Eine „gelungene“ Imagekampagne für Sachsen aus Heidenau

Manchmal weiß man nicht mehr, was man zu aktuellen Vorgängen noch sagen soll. Vor zwei Tagen erschien in der „ZEIT“ der Artikel „Dann geht doch!“, in dem der Autor angesichts von PEGIDA und Fremdenfeindlichkeit in Sachsen polemisch forderte: „Wird es nicht Zeit für einen Säxit – den Austritt der Sachsen aus der Bundesrepublik?“ Das gab viel Kritik, unter anderem versuchte die Sächsische Zeitung in „Und ewig kreist die Sachsenkeule“, diese vereinfachende Darstellung zu relativieren, da „Rassismus, Fremdenhass und Gewalt gegen Ausländer überall traurige Realität sind“.

Es gab auch viele andere ablehnende Reaktionen zum #Säxit, den Stefan Schirmer in der ZEIT forderte. Artikel in Online-Medien, Blogger, Kommentare zum Artikel und andere versuchten das Bild wieder etwas gerade zu rücken: Es gäbe in Sachsen immerhin auch viele Menschen, die gegenüber Flüchtlingen hilfsbereit seien, gegenwärtig gäbe es allein in Dresden so viel Hilfe, dass man Probleme mit der Koordinierung habe, andererseits gäbe es auch in anderen Bundesländern Fremdenfeindlichkeit …

… und dann kamen noch am selben Abend, exakt an diesem Tag, diese … ja, wie umschreibt man „Idioten“ halbwegs nett? Aber warum soll man es nett umschreiben? Also: diese Idioten in Heidenau. Leute waren einem Aufruf der NPD gefolgt, teilweise müssen sie besoffen gewesen sein, es gab rechte Randalierer, verletzte Polizisten … ‚Toll gemacht!‘, dachte ich bei dieser Meldung voller Sarkasmus, ‚ganz große Klasse‘. Was tagsüber aufgebaut wurde, rissen die Typen in Heidenau mit dem Arsch wieder ein. Während tagsüber viele Leute versucht hatten, das Image Sachsens wieder aufzupolieren, bestätigten abends ein paar „Hochintelligente“: Doch, der negative Eindruck stimmt! Schon wieder ein Vorfall. Eindeutig mit Neonazis. Und wieder in Sachsen.

Was soll man dazu noch sagen? Wie kann man so blöd sein? Ich kann nicht erklären, warum sich das hier, und dann auch noch ausgerechnet in der Umgebung Dresdens, so häuft. PEGIDA, Freital und nun Heidenau. Alles in oder um Dresden. Es gibt immer wieder ernsthafte Erklärungsversuche. Beispielsweise versuchte Stefan Locke in einem Artikel der FAZ „Warum Sachsen?“ diesen Versuch. Meistens finde ich in solchen Artikeln Stellen, bei denen ich mir sage, das sei nicht wirklich schlüssig, zumal es in Sachsen ja auch lokal unterschiedlich ist. In Leipzig ist die Situation beispielsweise anders. Aber ich habe auch keine bessere Theorie. Ich lebe in Dresden, wurde hier geboren, bin hier aufgewachsen und habe größtenteils hier gelebt. Theoretisch müsste ich also die nötigen Inneneinsichten haben. Aber ich kann trotzdem keine Erklärung liefern, sondern bin ziemlich ratlos.

Ja, liebe „besorgte Bürger“ in Freital und nun auch Heidenau, es gibt Probleme in Deutschland bei den Themen „Asylpolitik“ und „Flüchtlinge“. Wenn seit kurzem überall in Deutschland schon Zeltlager aufgebaut werden müssen, um die Anzahl der Eintreffenden unterzubringen, zeigt sich das spätestens dadurch mehr als deutlich. Aber: Kann man das nicht auch mit einem Minimum an Stil formulieren? Wäre es möglich, halbwegs sachlich zu argumentieren? Oder überhaupt erst einmal zu argumentieren? Muss man sich dafür mit der NPD einlassen? Und muss man den Spruch „Wir sind das Volk“ so in den Dreck treten, dass die ZEIT nun schon – versehentlich oder absichtlich – schrieb:

„Einige skandierten „Wir sind das Volk“ und andere ausländerfeindliche Parolen.“

 

