Die Bundeszentrale für Politische Bildung wurde gestern 60 Jahre alt

Dazu fragte der Deutschlandfunk: “Wie sind Sie mit der Bundeszentrale in Berührung gekommen, wie finden Sie die Einrichtung und was wünschen Sie sich von ihr?“

Wie ich mit der Bundeszentrale (BPB) oder wenigstens der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung (SLPB) in Berührung gekommen bin? Ehrlich gesagt, überhaupt nicht. Okay,  den Namen kenne ich selbstverständlich. Und aus irgendeinem beruflichen Grund war ich sogar schon einmal in der SLPB. Aber im normalen Leben bin ich noch nie damit in Berührung gekommen – weder mit der Bundes- noch mit der Sächsischen Landeszentrale. Und das, obwohl ich mich für Politik durchaus interessiere. Ich frage mich bereits seit Jahren, wofür diese Einrichtungen in der Realität gut sind? Eine Auswirkung auf Bürger sehe ich absolut nicht. Oder anders formuliert: Welcher – für alle spürbare – Unterschied würde sich ergeben, wenn sie von heute auf morgen geschlossen würden? Ich habe da einen ganz bösen Verdacht …

Man könnte freilich einwerfen, dass die Bundes- und die Landeszentralen nicht verpflichtet sind, den Bürgern hinterher zu rennen – als Bürger eines demokratischen Staates hat man auch die Pflicht, selbst aktiv zu werden und nach politischen Bildungsmöglichkeiten zu suchen. Allerdings mache ich das und kann insofern sagen, dass die genannten Einrichtungen da wenig hilfreich sind. Ich habe mich in meinem Blog schon oft mit verschiedenen politischen Themen beschäftigt und musste dazu auch immer wieder recherchieren. Im Nachhinein fällt mir auf, dass ich bei solchen Recherchen noch nie auf den Seiten der Bundes- oder einer Landeszentrale gelandet bin. Informationen fand ich immer irgendwo anders. Das wirft schon Fragen auf.

Ich finde schon, dass die Bundes- und die Landeszentralen eine gewisse Pflicht haben sollten, uns Bürger zumindest auf sich aufmerksam zu machen. Dort werden immerhin eine ganze Menge Publikationen kostenlos herausgegeben, die mit Steuergeld bezahlt wurden. Ob das eigentlich notwendig ist, ist angesichts der Tatsache fragwürdig, dass es ähnliche Bücher auch ganz normal im Buchhandel gibt. (Die SLPB bietet beispielsweise viele Bücher zur sächsischen Geschichte oder Gesetzbücher an). Aber das soll gar nicht mein Kritikpunkt sein – von mir aus können gern auch mit Steuergeld Texte geschrieben werden, wenn sie die Demokratie fördern. Doch warum stellt man diese Werke, wenn sie doch angeblich so wichtig für die politische Bildung sind, dann nicht einfach zum freien Download zur Verfügung? Nein, stattdessen kann man nur als Papierbuch bestellen. Für Leute ohne Internet mag das in Ordnung sein, aber ansonsten ist das ziemlich antiquiert. Dieses Verfahren macht alles nur umständlicher und verhindert, dass Suchmaschinen den Text indizieren könnten. So ist es dann auch kein Wunder, dass man bei Recherchen nichts findet. Insofern kann ich die Frage „was wünschen Sie sich von ihr?“ eindeutig beantworten mit: Dass diese Einrichtung sich an das Internetzeitalter anpasst.

9 Comments

  1. Bei der Landeszentrale habe ich mir erst kürzlich Bücher bestellt, ohne vom Jubiläum der Muttergesellschaft zu wissen. (Ich mag Bücher.) Kritisieren würde ich sowieso eher, dass das Angebot nicht so reichlich ist, wie es sein könnte; nur wenige Neuzugänge pro Jahr, schade. – Etliche freie Downloads gibt es auf der Sachsen-Webseite unter http://publikationen.sachsen.de/bdb/

  2. Ja, auf der Sachsen-Seite gibt es Downloads, aber dort sind ja Publikationen von allen möglichen anderen Einrichtungen zu finden. Ich habe testweise im Suchfeld „politische Bildung“ und danach „Landeszentrale“ eingegeben – kein einziger Treffer. Wenn es dort trotzdem etwas von der SLPB gibt, dann ist es sehr gut versteckt. Von der Seite der SLPB aus gibt es auch keinen Link dahin (habe zumindest keinen entdeckt).

    Dass das Angebot bei der SLPB etwas spärlich ist, fiel mir auch auf. Abgesehen von Texten über die NS-Zeit würde ich sogar sagen, sie sind „größtenteils harmlos“. Irgend etwas, bei dem ich mir sagte, ‚das ist wichtig, das sollte man dringend gelesen haben‘, stach mir nicht ins Auge.

  3. Stimmt wohl, bei denen sollte es tatsächlich eine Kategorie geben namens „Hitler Hitler Hitler“. Dieser Zeitabschnitt schluckt vermutlich auch in deren Bibliothek die meisten Regalmeter. Ansonsten ist die SLPB offensichtlich nur für den Grundstock da und den Rest muss man / müssen wir uns wohl oder übel aus der SLUB usw. zusammentragen.

