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Hurra: Schon 75% Ökostrom-Anteil in Deutschland!

Okay, es funktionierte nur für ein paar Stunden. Und auch nur an einem Sonntag, wo der Stromverbrauch ohnehin gering bleibt, weil da kaum jemand auf Arbeit ist. Außerdem, weil die anderen Kraftwerke gerade ihre Leistung reduzierten. Aber es ist doch ein schöner Erfolg: Gestern, also Sonntag nachmittags, am 17.08.2014, hatten wir 75% Ökostrom im deutschen Strommix. Das ist ein neuer Rekord!

Schön ist auch, dass das Ganze so einen hohen volkswirtschaftlichen Nutzen hatte. Wenn man sich in diesen Stunden die Preise an der Strombörse ansieht, kann man da beachtliche Preise lesen. Okay, die haben alle ein Minus vor den Zahlen, aber so sind wir Deutschen eben: Wir denken nicht immer nur an unseren Gewinn, sondern erfreuen auch einmal unsere Nachbarstaaten, wenn sie unseren nicht verwendbaren Ökostrom gegen Zuzahlungen abnehmen. Hier sieht es nur nach einem kleinen Preiseinbruch aus,

Quelle: European Energy Exchange AG
Quelle: European Energy Exchange AG, Marktdaten

aber die -2,40 €/MWh sind auch nur das Tagesmittel. Konkreter wird es hier (links sind die Uhrzeiten, rechts die Preise):

Börsenpreis, 17.08.2014, nachmittags, Quelle: European Energy Exchange AG >Marktdaten >Strom >Spotmarkt >Auktion
Börsenpreis, 17.08.2014, nachmittags, Quelle: European Energy Exchange AG >Marktdaten >Strom >Spotmarkt >Auktion

Am meisten nahm wieder Österreich entgegen, wo man sicher wieder die Gelegenheit nutzte, die dortigen Pumpspeicherwerke sehr preiswert zu füllen. So kann man am nächsten Tag den deutschen Ökostromkunden wieder zum normalen Marktpreis ein dringend benötigtes Produkt verkaufen.

Stromimport & -export 17.08.2014, Quelle: Agora Energiewende,
Stromimport & -export 17.08.2014, Quelle: Agora Energiewende

Interessant ist der Tagesverlauf von Stromproduktion und –verbrauch an diesem 17. August, wenn man ins Detail geht und die jeweiligen Stromproduzenten betrachtet. Phase A: Die Sonne geht auf und der Stromverbrauch steigt. Eine ideale Deckung der Kurven, die andeutet, dass Solarenergie perfekt zum Verbrauch passt. Leider klappt das nur an Wochenenden, wenn die meisten Leute ausschlafen und sich erst von dem Sonnenaufgang wecken lassen. An Werktagen funktioniert das so nicht, wie man am Morgen des Folgetages in Phase D sieht, denn an diesen Tagen beginnt der Stromverbrauch üblicherweise bereits vor Sonnenaufgang.

Text
Tagesverlauf Stromproduktion und -verbrauch, Quelle; Agora Energiewende

Nach dem stromversorgungsmäßig perfekten Beginn des Tages sank der Strombedarf nach dem Mittag, allerdings stieg zufälligerweise die Produktion von Windstrom weiter. Die Betreiber konventioneller Kraftwerke drosselten ihre Produktion analog zum Verbrauch, offenbar ging das nicht schnell genug, um den steigenden Windstrom ebenfalls mit auszugleichen.

Für diese Situationen müssen sich die Betreiber dieser Kraftwerke logischerweise berechtigt den Vorwurf gefallen lassen, dass ihre veraltete Dinosauriertechnik nicht zur Energiewende passt. Falls Betreiber dieser Kraftwerke ihre Anlagen entsprechend modernisieren und schneller regelbar machen, müssen sie sich logischerweise berechtigt den Vorwurf gefallen lassen, ihre veraltete Dinosauriertechnik krampfhaft über die Energiewende retten zu wollen.

Dass die Betreiber von Windanlagen ihre Windräder in Phase B ebenfalls drosseln, wäre zwar technisch machbar gewesen, aber solange sie mit ihrem nicht benötigten Strom keine Netzüberlastung provozierten, konnten sie erst einmal mit Stromeinspeisung die Subventionen weiter abkassieren (bei Drosselung wegen Netzüberlastung hätten sie das Geld übrigens ebenfalls weiter erhalten).

Ganz nebenbei sieht man noch in Phase C, dass hier die konventionellen Kraftwerke einfach das taten, was man von Energieversorgern erwartet: Sie produzierten ungefähr exakt so viel Strom, wie verbraucht wurde. Wie konventionell und langweilig!

Ganz wichtig ist deshalb, und das möchte ich angesichts des Erfolges mit den 75% hier noch einmal unterstreichen, dass diese veraltete überflüssige Dinosauriertechnik ganz dringend endlich abgeschafft wird! Wir brauchen nur noch einige tausend Solarzellen und Windräder mehr, dann erreichen wir bald 100% Ökostrom. Zumindest nachmittags an irgendeinem Sonntag.

5 Comments

  1. Gaskraftwerke waren hier nicht das Thema. Es bringt ja nichts, in einem Artikel vom hundertsten ins Tausendste zu kommen, man sollte halbwegs beim Thema bleiben (und damit habe ich schon gelegentlich meine Probleme 🙂 ). Gaskraftwerke laufen hier mit unter „konventionelle Kraftwerke“. Und das geplante „Fracking-Gesetz“ ist inhaltlich noch weitestgehend unklar, unter anderem geht es aber darum, dass Fracking (was in Deutschland bereits seit den 60er Jahren längst angewendet wird) stärker reguliert statt allgemein ermöglicht werden soll.

    Übrigens ist die Energieversorgung meiner Heimatstadt Dresden zu 80% von Erdgas abhängig. So unwichtig ist Erdgas also nicht.

  2. Sry für die Themenabweichung. Ich wollte sagen und Du sagst es: Erdgas ist so unwichtig nicht.

    Telepolis geht übrigens überhaupt nicht. Telepolis weicht vom rechten Pfad ab, veröffentlicht Kommentare, die Spuren von Verständnis für finstere Mächte enthalten, man sollte also Telepolis besser garnicht kennen. Ich sag´s mal so: Man sollte qualitätsjournalistisches Halbwissen nur bei SZ-online kaufen.

  3. Der blanke Wahnsinn: inzwischen waren es – natürlich wieder an einem Sonntag – sogar schon 95%! Selbstverständlich wieder mit den üblichen Auswirkungen, dass dieser Strom gegen Zuzahlung exportiert wurde. Volkswirtschaftlich absolut sinnvoll. Und insofern schreibt Wolfgang Pomrehn auf Telepolis natürlich auch wieder nur seinen üblichen Unsinn, wenn er behauptet, Erneuerbare hätten 95 Prozent des Strombedarfs produziert. Nein, sie haben völlig am Bedarf vorbei produziert … aber wen interessiert das schon.

    Ganz klar: Wir brauchen dringend einen weiteren und noch schnelleren Ausbau solcher überflüssiger Stromquellen! Lustig ist auch, dass man laut Wolfgang Pomrehn anscheinend rechts ist, wenn man die Energiewende kritisiert.

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