25 Comments

  1. Vielleicht, und auch das ist nur eine Theorie, weil es dem Dresdner immer sehr um sein Image geht. Dresden ist ja so toll, so unvergleichlich, so kulturberauscht, so lebenswert. Wir haben doch kein Problem mit Nazis, und die paar die wir haben, naja die kann man doch ignorieren. Mit dieser Einstellung der Dresdner gab es bis vor ein paar Jahren den größten Naziaufmasch Europas im Februar. Es gab wenige Leute die das Problem offen benannt haben und diese Leute wurden oft genug als Nestbeschmutzer gesehen. Der Naziaufmasch wurde erst gestoppt als „Hilfe von Außen“ kam, aus ganz Deutschland.
    Es ist diese Selbstbeweihräucherung oder Selbstverliebtheit, welche viele Dresdner nicht eingestehen lässt, dass wir ein großes Problem haben. Offen und ehrlich zu sagen, wir haben hier zu viele Nazis und Rassisten. Sie fühlen sich stark, treten offen auf und sind sehr präsent am Stammtisch und auf der Straße.
    Ich hoffe es werden jetzt mehr Leute, denen mal ein Licht aufgeht, die jetzt endlich mal den Arsch hoch bekommen und aktiv dafür eintreten, dass sich die Stimmung in der Stadt ändert.. Denn nur zu sagen, das wäre jetzt aber irgendwie blöd und das kratzt ja an unserem Image, reicht nicht.

  2. @ Björn Herrmann: Da kann ich mich nicht ganz anschließen. Was ist denn „der“ Dresdner? Hier leben immerhin auch viele Zugezogene. Ich denke nicht, dass sich der durchschnittliche Dresdner für unvergleichlich hält. Und so kulturberauscht sind wir nun auch wieder nicht (sonst könnte Roland Kaiser hier nicht 4 Konzerte in Folge geben 😉 ). Lebenswert ist es hier, das schon. Aber nur weil man seine Stadt lebenswert findet, heißt das doch nicht, dass man ein Nazi-Problem deshalb ignoriert.

    Zum Thema „Naziaufmarsch am 13. Februar“: Es ist nicht richtig, dass das nur wenige Leute offen benannt haben, ganz im Gegenteil hat das hier alle, mich auch, von Anfang an beschäftigt, wie man damit umgehen sollte. Außerdem würden diese von auswärts, aus ganz Deutschland angereisten Rechten auch nicht erklären, warum jetzt plötzlich hier rechte Tendenzen entstanden. Ich denke, dass es bei den Aktionen in Freital und Heidenau einen auslösenden Fakt bei Pegida gibt, aber es gibt keinen sichtbaren Hintergrund bei Pegida in den Aufmärschen im Februar.

    Und wie hilfreich diese „Hilfe von außen“ war, darüber könnte man sich auch streiten. Aber das führt wohl etwas vom Thema weg.

  3. ich hasse verblödete rassisten nicht. ich fühl mich nur einfach besser, wenn sie nicht in meiner nähe sind. und diskutieren kann man mit solchen idioten auch nicht, sie holen dich auf ihr niveau und schlagen dich dort mit ihrer erfahrung!

  4. Hallo Frank,

    ich möchte mich auch einmal an einer Erklärung versuchen. Da ich aber kein Dresdner bin, möchte ich meinen Blick allerdings auf den gesamten Freistaat richten. Hier in Riesa lebe ich „dank“ ansässiger NPD-Unternehmen und -Größen ja auch nicht eben auf der Insel der Glückseligen. Empirisch belastbar ist das Folgende sicherlich nicht, ich reime mir das aus ein paar subjektiven Ansichten und eigenen Erinnerungen zurecht.

    Die drei verlinkten Artikel habe ich vor einigen Tagen gelesen. Gerade dem nach Ursachen forschenden „FAZ“-Artikel würde ich nachher noch zwei mir nicht unwichtig erscheinende Dinge hinzufügen. Aber was jetzt schon anhand der Kommentarflut bei „Zeit“ und „SZ“ auffällt: Das Thema polarisiert, mobilisiert und berührt einen der beiden Punkte die ich, wie bereits angemerkt, gleich ausführen werde.

    Zunächst einmal zur Historie. Ich glaube nicht, dass die in der späten DDR auftauchende Naziszene sowie die vielleicht noch bekannten Entwicklungen in Dresden mit Rainer Sonntag im Zentrum Anfang der 90er noch etwas mit den Zuständen heute zu tun haben. Die damaligen Protagonisten sind heute Mitte/Ende 40 oder älter – sieht man solche Typen heute noch? Da muss also etwas „nachgewachsen“ sein.

