beton wiegt 2 bis 2,6 Tonnen. Grob überschlagen reicht die deutsche Beton-Jahresproduktion also für knapp zwei Tage Stromspeicherung.

  10. „Grob überschlagen reicht die deutsche Beton-Jahresproduktion also für knapp zwei Tage Stromspeicherung. „

    Deshalb kauft Heidelberger Zement.

Comments are closed.