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Die CDU und der Mindestlohn

Sollte ein Mindestlohn in Deutschland flächendeckend gleich hoch oder lokal angepasst sein? Ich bin mir da nicht sicher, tendiere aber zur überall gleichen Höhe. Das wäre sicher das einfachste und würde potentiellen Betrugsmöglichkeiten vorbeugen. Andererseits kann es schon sein, dass man in bestimmten Gegenden Deutschlands mit weniger als 8,50 € Stundenlohn besser über die Runden kommt als in anderen und dass man in einigen Regionen deshalb Jobs gefährden würde. Aber das soll hier gar nicht das Thema sein. In der aktuellen Koalitionsverhandlung zwischen SPD und CDU spielt dieser Punkt eine Rolle (hoffen wir es mal). Die CDU vertritt bekanntlich die Position, dass man die Festlegung der Höhe von Mindestlöhnen besser den Tarifpartnern überlassen sollte. Das klingt zunächst nachvollziehbar, ist es aber nicht. Ganz im Gegenteil. Der Ausgangspunkt für die Diskussion um Mindestlöhne sind bekanntlich die zu geringen Löhne für manche Tätigkeiten, es geht also um notwendige Erhöhungen. Und bei diesem Thema, also bei Lohnerhöhungen, beruft sich ausgerechnet die CDU auf die Tarifpartner? Wenn es um zu geringe Löhne geht, sind immerhin die Tarifpartner wichtig, welche die Arbeitnehmerseite vertreten, also Gewerkschaften und Arbeitnehmerverbände. Die CDU ist allerdings nicht gerade als Freund der Arbeitnehmerverbände bekannt, sie verortet man eher auf der Gegenseite. Insofern ist die Bekundung der CDU zu diesem Thema schlicht unglaubwürdig.

Wenn dagegen die SPD sagen würde, die Höhe von Mindestlöhnen würde man lieber von den Tarifpartnern aushandeln lassen (mit denen sie immerhin zusammen arbeiten), dann wäre das wesentlich glaubhafter.

5 Comments

  1. Hallo Frank,
    ich hab mich jetzt nicht so intensiv mit der Berichterstattung beschäftigt, aber das Argument kann ich nicht ganz nachvollziehen. Mein Eindruck ist: die CDU hält zu hohe Mindestlöhne für wirtschaftsschädigend. (Sie gehen zu Lasten der Unternehmen, die es im Wettbewerb schwerer haben, was letztlich Arbeitsplätze gefährdet). Vermutlich nimmt die CDU an, dass die Tarifpartner niedrigere und aus ihrer Sicht wirtschaftsfreundlichere Mindestlöhne aushandeln (vor allem, wenn die CDU die Arbeitgeberseite stärkt). Insofern finde ich das zumindest nicht ganz unglaubwürdig. Wie man Niedriglöhne moralisch bzw. aus dem Blickwinkel der „Teilhabe am gesellschaftlichen Leben“ beurteilt, ist meines Erachtens eine andere Frage. Natürlich sind höhere Löhne in vielen Branchen wünschenswert.

    Von Arbeitnehmerseite aus wird gern argumentiert, dass höhere Löhne im Niedriglohnbereich zu überproportional höheren Konsumausgaben führen, daher der Wirtschaft zugute kommen und somit eher wirtschaftsfreundlich sind. Meines Wissens kann man beide Positionen volkswirtschaftlich gut begründen. Die erstere Sichtweise ist wohl eher die „klassische“ Theorie (Adam Smith und Nachfolger), zweitere eher keynesianisch (Nachfrage ankurbeln).

  2. die CDU hält zu hohe Mindestlöhne für wirtschaftsschädigend

    Das wäre ja auch ein Argument, über das man nachdenken kann (bzw. sollte). Man könnte sich zwar fragen, was das eigentlich noch für eine Wirtschaft ist, von der diejenigen, die die anfallende Arbeit erledigen, kaum noch etwas haben, aber lassen wir das mal. Ich halte es eben nur nicht für glaubhaft, wenn man sich das Thema Mindestlohn vom Leib hält, indem man auf Tarifpartner verweist, bei denen man aber eher auf der Seite der Lohnniedrighalter steht. Bzw.: Insofern hast Du freilich Recht, dass die CDU umgekehrt glaubhaft wäre, wenn sie zu hohe Mindestlöhne als wirtschaftsschädlich erklären würde. Da man in der CDU aber meist wortreich um solche klaren Aussagen herumlaviert, sehe ich auch keine solche umgekehrte Glaubwürdigkeit.

  3. Also für mich ist es schlüssig.
    Die CDU möchte gerne dass die Tarifparteien das aushandeln weil sie glaubt ihre Klientel, die Unternehmer, würden dann wirtschaflich sicherere Mindestlöhne, also niedrigere, aushandeln. Gleichzeitig ist das ja auch das „Scheinargument“ um die Unternehmer bei der CDU zu halten. Würde die CDU offen sagen, Wir brauchen 10 EUR für alle die Stunde, dann würden ihr die Großspender weglaufen, wie sie das bei der FDP gemacht haben, als die zu doof geworden ist um den Lobbismus zumindest offiziell aus den eigenen Parteientscheidungen heraus zu halten. Also ich finde das Argument der CDU daher durchaus schlüssig.