    Nun zu meinen zwei Argumenten. Ich bin der Meinung, dass in Sachsen eine für den Einen oder Anderen eventuell befremdliche überaus starke Identifikation mit der Region existiert, in Deutschland höchstens mit dem „mia san mia“ der Bayern vergleichbar. Über die Gründe kann man nur spekulieren, mit Rückgriff auf die jüngere Geschichte würde ich auf die Privilegierung Ostberlins in der DDR veweisen. Ob „Schandelfmeter von Leipzig“, die Bevorzugung der „Hauptstadt der DDR“ in der Konsumgüterversorgung bis hin zum Abzug aller verfügbaren Bauarbeiter im Vorfeld der 750-Jahr-Feier Berlins 1987 und die darauf trotzig zur Schau gestellten Autoaufkleber „972 Jahre Leipzig“ – die Liste ist lang. Also permanente Abwehrhaltung gegen „die da“. Was vielleicht hilfreich bei der Initiierung der friedlichen Revolution war, könnte sich bei einer zu starken Betonung bis hin zu Xenophobie entwickelt haben.

    Zweiter nicht genannter Punkt, der von den betroffenen Regionen in den gesamten Freistaat ausstrahlt: das Thema Grenzkriminalität. Sachsen ist das einzige Bundesland mit gleich zwei Wohlstandsgefälle-Außengrenzen. Die Geschichten über geradezu ausgeplünderte Unternehmen und Privathaushalte sind Legion. Als Polen und Tschechien dem Schengen-Raum beitraten, wurde das Schlimmste befürchtet, nach Ansicht der grenznahen Bewohner ist das auch eingetroffen, dennoch wurden sie permanent mit Politikeraussagen und Statistiken konfrontiert, dass sich kein Anstieg der Kriminaldelikte nachweisen lässt. Wenn so auf Hilferufe der Bevölkerung reagiert wird, gekoppelt mit drastischem Personalabbau bei der Polizei, braucht man sich über eine Radikalisierung der Leute nicht wundern, ebenso durch das Niederbügeln jeglichen Aufmuckens durch den Nazivorwurf.

    Ich mache mir derzeit echte Sorgen. Ich habe gestern Nacht via Twitter und Livestream (ja, den gab es tatsächlich, Ruptly ist tatsächlich überall) das Geschehen etwas verfolgt. Zwar finde ich es hochgradig heuchlerisch, wenn gerade die „Mollies und Steine auf Bullenschweine“-Fraktion nach einem stärkeren Eingreifen der Polizei ruft. Aber die Radikalisierung beider Seiten mit der Tendenz, das zunehmend auf der Straße auszutragen, erinnert mich dann schon an die späte Weimarer Republik. Und die ist letztendlich auch zwischen denen zerrieben worden, die sie verachtet und bekämpft haben. Und ich fürchte, dass der anhaltende Zustrom von Asylbewerbern solche Ausschreitungen auch in anderen Bundesländern passieren lassen wird. Bisher hat man es sich mit dem vorwurfsvollem Fingerzeig auf Sachsen anderswo nämlich arg einfach gemacht.

    Wenn wir hier nicht auf bürgerkriegsähnliche Zustände zusteuern wollen, müssen wir sachlich anfangen zu handeln. Das Beste, was ich diesbezüglich dazu gelesen habe, stammt von heute und findet sich hier:

    http://www.rolandtichy.de/tichys-einblick/fluechtlinge-die-bundesregierung-muss-jetzt-handeln/

    Grüße elbaufwärts,
    Sven

  5. Ich mag ja die „ZEIT“ nicht, allerdings könnte man den Satz
    „Einige skandierten „Wir sind das Volk“ und andere ausländerfeindliche Parolen.“ mit etwas Wohlwollen auch so verstehen:
    „Einige skandierten „Wir sind das Volk“ und andere (Demonstranten) ausländerfeindliche Parolen.“
    Noch etwas geht mir durch den Kopf: Trotz der räumlichen Nähe ist Heidenau NICHT Dresden, genauso wenig wie Freital. Die Mentalitäten unterscheiden sich wie z.B. auch die Sprache (wenn man ein Ohr dafür hat).
    Auch würde ich Pegida und die Ereignisse in Heidenau nicht über einen Kamm scheren wollen…
    Ansonsten formuliert Tichy wohl die richtigen („bösen“) Fragen und die „Menschen im Lande“ wünschen sich Antworten, die sie nicht bekommen…

  6. @ MW: Schon klar, dass man den zitierten Satz aus der ZEIT auch anders lesen kann. Aber ich fand ihn als Abschluss ganz brauchbar, nachdem ihn ein Facebook-Freund kürzlich mit der Bemerkung „So weit sind wir schon gekommen“ erwähnte. Das Schlimme ist, dass dieser Satz leider tatsächlich immer mehr zum Vokabular von Rechten wird. Insofern hat die ZEIT fast schon recht.

