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Ein Dokumentarfilm erklärt unverstandene Kunst

Ich habe heute etwas getan, was ich noch nie gemacht habe: Ich kaufte die Zeitung „Dresdner Morgenpost“! Der Auslöser war ein Artikel im Blog „Dresdner Rand“ (*), worin die völlig überzogene Forderung eines Dresdner Politikers kritisiert wurde, Franka Hörnschemeyer solle ihren soeben erst erhaltenen Preis (50.000€) für den „Trichter“ an Dresden abgeben: „50.000-€-Preis für Klo-Kino – Erster Politiker fordert von Künstlerin: ‘Rücken Sie die Kohle raus!’“.

(* Update Jan. 2017: Nicht mehr online. Der Blog wurde eingestellt und gelöscht)

So stand es auf der MoPo. Ich wollte natürlich wissen, was nun genau gesagt worden war und warum – deshalb dieser Kauf. Der Politiker ist CDU-Stadtrat Sebastian Kieslich. Was er wirklich gesagt und was die Mitarbeiter der MoPo daraus gemacht haben, weiß ich nicht. Interessant fand ich in dem Artikel folgendes:

Da die Besucher das Werk nicht zu verstehen scheinen, will die Stadtverwaltung es besser erklären: Anke Hoffmann vom Presseservice derStadt: „Es sind zwei Hinweisschilder vorgesehen, die das Kunstwerk erklären. Ein Dokumentarfilm wird derzeit für die Veröffentlichung im Internet vorbereitet.” Der Film soll etwa zwölf Minuten „Trichter”-Erklärung bieten.

Zufälligerweise fand ich vorhin den Hinweis, dass dieses Video bereits im Netz ist:

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Ich hatte mich vor einigen Monaten bereits in meinem Artikel Warum man im „Klo-Kino“ so wenig sehen kann mit dem Thema befasst und dort angedeutet, dass ich das Werk nicht direkt für Kunst halte. Als ich das Video sah, revidierte ich meine Meinung ein wenig und wurde gleichzeitig wiederum in ihr bestärkt. Es ist durchaus interessant, wenn man sieht, wie es entstanden ist und welch komplizierte Form da gebaut wurde. Leider ist es in der Praxis nur so, dass das nun – nach Fertigstellung – kaum noch auffällt. Da hatte also jemand eine interessante Idee, leider bemerkt sie nun keiner. An wem liegt das? Franka Hörnschemeyer hat laut eigener Aussage während der gesamten 8 Jahre an der Form gearbeitet – wirkt sich das bei einem Spontanbesucher auf dessen Wahrnehmung des Bauwerkes aus? Ich wage zu behaupten: Nein. Auch der von einem Mitarbeiter beschriebene marmorierte Effekt der Betonoberfläche, den man mit anderem Beton angeblich nicht erhalten hätte, fällt sicher nicht vielen auf. Für mich war es nur normaler Beton. Genauso wie die Treppenstufen: Dass das Zugangsstufen aus traditionellen Kanalklinkern sind, erfährt man nur durch die Erklärung im Video.

Genauso die Erörterungen der Künstlerin, worum es ihr geht: Ja, wenn man es nun hört – dann klingt das alles nicht so abwegig. Aber vorher wäre man kaum darauf gekommen. Insofern ist dieses Erklär-Video durchaus nicht verkehrt, auch wenn es dem zufällig Vorbeikommenden nicht viel nutzen wird. Aber für ihn sollen ja entsprechende Tafeln aufgestellt werden. Besser wäre es gewesen, wenn die Stadtverwaltung so etwas gleich bei der Eröffnung mit angebracht hätte.

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Morgenpost, 08.12.2011, vollständiger Artikel, Seite 4/5

Das Video wird auch – etwas versteckt – auf der Internetseite unserer Stadt erwähnt