    Ob ich Mindestlohn für alle in gleicher Höhe gut finde oder nicht kann ich tatsächlich nicht sagen. Ich sehe das 8,50 in Meck-Pomm sicherlich Arbeitsplätze gefährden kann und in München nicht mal ausreichen wird um zu überleben. Auch sehe ich, dass mit einem Mindestlohn „Optimierungsprozesse“ in Unternehmen angeschoben werden. Ein Taxiunternehmen wird sich z.B. überlegen ob es die Nachtstunden wirklich braucht, wenn sie mehr für die Fahrer ausgeben als die Stunden einbringen. Das bedeutet, es gibt für alle keine Taxis mehr Montags bis Donnerstags zwischen 22.00 und 5.00 Uhr dafür mehr Zeit für den Taxifahrer und seine Familie, den mehr Geld wird, glaube ich, kaum jemand raus bekommen mit Mindestlohn, davon muss ich zumindest ausgehen. Es wäre natürlich schön, wenn man den Job jetzt für 2 EUR mehr die Stunde machen könnte und somit mehr Geld zum ausgeben hätte, aber ob das wirklich passieren wird? (Theoretisch wäre es ja tatsächlich mal eine Umverteilung nach unten und jeder muss jetzt wissen wie „romantisch“ dieser Gedanke ist. Es bedeutet dass Unternehmer weniger Gewinne machen und Arbeiter mehr. Wie realistisch ist das wohl? )

    Ich bin mir auch nicht sicher ob ein Mindestlohn nicht sogar bei Leuten die mehr als 8,50 verdienen zu Lohnverlusten führt. Gleichfalls bedeutet es womöglich für die Jugendarbeitslosigkeit das Selbe wie in Frankreich, statt 8% haben wir dann bald 25% und mehr Jugendarbeitslosigkeit? Gerade dort finde ich aber im Gegenzug auch nicht richtig, wenn man die Jugendlichen für Hungerlöhne arbeiten lässt und so daran gewöhnt, dass sie sich krumm und bucklig arbeiten müssen und es trotzdem nicht reicht zum leben. Das sollte nicht unbedingt die erste Sache Sein die man über den Arbeitsmarkt lernen sollte, denke ich.

    Hinzu kommt, dass es sicherlich eine Schwemme kleiner neuer Selbstständiger geben wird, um den Mindestlohn doch noch zu unterbieten. Das kann dann sogar wieder beides sein, gut und schlecht. Einerseits kommen die guten dann vielleicht sogar schnell über den Mindestlohn andererseits werden andere noch schlimmer ausgebeutet.
    Auf jeden Fall wird es zu vielen Korekturen am Geringverdienerarbeitsmarkt führen und man wird vielleicht feststellen, dass man in Chemnitz gar nicht so viele Frisösen braucht wie man sie jetzt schon hat und die müssen dann alle was neues lernen. Fragen über Fragen.
    Hmm, echt schwere Entscheidung und ich bin zur Abwechslung mal froh das ich sie nicht treffen muss. Ich glaube aber ich würde tatsächlich mindestens Branchenregelungen vorziehen, zumindest zum Anfang. Aber mit wem sollte man die wohl aushandeln, nachdem die Gewerkschaften in meinen Augen vor vielen Jahren ihren Job schon aufgegeben haben???

    Alles ab dem 2ten Abschnitt natürlich nur am Rande, damit ich mal wieder nen langen Blogbeitrag geschrieben habe, auch wenn er sich nicht mit der Argumentation der CDU befasst. 😉

  4. Das mit den Taxis könnte tatsächlich ein Problem werden. Aber ob eine „Schwemme kleiner neuer Selbstständiger“ den Mindestlohn noch unterbieten wird, halte ich für fragwürdig. Denn sie würden sich mit dem Unterbieten des Mindestlohnes ja selbst strafbar machen. Und spätestens bei der Steuererklärung würde das herauskommen. Wenn es dort nicht angegeben wird, würde es sich um Schwarzarbeit handeln, was ebenfalls strafbar wäre (und Schwarzarbeit hat ihre Ursachen eher in den damit vermiedenen hohen Lohnnebenkosten).

    Außerdem würde ein Selbständiger unter echten freien Marktbedingungen einen bestimmten Mindestlohn auch gar nicht unterschreiten. Er hätte einfach keinen Nutzen davon, wenn er seine gleichzeitig anfallenden Ausgaben mit diesen zu geringen Einnahmen nicht decken könnte*. Das würde nur weiter funktionieren, wenn das wie bisher vom Arbeitsamt ausgeglichen würde. Und ein allgemein verbindlicher Mindestlohn müsste ja mit seiner Einführung konsequenterweise solche Aufstockungen zu geringer Löhne durch das Arbeitsamt beenden.

    (* Ich gebe zu, dass ich diese Theorie selbst für zweifelhaft halte, denn die Geschichte und die heutige Situation in vielen Ländern zeigt, dass die Leute jeden noch so beschissenen unterbezahlten Job annehmen, wenn ihre Not zu groß wird.)

    Falls ich auf weitere Kommentare nicht sofort antworte, habe ich in der kommenden Urlaubswoche kein Internet, was höchstwahrscheinlich der Fall sein wird 🙂

  5. CDU-Politiker: politisch bestimmter Mindestlohn zählt zu wirtschaftsschädigenden Maßnahmen, die die SPD plant
    http://www.european-news-agency.de/politik/berzeugungen_nicht_ueber_bord_werfen-56874/

    Oft war die CDU dagegen, aber nicht immer. Jacob Jung formulierte schön: „Grund genug, einmal die besten Zitate zu gesetzlichen Lohnuntergrenzen aus Unionskreisen Revue passieren zu lassen. Wenn Ihnen dabei schwindlig wird, dann liegt das nicht an Ihnen.“
    http://jacobjung.wordpress.com/2011/10/31/merkel-und-der-mindestlohn-die-besten-unions-zitate/

    Schönen Urlaub, Frank!

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