  7. @ Sven Borner: Danke für den ausführlichen Kommentar (er ist ja länger als mein Artikel 🙂 ). Dein Argument mit den zwei Grenzen ist tatsächlich ein überlegenswerter Ansatz, auch das mit den bisherigen Abwiegelungen der Politiker zur real existierenden Grenzkriminalität und der daraus folgenden Reaktion der Bevölkerung.

    Ich persönlich empfinde es eigentlich gar nicht so, dass hier so eine übermäßig starke Identifikation mit der Region existiert. Aber vielleicht bin ich da auch nur etwas betriebsblind – Deine Beispiele sprechen durchaus dafür.

    Videos von Ruptly habe ich gestern auch gesehen. Hier wurden mehrere Videos eingestellt, die oberen beiden sind richtig beängstigend – das haben Rechte anscheinend selbst gefilmt und eingestellt (so blöd muss man erst einmal sein):

    http://www.liveleak.com/view?i=14e_1440340117

    Tichys Einblick lese ich in letzter Zeit auch oft. Den Artikel „Flüchtlinge: Schenkt den Bürgern reinen Wein ein!“ fand ich z.B. auch wichtig. Die Seite gehört zu den wenigen verbliebenen Stellen im Netz, wo man noch zu klaren und sachlichen Gedanken fähig ist. Man kann ansonsten kaum noch logisch argumentieren – so wie es in dem von Dir verlinkten Artikel erwähnt wird, gibt es nur noch die „bedingungsloses Asyl für alle“ fordernden „Guten“ auf der einen Seite und den Rest auf der anderen Seite. Jeder, der den Guten nicht zustimmt, muss ganz vorsichtig argumentieren, sonst ist er schnell nahe an der Einstufung als Nazi.

  8. Eigentlich wollte ich gar nicht so viel schreiben, aber das Thema ist wohl nicht in ein paar Sätzen abhandelbar. Daher noch ein wenig „Nachschlag“.

    Ich glaube, dass am Wochenende zumindestens zum Teil irgendwelche Hools endlich mal wieder das rauslassen wollten und konnten, wozu sie beim Fußball durch Polizeipräsenz und Videoüberwachung nicht mehr kommen. Und die Antifa hat gestern auch noch der Polizei den Gefallen getan, in die gleiche Kerbe zu hauen. Wenn ich diese beschlagnahmten lächerlichen Mini-Fähnchen sehe, deren einziger Zweck ist, das Mitführen eines Knüppels zu tarnen, hab ich auch keine Fragen mehr.

    Auch sehr schön: die beidseitigen Verschwörungstheorien. Nummer 1: regierungsgesteuerte Krawalle, um vor den Krawallen in Suhl (von denen es auch sehr beunruhigendes Videomaterial gibt) abzulenken. Nummer 2: heimliche Fraternisierung zwischen Polizei und Randalierern, um gemeinsam gegen die Antifa vorzugehen. ich sagte es bereits – hier ziehen bürgerkriegsähnliche Zustände auf.

    Medial gesehen: ich beobachte eine mittlerweile atemberaubende Erhöhung der Schlagzahl von möglichst emotionalen Pro Asyl-Artikeln. Kinder auf den Fotos müssen sein, unabhängig davon, welchen Anteil an den Ankommenden sie tatsächlich stellen. Und ja, so etwas wie hier lässt mich auch nicht kalt:

    http://www.zeit.de/2015/32/fluechtlinge-bayern-passau

    Ich glaube, bis auf den verbohrtesten Ausländerfeind wird kaum einer so empathielos sein, hier nicht Hilfe auf das Entschiedenste zu befürworten. Aber das hier? Das sind doch nur noch mediale Rückzugsgefechte…

    http://www.zeit.de/2015/32/fluechtling-integration-voelkerwanderung

    Man muss schon in die Tiefen regionaler Berichterstattung abtauchen, um auch mal Berichte über die andere, nicht weniger hilfsbedürftige, Seite des Schreibtischs zu lesen:

    http://www.merkur.de/bayern/fluechtlinge-bayern-muenchen-polizei-hilferuf-5364505.html

    Ja, auf Roland Tichys Seite kann man als Oase der Vernunft gar nicht genug hinweisen. leider ging sein Auftritt bei Maischberger in Til Schweigers Tiraden ja förmlich unter, gestern war er aber im Internationalen Frühschoppen zu Gast, ich muss das noch einmal in der Mediathek nachhören.

