Piratenpartei Sachsen steht kritiklos hinter Anne Helm
Der sächsische Landesverband der Piratenpartei hat eine äußerst bemerkenswerte Stellungnahme veröffentlicht. Beim flüchtigen Lesen könnte man den Eindruck erhalten, dass sie nur völlig überflüssige Floskeln enthält. Aber wenn man genauer hinschaut und vor allem auch das bewertet, was alles nicht darin steht, dann verschlägt es einem an manchen Stellen regelrecht die Sprache.
Der Text nennt sich „Stellungnahme des Landesverbands Sachsen zu den Ereignissen am 13. Februar 2014“. Eine Stellungnahme schreibt man, wenn etwas vorgefallen ist, wofür man kritisiert werden kann. Allerdings findet sich in der gesamten Stellungnahme kein Wort, wozu man eigentlich Stellung bezieht. Es ist zwar klar, dass es nur um die inzwischen als „bombergate“ bekannt gewordene Aktion von Anne Helm und Deborah Andersen gehen kann. Doch nirgends fallen diese Namen, nirgends wird ausdrücklich diese Aktion erwähnt. Allerdings kann es nur darum gehen, denn der Text beginnt mit
Der Landesverband Sachsen bekennt sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung und wird jedem Menschen beistehen, der Opfer von Gewalt-, Vergewaltigungs-, oder Morddrohungen wird.
Gewalt-, Vergewaltigungs-, oder Morddrohungen bei „Ereignissen am 13. Februar 2014“? Die fielen in dem Zusammenhang nur gegen Anne Helm.
Interessant ist die eigentliche Aussage dieses ersten Satzes: Der Landesverband der Piraten Sachsens stellt A. Helm also zuallererst einmal als Opfer dar und spricht ihr seine Solidarität aus, indem er sich zu ihr bekennt. Was hier und im kompletten weiteren Text fehlt, ist dagegen jegliche Form der Kritik an Helm und Andersen oder gar einer Distanzierung von ihnen.
Für uns Piraten ist die Meinungsfreiheit zentrales Element der Demokratie.
Helm und Andersen haben aus Sicht der sächsischen Piraten also keineswegs etwas sehr Dummes getan, wovon man sich besser so klar wie möglich distanzieren sollte – nein, sie haben lediglich ihr Recht auf freie Meinungsäußerung in Anspruch genommen, sich also demokratisch verhalten.
Wir sind ohne Groll gegen die Streitkräfte der Alliierten des 2. Weltkrieges oder jene, die ihnen auf missverständliche Weise ihren Dank zollen wollten.
Den Satz sollte man in Ruhe nachwirken lassen! Mit anderen Worten: Wir haben nichts gegen die „Thanks Bomber Harris“-Aktion am 13. Februar. Die war sowieso lediglich „missverständlich“. Eine klare antideutsche Position.
Wir bekennen uns aber ebenso zum Ziel einer Welt, die ohne Kriege, Menschenrechtsverletzungen und gezielte oder ungezielte Tötungen auskommt, zu einer Welt in der jeder Mensch sein Leben würdig und frei leben kann.
Das ist zwar sehr mutig von den Piraten Sachsens, sich unerwartet zu der Position „Welt ohne Tötungen“ zu bekennen, allerdings ist das nicht sehr konsequent, wenn man doch gleichzeitig „ohne Groll“ gegen Leute ist, die die erneute Bombardierung einer sächsischen Stadt fordern.
Die Piratenpartei Sachsen hat tiefen Respekt und bedauert die Opfer deutscher Luftangriffe und Kriege sei es in Guernica, Coventry, London oder anderen Orten der Welt.
Die Opfer in Dresden bedauert die Piratenpartei Sachsen also nicht. Okay, dazu ist sie auch nicht verpflichtet. Aber interessant ist das schon, wenn es doch hier speziell um die Bombardierung Dresdens ging. Exakt so würden Antideutsche argumentieren.
Wir werden unser möglichstes tun, und für eine Welt eintreten, in der in Zukunft niemand Grund sieht, Menschen – seien sie an Verbrechen schuldig oder unschuldig – zu bombardieren und zu töten – in Dresden und überall in der Welt.
Das unterstellt wieder einmal, dass die damals in Dresden Lebenden an Verbrechen schuldig waren. Kein halbwegs intelligenter Mensch wird zwar abstreiten, dass a) Deutschland den Krieg begonnen hatte und dass b) auch in Dresden Nazis waren. Aber in den letzten beiden Passagen klingt durch, dass die Opfer in Dresden irgendwie selbst schuld waren und weniger zu bedauern sind.
Hat Frau Helm diesen Text selbst diktiert? Oder liegt die Piratenpartei Sachsens tatsächlich auf eindeutig antideutschem Kurs? Bisher war ich der Meinung, dass die Aktion Anne Helms die Dummheit von wenigen Einzelpersonen war und nichts mit der ganzen Piratenpartei zu tun hat. Zumindest für die sächsischen Piraten ist diese Entschuldigung nun nicht mehr brauchbar.
(Gefunden über stefanolix)
Moin Frank,
mit klarem Verstand kannst Du so etwas eh nicht sehen. Deshalb versuchte ich meinen Verstand zu bewahren und bin ausgetreten.
1.) die Aktion von Anne Helm war dumm (nicht sie, die Aktion, bitte Unterschied beachten), das ist aber nur eine Meinungsäußerung von mir.
2.) die Drohungen gegen sie sind ein absolutes ’no-go‘, dass sich die Piratenpartei in dieser Hinsicht hinter sie stellt, ist selbstverständlich.
3.) Unabhängig von der Aktion, dass A. Helm über ihre Beteiligung Bundes- und Landesvorstand getäuscht hat, ist ein grober Fehler
@ Georg von Boroviczeny:
ich sehe da keinen allzu großen Unterschied, aber das ist ein Nebenaspekt. Dass sich die Piratenpartei angesichts von Drohungen hinter sie stellt, mag meinetwegen selbstverständlich sein. Aber eine vorherige Distanzierung von der Helmschen Aktion ist wohl nicht so selbstverständlich? Nun ja – mir kann es egal sein, auf welche Weise Ihr Piraten Euch die letzten Sympathien verscherzt. Ich beobachte diesen Prozess mit einer gewissen Faszination. Eigentlich traurig, wie sich die Piratenpartei entwickelt hat. Zu Beginn war das mal eine sinnvolle Sache.
jetzt ist auch irgendwann mal gut oder?
womit?
Die Sache zieht ja inzwischen ganz schöne Kreise:
Eklat um Nackt-Piratin Anne Helm – Piratenpartei verliert halben Bundesvorstand
Interessant dazu auch das Interview mit „Law-Blogger“: Warum Udo Vetter kein Pirat mehr ist:
„Das ist nur der Höhepunkt eines Dissenses gewesen, der sich zwischen mir und vielen anderen grundgesetzorientierten Piraten und einer kleinen, aber lauten Gruppe in der Piratenpartei entwickelt hat. Diese Gruppe steht der Antifa nahe und hat eine antikapitalistische, teilweise auch antidemokratische Haltung … „
Danke für dem Hinweis auf das Interview mit Udo Vetter. Er findet (wie immer) sprachlich und sachlich klare Worte.