    (Interessante Titel waren diesmal für mich „Wirtschaftsgeschichte Sachsens im Industriezeitalter“ und „Wirtschaft und Verkehr in Sachsen im 19. Jahrhundert“. Und es gab auch mal eine Sonderausgabe von „Dreck“*, die noch immer auf dem Lesestapel herumliegt.)

    * http://www.booklooker.de/B%FCcher/Angebote/autor=Montgomery+David&titel=Dreck

  4. Werner Rellecke sagte am 28. November 2012 um 14:36 :
    Ich bin in der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung für die Publikationsarbeit zuständig und habe Blog und Kommentare mit sehr viel Interesse gelesen. Unser Publikationsangebot (Papier) ist online über slpb.de/sv-online einsehbar und für Einwohner Sachsens bestellbar. Das Portal sachsen.de ist kein Bildungsportal, sondern das offizielle Portal des Freistaates Sachsen (Staatsregierung und Staatsverwaltung). Dass nur unsere Eigenproduktionen als download zur Verfügung stehen, liegt daran, dass wir nicht die Rechte für eine Internetnutzung besitzen. Personal und Finanzen sind auch bei uns begrenzt. Das thematische Online-Angebot ist unter infoseiten.slpb.de zu finden. Ansonsten behandeln lediglich 14 von 170 Buchtiteln die Zeit von 1933 bis 1945. Vielleicht sind diese Infos hilfreich, am besten gleich mal slpb.de anklicken!

  5. Dass nur unsere Eigenproduktionen als download zur Verfügung stehen, liegt daran, dass wir nicht die Rechte für eine Internetnutzung besitzen. Personal und Finanzen sind auch bei uns begrenzt.

    Wie muss man sich das vorstellen, dass man für eigene Produktionen keine Rechte für eine Internetnutzung besitzt? Wer sollte es verbieten, dass Publikationen, die man immerhin selbst in Auftrag gegeben und bezahlt und in Druck gegeben hat, einfach noch mit im Netz veröffentlicht werden? Und das Argument, Personal und Finanzen seien begrenzt, ist doch hier irgendwie falsch, denn mit Veröffentlichungen im Netz würde man sogar Personal und Finanzen sparen. Denn Texte für Bücher werden ohnehin am Computer verfasst und liegen schon dort oder spätestens beim Satz als Datei vor. Aus dieser Datei einfach noch ein pdf-Dokument zu exportieren, ist für den Layouter die geringste Mühe. Dieses pdf-Dokument dann im Netz zu veröffentlichen ist auch kein Aufwand. Die Publikation muss ohnehin von jemandem auf der Internetseite erwähnt und beschrieben werden – da ist das Einfügen der pdf-Datei ein minimaler Mehraufwand. Im Gegenteil spart man dann aber Personal, wenn weniger Bestellungen eingehen und abgeschickt werden müssen und man spart Kosten durch die weniger werdenden Druckauflagen.

  6. Es geht aber um die Rechte der Autoren und Fotografen. Ihnen müsste man mehr Honorar bezahlen, wenn die Werke in einer gedruckten Ausgabe und im Netz veröffentlicht werden sollen.

  7. An vielen Werken sind mehrere Urheber beteiligt. Wenn die Landeszentrale die Rechte nicht bereits gesichert hat, müsste sie jeden einzelnen Urheber fragen, ob er damit einverstanden ist und ob er die Digital-Recht an dem Werk nicht bereits anderweitig (exklusiv?) vergeben hat. Wenn auch nur ein Artikel fehlt, ist das gemeinsame Werk nicht mehr vollständig. Es ist also in der Tat nicht nur eine Frage des Geldes, sondern auch eine Frage der Arbeit und Zeit.

    Möglicherweise wird man heute versuchen, den Autoren sogenannte »buy-out«-Verträge vorzulegen. Das ist aber umstritten, weil der Autor damit alle Rechte abgibt. Ein guter Autor kann also einen hohen Preis verlangen. Ein junger Autor könnte den Artikel nie wieder anderswo verwenden, sondern nur noch darauf als Referenz verweisen.

  8. „Eigenpublikationen“ der Landeszentrale werden in der Regel als Download oder e-pub ins Netz gestellt; das ist also nicht das Problem. Aber der Großteil an Buchpublikationen des SLpB-Angebots sind Sonderausgaben von Verlagsproduktionen. Diese können aus Personalmangel nicht durch Eigenpublikationen ersetzt werden. Das ist zur Zeit auch nicht zweckmäßig, weil die Kooperation mit Verlagen effizienter ist. Kostenmäßig sind besonders die Bildillustrationen vergleichsweise teuer oder stehen gar nicht für Online-Zwecke zur Verfügung. Das Online-Angebot der SLpB steht andererseits in viel engerem Zusammenhang mit der Arbeit der anderen Zentralen für politische Bildung. So muss ein Thema wie „Arabischer Frühling“ online nicht von den Ländern und der Bundeszentrale mehrfach behandelt werden. Dafür gibt es die Plattform/das Portal „politische-bildung.de“. Veranstaltungen und der Versand von Buchpublikationen sind halt nicht so flexibel wie virtuelle Räume.

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