  9. @ Sven Borner: Nur kurz, da ich momentan etwas Zeitmangel habe* zum Thema „Warum gerade hier in Sachsen und speziell in Dresden“. Dazu erschien heute ein Interview mit Frank Richter „Warum Sachsen ein Nährboden für Fremdenhass ist“. Vielleicht hat Richter mit seinen Erklärungen recht. Was zunächst etwas seltsam klingt ist sein Verweis, „Historiker verweisen darauf, dass Sachsen in den 30er-Jahren eine nationalsozialistische Hochburg war“. Da fragt man sich ganz spontan, wie die 30er Jahre so lange nachwirken können? Das ist doch schon einige Generationen her. Aber andererseits darf man wohl auch nicht den Effekt übersehen, dass immer eine Generation übersprungen wird (und dann auch noch geschichtsbeschönigend), wenn der Opa seinen Enkeln erzählt, wie schön es früher war.

    (* ich melde mich später noch einmal)

  10. Danke für den Link, obwohl ich die WELT mit im Feedreader habe, ist mir das Interview irgendwie durchgerutscht. Ich erkenne in Frank Richters Antworten Einiges aus meiner obigen Argumentation wieder, so das große Selbstbewusstsein und den alten Konflikt mit Preußen/Berlin.

    Wo ich ihm weniger folgen kann ist das Heranziehen einer NSDAP-Hochburg als Erklärungsmuster eines heutigen „rechtslastigen“ Sachsens. Das Überdauern einer solchen Geisteshaltung über mehr als zwei Generationen hinweg würde eine aktive Weitergabe und ein Vorleben solchen Gedankenguts voraussetzen. Und das in der DDR? Da wurde schon zum Selbstschutz tunlichst geschwiegen über alles, was nur im Entferntesten mit dem Dritten Reich zu tun hatte. Meine beiden längst verstorbenen Großväter waren als blutjunge Kerle um die 20 im Krieg in Norwegen bzw. an der Ostfront und waren von mir (Jungs interessieren sich nun mal für so einen Kram) nicht im Entferntesten zu bewegen, irgendetwas Konkretes über diese Zeit zu erzählen, im Gegenteil, sie wurden richtig ungehalten, wenn man sie über diese Zeit befragte. Und da soll im größeren Umfang, den die heutige Situation ja bedingen würde, braune Einstellungen weitergegeben worden sein. Das halte ich für extrem unwahrscheinlich.

    Anders sieht es zum Thema DDR aus, da das Berichten über diese Zeit heute nicht mehr mit Gefahr für die eigene Sicherheit einhergeht.

  11. @ Sven Borner: Die einseitige Reaktion unserer Medien ist tatsächlich erschreckend. Beispielsweise sehe ich mir die ZDF-Nachrichten deshalb nur noch mit einer gewissen Faszination an. Mir ist eine linksgrüne Einseitigkeit zwar noch lieber als eine rechtsbraune, aber gesund ist beides nicht. Wenn man von bestimmten Medien eine klar tendenzielle Ausrichtung kennt, dann ist das wenigstens eine klare Vorgabe. Wenn man sie kennt, muss man eben etwas mitdenken. Aber vor allem von öffentlich rechtlichen Sendern erwarte ich Ausgewogenheit und Sachlichkeit. Und bei anderen Medien wäre das auch schön. Davon sind wir momentan weit entfernt.

    Der von Dir erwähnte ZEIT-Artikel „Freunde gesucht“ enthält wieder diese übliche Verlogenheit, wir bräuchten wegen unserem angeblichen Fachkräftemangel die Zuwanderung. Was Linke vor wenigen Jahren noch als wirtschaftsliberales Märchen bezeichnet hätten, weil es einfach nicht stimmt*, wird heute von denselben Leuten als „Asyl für alle“-Grund begierig nachgeplappert.

    (* Wenn wir Fachkräftemangel hätten, dann wären die Löhne in den letzten Jahren deutlich gestiegen, denn jeder Angestellte könnte sagen: „Ich will mehr Geld, ansonsten bin ich bald weg – es gibt überall genügend andere Jobs“. Wenn es einen Fachkräftemangel gäbe, dann hätte sich aus dem oben genannten Grund auch das Thema „können wir uns einen Mindestlohn leisten?“ nie gestellt. Die vielen schlecht bezahlten Arbeitsverhältnisse wären kein Thema. Kein Mensch müsste jahrelange unbezahlte Praktika machen. Es wäre kaum jemand gezwungen, weit entfernte Arbeitsstellen anzunehmen, wir hätten also viel weniger Pendler … und man kann noch weitere Effekte sehen, die ein Fachkräftemangel beseitigen würde, die aber alle nicht vorhanden sind.)

