„Sommer der Liebe“ – jetzt auf DVD

Diese Nachricht erhielt ich heute aus erster Hand, vom Filmemacher höchstpersönlich. Eine E-Mail von Wenzel Storch! Die wird ausgeschnitten und eingerahmt.

Den Film „Sommer der Liebe“ inhaltlich beschreiben zu wollen, ist ein aussichtsloser Versuch. Es gibt irgendeine Handlung, aber sie ist nebensächlich. Storch drehte diesen „jämmerlichen Film, der mehr Mitleid erregt als provoziert, … der einem den Feierabend gründlich vergällt“ (KATHOLISCHER FILMDIENST) mit schrottreifen 8mm-Kameras (was man dem Film auch ansieht), von denen eine aber sogar holzverkleidet war (was man ihm nicht ansieht), mit billigsten auf dem Sperrmüll zusammengesuchten Requisiten, ausschließlich mit Laiendarstellern und offensichtlich standen bei der Ausleuchtung auch nur wenige Lampen zur Verfügung. Heraus kam ein – und ich verwende solche Begriffe nur selten – völlig abgefahrener Film, mit derart konfusen Ideen und einer bekloppten Art von Humor, komplett schlecht synchronisiert, genial vertont … Das lässt sich nur mit Drogen erklären (was Storch auch einräumt) und mit Alkoholika ertragen.

Ich lernte „Sommer der Liebe“ durch die TITANIC kennen. Es muss 1992 gewesen sein, als dort eine überschwängliche Vorstellung dieses Filmes auf 2 (oder waren es sogar 4?) Seiten abgedruckt war. „Musst du sehen!“, dachte ich damals. Natürlich kam er nirgends im Kino. Als Kulturbürger beobachtete ich damals noch die Angebote aller Programmkinos – mir wäre nichts durch die Lappen gegangen. Kein Kino brachte ihn.

Um so größer war meine Überraschung, als ich im Jahr darauf als Betreuer in ein Ferienlager mitfuhr und einer der anderen Betreuer diesen Film auf VHS mit hatte. Derjenige schrieb damals im „DRESDNER“ Film- und CD-Kritiken und hatte ihn deshalb als Demo erhalten. „Hey – Sommer der Liebe!“, muss ich gerufen haben. „Du kennst den?“, kam als überraschte Antwort. Am Abend sahen wir uns ihn per Beamer an. Gab es 1993 wirklich schon Beamer? Also, wir hatten einen mitgebracht. Er kann sicher nur wenige Pixel gehabt haben und seine Helligkeitsangabe dürfte nicht aus „soundso viel tausend …“, sondern bestenfalls „… Dutzend ANSI-Lumen“ bestanden haben. In der Mitte war das Bild deutlich heller als am Rand, naja und VHS dazu … egal. Wir kannten nichts anderes und dachten, das müsse so sein. Jedenfalls war es ein durchschlagender Erfolg. Alle meinten anschließend, so etwas hätten sie noch nie gesehen. Sprüche aus dem Film, wie „jetzt ist der Keks aber gebacken!“, prägten fortan unsere Gespräche der weiteren Tage.

Diese weiteren Tage zeichnete eine Sache aus: Abends wurde immer  „Sommer der Liebe“ geguckt. Jugendliche, die sich tagsüber besonders gut benommen hatten, durften ihn sich als besondere Auszeichnung mit ansehen. Wenn ich mir das heute überlege … das könnte man schon lange nicht mehr machen! Die Schlagzeilen sehe ich schon vor mir: „Ferienlager aufgelöst! Erwachsene zeigten Kindern drogenverherrlichende Splatterfilme“. Dass wir damals auch Gruppentransporte mit einem alten Barkas ohne jede Anschnallmöglichkeit (und mit mir als Fahrer) durchführten, kommt mir dagegen inzwischen fast harmlos vor. Jedenfalls: Jeden Tag „Sommer der Liebe“! Leute, die den Film kennen, werden sich hier sagen: Das geht gar nicht! Und Tatsache – nach den ersten Tagen zeigte sich, dass das wirklich nicht ging. Einige verließen immer für eine Weile den Vorführraum, mit der Begründung „Ich halte das echt nicht mehr aus!“ Sie gingen dann aber meist wieder rein. Und wir starteten das Band trotzdem täglich neu, weil’s so genial war.

