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Wie die Waldschlösschenbrücke doch noch einen Biotop zerstörte

Fassungslos stand ich vor dieser kompletten Zerstörung. Wo bis zum letzten Jahr noch eine niedrig bewachsene Strauchlandschaft war, durchsetzt von mehreren flachen Tümpeln, war nun alles weg. So sah es bisher aus:

Biotop mit flachen Tümpeln

Das war unter anderem ein Laichbiotop für Wechselkröten, eine unserer deutlich selteneren einheimischen Krötenarten. Jetzt sieht es so aus (Standort nicht identisch mit obigem):

Landschaft mit Erdaushub

Genau auf diesen Bereich hat man jede Menge Erdaushub abgeschüttet, nachdem man die Fläche zunächst ordentlich planierte. Da hat man wirklich die absolut perfekt geeigneteStelle  getroffen!

Auch der Anblick einer ca. 50 m links von hier gelegenen Fläche war nur mit Sarkasmus zu ertragen: Bisher war dort eine größere freie Lehmfläche, auf deren unregelmäßig geformter Oberfläche sich immer wieder hässliche Pfützen bildeten. Da Lehm Wasser schlecht abfließen lässt, hielten die sich oft ziemlich lange. Manchmal so lange, dass darin sogar irgendwelche Tiere ihre Eier ablegten. So etwas muss ja nun wirklich nicht sein! Das hat man jetzt sehr schön bearbeitet – man hat Erde darauf ausgebracht, alles schön planiert… kann man wirklich nicht meckern!

Ich wollte gestern kontrollieren, ob Kröten in den Tümpeln zu finden wären. Nach den letzten kühlen Tagen hätte der erneute Temperaturanstieg vielleicht ein guter Zeitpunkt sein können. Der Biotop befindet befand sich in Zschieren, direkt neben den Kiesgruben. Diese waren vor einem Jahr ein kurzzeitiges Diskussionsthema, als es hieß, sie sollten verfüllt werden. Das war etwas übertrieben, denn es ging nur darum, dass ausgebaggerte Erde aus dem „Pferdeloch“, genauer gesagt aus dem „Brüchigtgraben“ irgendwo hin musste. Übertrieben war es deshalb, weil die beiden Kiesseen viel zu groß sind, als dass man sie mit Erde aus dem Pferdeloch komplett hätte verfüllen können. Dieses Ausbaggern war als eine der Ausgleichsmaßnahmen für den Bau der Waldschlösschenbrücke vorgesehen. Ich fand das zunächst nicht verkehrt, denn ich war immer der Meinung, dass die Waldschlösschenbrücke – entgegen der Beteuerung von Brückengegnern – keinerlei Bedrohung für die Natur oder für Tierarten sei. Und wenn statt dessen sogar nützliche Dinge dadurch entstünden, könnte man ja sogar ein paar positive Aspekte sehen … doch bereits im letzten Jahr war ich dann wenig erfreut, als ich die konkreten Baumaßnahmen sah. Damals sagte ich mir aber noch, dass jede Baumaßnahme erst einmal störend wirkt, anschließend haben die Biotope immerhin wieder ihre Ruhe.

Wahlplakat Grüne

„Kiesgruben Zschieren nicht verfüllen“ fordert ein Wahlplakat der Grünen ganz in der Nähe. Wie bereits erwähnt, eine etwas übertriebene Formulierung, aber nun ja … es ist halt Wahlkampf. Doch man hat die Kiesgrube nun ja auch gar nicht verfüllt, die Erde hat man irgendwo anders hingebracht, wo es offensichtlich keinen Biber stört. Nur ein paar Amphibien.

Nun könnte man einwenden: Woher sollten die Arbeiter das wissen, dass hier einmal jemand solche Tiere gefunden habe? Genau das ist aber der Punkt, der mich so ärgerte. Wofür, so fragte ich mich, habe ich eigentlich jahrelang Funddaten von hier gemeldet? Es gibt seit Jahren Tiererfassungen in Deutschland. Dafür ziehen aber nicht nur bezahlte Spezialisten los, sondern viele Daten gehen auf ganz normale Hobby-Beobachter zurück. Diese meldet man, damit sie zentral erfasst werden. Ich gebe zu, dass von mir sicher nicht so viel kam wie von manchen anderen, dafür fehlt mir dann doch wieder die Zeit. Aber das hier hatte ich gemeldet. Mit ziemlich exakter Positionsangabe und Beschreibung. Und die „Ausgleichs- und Ersatzmaßnahme EX1“ wurde nicht von irgendeinem spontan losbaggernden Arbeiter begonnen, sondern zusammen mit dem Umweltamt geplant. Genaugenommen ist dieses sogar der Bauherr. Die hätten das also auf jeden Fall wissen müssen!

Schild

Sind meine Informationen vielleicht nie angekommen? Bereits im Frühjahr 2014 wurde ich stutzig, als auf der Fachtagung der Feldherpetologen jemand vom Sächsischen Umweltamt verkündete, dass es nun Veränderungen der beiden Tiererfassungen durch den NABU und das Umweltamt gäbe … wie bitte? „Beide“? Es gab also zwei parallele? Na hoffentlich hatten die sich gegenseitig ausgetauscht, dachte ich damals noch, denn meine Funddaten waren über einen Zwischenempfänger immer an den NABU gegangen.

Ich kann freilich noch erforschen, was hier schief gelaufen ist. Aber letztlich ist es nun auch egal, denn es ist bereits zu spät. Immerhin kann man jetzt feststellen, dass durch den Bau der Waldschlösschenbrücke tatsächlich ein Biotop zerstört wurde. Wenn auch erst nachträglich und über den Umweg einer ganz woanders stattfindenden Ausgleichsmaßnahme. Dass die Vernichtung eines Biotopes aber ausgerechnet durch eine – eigentlich für den Naturschutz gedachte – Ausgleichsmaßnahme geschah, ist eine absolute Glanzleistung.


Noch ein paar Fotos. Brüchigtgraben, Blickrichtung stromabwärts:

2014-05-21_bruechigt-stromab

Stromauf:

Brüchigtgraben "Pferdeloch" in Zschieren an der Elbe, Dresden

Einer der beiden Seen der Zschierener Kiesgruben:

Kiesgrube in Zschieren, Dresden