    Zum Thema „Heranziehen einer NSDAP-Hochburg als Erklärungsmuster eines heutigen „rechtslastigen“ Sachsens: Ja, das ist zumindest diskussionswürdig. Mich hat in dem Zusammenhang jemand auf folgendes hingewiesen: Interessanterweise war Sachsen in den 40ern auch eine Hochburg der SPD. Deshalb wurde 1946 der Volksentscheid zur Enteignung der Kriegsverbrecher nur in Sachsen durchgeführt. Es war damals voraussehbar, dass sich die Mehrheit positiv entscheiden würde. Von einer Hochburg kann heute keine Rede mehr sein.

  12. Hier ein interessanter Artikel von heute zum Thema „Rechtsextremismus in der DDR“:

    http://www.faz.net/aktuell/politik/die-gegenwart/rechtsextremismus-in-deutschland-ddr-tat-nichts-gegen-nazis-13776432.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2

    Zum Thema „Fachkräftemangel – ja oder nein?“ habe ich vor einigen Tagen eine recht interessante Darstellung gelesen. Leider war das in einem Lesekommentar eines ZEIT-Artikels, so dass ich das unmöglich wiederfinden kann. da wurde einerseits dargestellt, wie aus zwei von der Firma des Kommentarschreibers angebotenen Mechatronikerstellen auf wundersame Weise sehr viele wurden, weil einige private Vermittlungsagenturen diese (ungefragt) in ihr Portfolio aufnahmen und die wiederum wohl ins Netz der Bundesagentur speisten. Das kam eher durch Zufall heraus.

    Zweitens vertrat der gleiche Kommentarschreiber die Theorie, dass gerade große Firmen regelmäßig offene Stellen offerieren, die in der Realität überhaupt nicht existieren. Dies alles dient nur einem besseren Ranking bei Kreditgebern und des öffentlichen Eindrucks, so á la „Der Laden brummt“. Und das ist ja nun ganz schwer nachzuweisen.

  13. @ Sven Borner: Solche „fundierten“ Analysen mag ich ja besonders. Bei dem absolut schwachsinnigen Satz „Auch Tillich ist ein Grund für diese Entwicklungen“ habe ich erst einmal aufgehört zu lesen. Mal sehen, ob ich mir den Rest noch vornehme. Ich stelle mir bei solchen Erklärungen gern vor, dass die kritisierten Vorgänge zufälligerweise in einer ganz anderen Gegend passiert wären. Dann würden dieselben „Experten“ nun Texte schreiben mit Erklärungen, warum es ganz klar wäre, dass das nur dort passieren konnte 😉

  14. Doch, bitte mal weiterlesen, denn der (aus Sachsen stammende!) Autor fährt u.a. noch diesen demokratietheoretischen Knüller auf:

    „Daneben gilt, dass sich Sachsen ungern vorschreiben lassen, mit wem sie reden dürfen und mit wem nicht. Den Dialog mit allen Seiten feiern sie als eine Errungenschaft der Wendezeit.“

    Was erlauben Sachsen???!

    In meiner Gegend fährt regelmäßig ein Transporter (wahrscheinlich eines Presse-Grossisten) mit Werbeaufdrucken diverser Zeitungen und Zeitschriften herum. Sehr groß und prominent darauf zu lesen: „ZEIT im Osten“, also die speziell auf die neuen Bundesländer zugeschnittene Ausgabenversion. Die habe ich noch nicht in der Hand gehabt, aber sollten sich dort lauter solche brillianten Analysen ostdeutscher Befindlichkeiten tummeln, herzlichen Glückwunsch!

  15. Ja, ich hatte es mir dann noch weiter durchgelesen. Das war so dummes zeug, da weiß man gar nicht, wo man anfangen soll mit der Korrektur. Ich beschloss aber nachher, dass mir meine Zeit zu schade ist für solche ausführlichen korrigierenden Texte. Man regt sich nur auf dabei. Der Autos stammt aus Sachsen. Ich habe mich gefragt, ob er an Selbsthass leidet oder ob ihn die Redaktion dazu verpflichtet hat, weil er dank seiner Herkunft Experte für das Thema ist?