Vor mehreren Jahren entdeckte ich dann Wenzel Storchs Internetseite und las, dass der Film bald auf DVD erscheinen solle. Das konnte man anschließend jahrelang unverändert dort so lesen. Ich muss ihn vor zwei Jahren angeschrieben haben, wann es denn nun endlich so weit sei? Ich wollte ja keine Hektik verbreiten, aber ich wollte die DVD einem der damaligen Betreuer zum Geburtstag schenken.

Und nun ist sie endlich verfügbar!

Tja, was mache ich nun? 25€ zzgl. Versand für eine DVD ausgeben? Das habe ich noch nie gemacht. Ich weiß auch genau, dass sich die damalige Ferienlager-Stimmung nicht wiederherstellen lassen wird. Ich werde mir den Film sicher nur einmal ansehen und ihn wahrscheinlich auch gar nicht mehr so toll finden. Denn ich fand bereits Storchs Nachfolgewerk „Die Reise ins Glück“ nicht mehr so umwerfend, als ich ihn im „Kino im Dach“ sah.

Ich bin noch am Überlegen.

Lustig war übrigens auch die Aktion der Frauen/Lesben-Gruppe „Die Wilden Spulen (II)“ anlässlich dieses Films.

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P.S. Dieser Text entstand unter leichter Einwirkung der Droge „Glenmorangie – The Original“


Nachtrag: Nicht nur das Erstellen der DVD dauerte viele Jahre, auch die Auslieferung zog sich Wenzel-Storch-typisch noch ein wenig hin. Erst sollte sie Anfang Oktober herauskommen, dann Ende Oktober, dann wurde jede konkrete Zeitangabe auf der Internetseite von Cinema Surreal ersetzt durch ‚Bald erscheint …‘. Doch Ende 2010 traf sie endlich ein.

Cinema Surreal existiert inzwischen nicht mehr, bei Amazon kann man den Film aber noch bestellen. Wie es bei nicht mehr verlegten Werken üblich ist: Zu deutlich erhöhten Preisen.

Erwähnenswert ist noch, dass ich mir die DVD nach dem Erhalt nur einmal anschaute und das noch nicht einmal bis zum Ende. Ich konnte mit dieser Art Humor nicht mehr viel anfangen. Keine Ahnung, woran das lag. Das Making of fand ich viel interessanter. Die DVDs verbleiben aber trotzdem als Sammlerstück in meinem Regal, da sich einfach lustige Erinnerungen damit verbinden.

5 Comments

  1. Huch, ein Fan! Gibt es für Leute wie uns eigentlich so eine Art Minderheitenschutzprogramm?

    Ja, Du hast Recht. Ich werde die Bestellung heute auch endlich durchführen.

  2. Nur noch 2 Tage! Wuuuuuuuuhhhhhhh!

    Also ich kenn noch 3 Leute, die den Film lustig finden, das kann doch keine Minderheit mehr sein.

  3. Bei dem Anbieter hat man aber ein etwas kundenunfreundliches Bestellsystem 🙁

    Wer kein PayPal nutzt (was mich betrifft) kann nur per Vorkasse bezahlen. Das würde ich ja noch verstehen, aber dass man diesen Wunsch per Mail senden muss, ist nicht zeitgemäß. Den Umsatz treibt das sicher nicht in ungeahnte Höhen! Ich habe immer noch keine Antwort darauf erhalten. Na, mal sehen, wann man sich meldet.

  4. Ich habe auf diese Weise seinerzeit „Reise ins Glück“ bestellt.
    Die Antwort kam, wenn ich mich richtig erinnere, innerhalb von 2 Tagen.
    Ja, so ist das mit dem Wenzel. Erst hält er einen nach der ersten Ankündigung 4 Jahre hin und dann baut er noch so viele Hindernisse wie möglich in den Bestellvorgang ein.
    Aber wenn man die Entstehungsgeschichte der Filme liest, dann lacht der sich über unsere Probleme bestimmt kaputt.

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