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Harry Potter und der Papst

Papst Johannes Paul II. wird bald heilig gesprochen, weil er ihm per Dekret ein vollbrachtes Wunder anerkannt wurde … für mich klingt das wie: Harry Potter hat seinen ZAG bestanden, weil er einen Patronus-Zauber vorführte. Ich sehe da keinen prinzipiellen Unterschied. Obwohl … der Patronus-Zauber hat immerhin einen erkennbaren Nutzen für die Allgemeinheit (er hilft gegen Dementoren).

Im Ernst: Hat die katholische Kirche es heute noch nötig, mit solchem Brimborium wie vollbrachten Wundern argumentieren zu müssen? Eigentlich könnten Christen doch auf sehr vernünftige Kerngedanken zurück greifen, denn Jesus von Nazareth hatte (möglicherweise*) ziemlich vernünftige Sachen gesagt: Sein Gedanke der Nächstenliebe könnte heute noch Grundlage für sämtliche Handlungen sein – oder besser gesagt, er sollte es endlich werden. Auf dieser Basis könnte man vielleicht sämtliche Gesetzbücher abschaffen. Und seine Aussage, dass Gott nicht nur durch ein paar auserwählte Priester, sondern durch jedermann spricht, dass also jeder Mann Gottes Sohn ist, war ebenso wichtig. Egal, ob man an Gott glaubt oder nicht, bedeutet das nichts anderes als Gleichberechtigung. Modernisiert sollte das selbstverständlich nicht mehr jeder Mann, sondern jeder Mensch (oder vielleicht sogar jedes Lebewesen?) heißen, aber das nur nebenbei.

 (* sofern er überhaupt gelebt hat, muss man auch bedenken, dass die Überlieferungen erst viel später verfasst wurden. Da kommt immer die Frage auf, wer noch was hinzugedichtet hat.)

Aber statt diese vernünftigen Komponenten zu betonen, verkünden die Männer im Vatikan vollbrachte Wunder, um ihre Gemeinde zu beeindrucken. Jesus soll zwar ebenfalls Wunder vollbracht haben, aber auch diese Geschichten über ihn dürften schon damals ganz genauso nur dazu gedient haben, die einfachen Menschen zu beeindrucken. Sollte man seit dieser Zeit nicht ein wenig weiter gekommen sein mit den Methoden der Argumentation?

Ich finde es ohnehin schon nicht sehr konsequent, dass sich eine angeblich monotheistische Religion mit Heiligen versieht. Im Monotheismus sollte es nur ein zu verehrendes Objekt geben – da passen zusätzlich zu verehrende Heilige schlecht hinzu. Da Judentum und Islam in der Hinsicht allerdings auch nicht sehr konsequent sind und selbst Buddhisten entgegen der ursprünglichen Lehre Gautamas gern etwas Realeres verehren, lassen wir das meinetwegen noch durchgehen. Vielleicht wären ein paar weniger Heilige trotzdem überlegenswert, denn irgendwann wird Heiligsein sonst inflationär.

Doch was soll dieser Unfug mit den vollbrachten Wundern der Päpste? Soll das eine Art Göttlichkeit nachweisen, wenn jemand lediglich ein Wunder, im konkreten Fall nur eine angebliche Heilung durchführte? Bei den jüdischen Vorgängern wurden wenigstens noch ganze Meere geteilt – insofern liegen die Kriterien für Päpste ziemlich tief, wenn heute schon eine unbewiesene ärztliche Tätigkeit für das Heiligsein ausreicht.

Kann ich jedenfalls nicht sehr ernst nehmen. Als Atheist mache ich das zwar ohnehin nicht und wenn mich die Medien in den letzten Tagen nicht wiederholt darauf hin gewiesen hätten, wäre mir das auch völlig egal. Aber ich könnte mir vorstellen, dass es einigen Katholiken ähnlich geht.