  16. Kombiere Axt, Ansbach, Bombe, Machete, München, Pistole, Reutlingen, Würzburg.
    In sinnvoller Reihenfolge ergibt das den Frieden, den Islam der letzten Woche.

    Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen haben sie nicht gezeigt. Immerhin.

    In diesem Sinne sind die Heidenauer ein merkwürdiges Völkchen. Irgendwie Axt-, Bomben und Machetenphob.

    Damit es keiner vergisst: Pegida schürt diffuse Ängste.

  17. Auch in die FAZ macht man sich Sorgen um den guten Ruf der Landeshauptstadt.

    Paris, Brüssel, Nizza, Saint-Étienne-du-Rouvray, München, Reutlingen, Ansbach, Würzburg – es ist eigentlich egal, wo auf der Welt Hans Müller-Steinhagen unterwegs ist, er bekommt immer die gleiche Frage zu hören:
    „Was ist nur bei euch in Sachsen los?“

    Müller-Steinhagen ist der Rektor der Technischen Universität (TU) Dresden, und eigentlich könnte er stolz sein auf das, was seine Hochschule in den vergangenen Jahren erreicht hat: Sie wurde zu einer von elf Exzellenzuniversitäten in Deutschland gekürt, die Zahl der ausländischen Studenten ist deutlich gestiegen, Wissenschaftler aus aller Welt folgten ihrem Ruf. „Wir waren auf einem tollen Weg“, sagt Müller-Steinhagen. Er benutzt die Vergangenheitsform, denn diese Entwicklung hat einen ordentlichen Dämpfer bekommen.

    Wissenschaftler wollen wissen, ob es lohnt, nach Dresden zu ziehen.
    Keine Priester werden geköpft, keine Chinesen mit dem Beil erschlagen, keine Menschen in der City erschossen, keine Bomben detonieren vor Flüchtlingswohnheimen. Nicht mal Frauen werden auf offener Straße korangerecht geschächtet. Als wenn das nicht reicht, nun werden auch noch keine Ärzte mit dem Messer bedroht.
    Was ist nur los, warum sind die Sachsen so penetrant unislamisch?

    Der Ruf Dresdens ist ramponiert, das bekommen vor allem die Forschungseinrichtungen der Stadt zu spüren.

    Mich wunderts nicht.

  18. Manchmal ist man richtig froh, wenn man nicht in anderer Leute Haut steckt. Zum Beispiel in der von Müller-Steinhagen.

    Ehrlich, ich würde vor Scham im Boden versinken, wenn mich meine Kollegen aus Malmö oder Frankreich fragten – Was ist nur bei euch in Sachsen los?

  19. Und so geht das nun immer weiter. Nicht nur in Paris, Brüssel und London.
    Auch in Deutschland in immer kürzeren Zeitabständen diese mörderischen Einzeltaten, die nichts mit dem Islam zu tun haben. Aus der letzten Zeit fallen mir ein Heidelberg, Düsseldorf, Düsseldorf, Düsseldorf und Cottbus.

    Nicht zu vergessen Dresden-Zschachwitz.
    Ich könnte jetzt fragen, was unser Provinzhetzerli Müller-Steinhagen dazu sagt.
    Nur ginge das am Inhalt des Artikels vorbei. Dort geht es um Heidenau – Zschachwitz liegt daneben.

  20. Nun fragen ihn auch noch seine Stockholmer Kollegen, ob es sich lohnt nach Dresden zu ziehen.

    Nein, war ein Scherz. Wie Müller-Steinhagen drauf ist, denkt der wahrscheinlich, Stockholm ist was zum Essen.

    Nicht nur Pegida, auch der wahnsinnige Trump hat sich total blamiert. Von wegen
    Letzte Nacht in Schweden“ – das Trampeltier hat prompt die falsche Nacht erwischt. Versager.

    Und dann gibt es noch diesen Björn Höcke. Also dieser Höcke, ich sage mal so, also dieser Höcke, nicht wahr. Immer dieser rechte Hass.
    Und immer wieder diese „besorgten Bürger“.
    Heidenau ist überall.

  21. Ob die Nomenklatura ihre Sprachlosigkeit überwindet?

    Der in Zschachwitz von den Schutzsuchenden begangene versuchte Mord zum Nachteil eines Deutschen eignet sich nicht für Hetze gegen die Deutschen. Folglich ist das für die Hetzer ein Null-Ereignis. Nicht nur für Müller-Steinhagen. Auch der, den man nicht als Gauleiter bezeichnen darf, ist verbal auffällig zurückhaltend. Dass Hilbert von der Parteilinie abweichen könnte, erwartet ja sowieso niemand.
    Zurückhaltend ist auch die unabhängige Justiz. Wegen versuchtem Mord (für den das StGB lebenslänglich bereithält), einer Petitesse die im Fall von ausländischen Tätern vorhersehbar mit einer Bewährungs“strafe“ endet, wird man die Verbrecher doch nicht in U-Haft nehmen. Das Opfer ist kein Mensch sondern ein Deutscher, der kann seine Rechte nach dem Tierschutzgesetz einklagen.

    Allerdings regt sich in Heidenau Widerstand gegen die Menge der von den Schutzsuchenden begangenen Straftaten. Was wir nicht tolerieren können und dürfen.
    Mal sehen wie lange da dauert, bis Tillich und Müller-Steinhagen ihre Sprachlosigkeit überwinden.

    Auf der unteren Ebene laufen die Vorbereitungen an. Man beachte das Gesülze des Bürgermeisters.
    Irgendwas soll passiert sein, nichts Genaues weiß man nicht, trotzdem sollen wir nicht näher bezeichnete „Tatsachen“ von ebenfalls nicht weiter benannten „Halbwahrheiten, Gerüchten oder Vorverurteilungen“ unterscheiden und außerdem sollen wir uns nicht von nicht konkretisierter „Hetze oder von Aufrufen zu Gewalt verführen oder verunsichern“ lassen.
    Gehen Sie weiter, es gibt nichts zu sehen. Die Parteileitung hat alles im Griff.
    Für Naive stehe ich gern zur persönlichen Verarsche in „meinen regelmäßig stattfindenden Sprechstunden zur Verfügung.“

    Noch besser der Bericht in der WELT.
    Die Genossen der Schutz- und Sicherheitsorgane müssen noch die Statistiken frisieren, deshalb können sie zunächst nichts bestätigen.

    Das sind die Lehren aus der Kölner Silvesternacht, als die Fälscher zunächst erst mal offiziell „alles tutti paletti“ gesagt haben.
    So eine Pleite wollen wir nicht nochmal. Das Feintuning braucht Zeit, wir werden Sie zu gegebener Zeit veralbern.
    Bis dahin erzählen wir Euch das Märchen von der ausländerfeindlichen Gewalt.

  22. Zschachwitz liegt daneben.“

    So wie Pirna. N kleiner Messerangriff, was solls. Die Lichterketten- und Mahnwachengefahr tendiert gegen Null.
    Genau wie die Gefahr, dass unser Provinzhetzer das Verbrechen missbilligt.

    Im Unterschied zu Prina liegt Dresden liegt zwar in Dresden. Doch wegen nem kleinen Mord verlieren wir nicht die Contenance.
    Zumal M-Ss viele ausländische Freunde zwar irgendwie fragen „Was ist nur bei Euch in Dresden los?“, aber garantiert nicht nach den Verbrechen der Schutzsuchenden.

    Um den Bogen zum Basisartikel zu kriegen …
    Pegida kriegt Rückendeckung von unerwarteter Seite.
    Frau Professorin Becker hat Verständnis für den Protest. Es ist nämlich so, dass man besonders durch Protest Dinge bewegen kann.
    Hat sie gesagt. Und dann ist das auch so.

  23. Man soll sich nichts vormachen. Rektor ist kein wissenschaftlicher Posten, sondern ein administrativer und politischer. Durchgehend seit dem 30. Januar 1933.
    Es wäre ein Wunder, wen ausgerechnet der überangepasste Müller-Steinhagen aus der Reihe tanzen würde.
    Und so werden aus Gewaltorgien „Proteste, die weitgehend friedlich verliefen“; aus Verbalinjurien ein brutaler Angriff auf die friedliche Weltgemeinschaft.

    Beim letzten AfD-Parteitag waren 4000 Polizeibeamte nötig, um die AfD-Leute vor friedlichen Protestierern zu beschützen.
    In Kiel darf die AfD keinen Info-Stand aufstellen, weil die Polizei die Sicherheit nicht garantieren kann.
    Und … überall das gleiche. Brutale Gewalt gegen Abweichler, zu der von der Nomenklatura allenfalls auf Anfrage ein zwischen den geschlossenen Zähnen rausgepresstes „nicht akzeptabel“ kommt.
    Aber wenn ein paar Pegida-Leute den Lauten machen, dann ist die Hölle los.

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